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Der schwarze Atem Gottes

Der schwarze Atem Gottes

Titel: Der schwarze Atem Gottes
Autoren: Michael Siefener
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selben Augenblick die Kehle durchgeschnitten, herrschte absolute Ruhe.
     
    »Entspricht es Eurem Verständnis von christlicher Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft, einem armen Sünder den löblichsten Wunsch, den er in seinem verworfenen Leben je gehegt hat, abzulehnen und ihn im wahrsten Sinne des Wortes zum Teufel zu jagen? Was will ich denn mehr als eine Unterredung mit dem heiligmäßigen Pater Hilarius, auf dass er meine Seele auf den rechten Weg führe und die drängendsten Fragen, die mein elendes Dasein quälen, beantworte?«
     
    Der Abt gab sich einen Ruck. »Der heiligmäßige Pater Hilarius ist in einer Mission unterwegs, die ihn frühestens in einer Woche zurück in unser geliebtes Kloster führt.« Seine Worte klangen nun fester und bestimmter. Er ließ das Kreuz vor seiner Brust los.
     
    »So lange kann ich nicht warten.«
     
    »Dann kann ich nichts für dich tun.«
     
    »Oh doch, das könnt Ihr. Wenn Ihr mir sagt, wo ich Pater Hilarius finde, wäre uns allen geholfen.«
     
    »Dir wäre geholfen, willst du damit wohl sagen.« Der Abt wollte sich ablenken und versuchte noch einmal, aus dem hohen Spitzbogenfenster zu schauen, doch draußen war es bereits so dunkel, dass er dort nichts mehr erkennen konnte. Er sah im Widerschein der Fackeln das Innere des Kapitelsaals und seine Mitbrüder, die noch immer reglos auf die Eindringlinge starrten und zu befürchten schienen, dass sie sogleich unter Blitz und Donner geradewegs in die Hölle entführt würden.
     
    Der Mann ergriff wieder das Wort. »Ich sehe, dass wir uns im Kreis bewegen. Mir scheint, Ihr benötigt einen Ansporn, um Eure Zunge zu lösen. In Ermangelung eines guten Tropfens werden wir wohl auf ein anderes Mittelchen verfallen müssen. Hütlein!«
     
    Einer der Verlotterten löste sich aus der Gruppe; es war ein mittelgroßer Kerl mit leeren Augen, braunem, verfilztem Haar, einem zerschlissenen Lederwams und einem riesigen Schwert, das beinahe so groß war wie er selbst. Er stürmte auf die ihm am nächsten gelegene Steinbank zu und packte wahllos einen der Mönche am Arm. Der Mönch quiekte auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, und wollte um sich schlagen, doch als der Bandit mit erstaunlicher Leichtigkeit sein Schwert hob, war der Geistliche sofort still. Widerstandslos ließ er sich neben den Anführer der Bande ziehen.
     
    »Sehr schön«, sagte dieser. »Wen haben wir denn da?«
     
    Der Mönch brachte keinen Laut hervor.
     
    »Ich frage dich noch einmal, Bruder: Wie heißt du?«
     
    »Das ist Pater Hieronymus«, antwortete der Abt schnell für seinen Mitbruder. Unwillkürlich kroch seine Hand erneut auf das große Goldkreuz über seinem Bauch zu.
     
    »Falsch!«, zischte der Anführer. »Das
war
Bruder Hieronymus.«
     
    Hütlein holte weit aus und schlug mit infernalischer Kraft auf den bedauernswerten Mönch ein. Der Hieb spaltete ihm den Schädel. Graue Hirnmasse spritzte aus den beiden auseinanderklaffenden Hälften hervor und platschte auf den Steinfußboden vor dem Stuhl des Abtes. Das Schwert blieb zwischen den Schulterblättern stecken. Hütlein zog es mit einem heftigen Ruck heraus. Die Mönche kreischten auf.
     
    »Vielleicht haben wir jetzt eine bessere Grundlage für unser Gespräch gefunden«, sagte der Anführer mit eisiger Kälte in der Stimme. Er lächelte.
     
    Der Abt wollte etwas sagen, doch mehr als ein atemloses Krächzen brachte er nicht hervor.
     
    »Nun, gut, wie ich sehe, reicht Euch der Beweis meiner Entschlossenheit noch nicht aus. Hütlein!«
     
    Und wieder stürmte der Mordgeselle auf dieselbe Bank zu, doch diesmal machte er sich nicht mehr die Mühe, einen der Mönche auf die Beine zu zerren. Er stach einfach mit seinem gewaltigen Schwert auf einen der Fratres ein. Der Getroffene sackte zusammen. Hütlein zog das blutige Schwert aus ihm hervor, drehte sich kurz nach seinem Herrn und Meister um und hieb dann dem unglücklichen Nachbarn des durchbohrten Mönchs den Kopf mit einem einzigen Streich von den Schultern. Das abgeschlagene Haupt, dessen Augen in ungläubigem Entsetzen aufgerissen waren, polterte mit einem abscheulich dumpfen Geräusch zu Boden.
     
    »Halt ein!«, rief Odilo so laut er konnte. »Ich sage dir, wo Pater Hilarius ist.« Sollte sich dieser doch mit dem Dämonenhaufen herumschlagen; schließlich war er geübt darin. Der Abt wollte nur noch die versammelten Mitbrüder schützen – und sich selbst.
     
    »Warum denn nicht gleich so?«, fragte der Anführer
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