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Der Schuss nebenan Kommissar Morry

Der Schuss nebenan Kommissar Morry

Titel: Der Schuss nebenan Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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der Art, wie er sich kleidet. Seine Anzüge sind immer nach der letzten Mode geschneidert. Er hat, glaube ich, mindestens zwei Dutzend davon. Seine Schuhe müßten Sie mal sehen! Die Absätze sind durchweg mehr als zwei Zoll hoch . . . damit er größer erscheint, der eingebildete Affe!"
    „Das ist er", sagte Lord Bramsey leise.
    „Wie bitte?"
    „Nichts; wohin kann er gereist sein?"
    „Keine Ahnung. Er hat sich von mir nicht verabschiedet", sagte die Frau.
    „Wer könnte darüber Bescheid wissen?"
    „Da bin ich überfragt."
    „Sein Mädchen!" erklärte Lord Bramsey. „Er hat doch ein Mädchen, nehme ich an?"
    „ „Er hat davon mehr, als Anzüge in seinem Schrank hängen!" erklärte die Alte. „Weibergeschichten sind seine Schwäche. Vorige Woche tauchte er mit 'ner neuen Puppe auf . . . ganz hübsch, das muß ich sagen, aber trotzdem billig, und viel zu stark geschminkt."
    „Sie kennen das Mädchen nicht?"
    „Wer behauptet denn, daß ich sie nicht kenne? Klar hab' ich sie schon gesehen! Sie ist seit ein paar Wochen Platzanweiserin im Residence-Kino. Dort hat er sie wahrscheinlich aufgegabelt."
    „Wie sieht sie aus?"
    „Na, wie solche Püppchen heutzutage eben aussehen; platinblondes, kurzgeschnittenes Haar. Sie ist ziemlich klein und zierlich, aber die Figur ist prima, daran gibt's nichts auszusetzen. Sie hat große, braune Kulleraugen von der Art, auf die die Männer fliegen."
    „Vielen Dank, das genügt mir", meinte Lord Bramsey und erhob sich.
    Zehn Minuten später betrat er das Foyer des Residence-Kinos. Die erste Vorstellung hatte bereits begonnen. Er löste eine Karte und betrat den Zuschauerraum. Zum Glück war gerade Pause, und er hatte Gelegenheit, sich die beiden Platzanweiserinnen anzusehen. Eine Platinblonde war nicht dabei.
    „Wo ist denn Ihre blonde Kollegin?" fragte er das Mädchen, das ihn zu seinem Platz führen wollte.
    Sie betrachtete ihn prüfend. „Die hat erst am Nachmittag Dienst."
    „Ich habe eine wichtige Nachricht für sie... von Terry, ihrem Freund."
    Das Mädchen verzog spöttisch die Lippen. „Ich wußte nicht, daß Chloes neueste Errungenschaft so heißt. Sie müssen sich schon in Chloes Wohnung bemühen, wenn es so wichtig ist. Sie hat ein Zimmer in der Comfy-Pension, drei Häuserblocks von hier entfernt, in der Livingston Road."
    Lord Bramsey bedankte sich und verließ das Kino. Die Pension, die er wenig später betrat, machte keinen sehr vertrauenerweckenden Eindruck.
    „Ich möchte zu Miß Chloe. In welchem Zimmer wohnt sie?“ erkundigte er sich bei der Alten, die im Erdgeschoß hinter dem Rezeptionstisch saß und Post sortierte. Die Alte blickte ihn zunächst mißtrauisch, dann aber recht wohlgefällig an. „Sieht so aus, als hätte die Kleine ihren beklagenswerten Männergeschmack endlich aufpoliert", bemerkte sie. „Zimmer elf, erste Etage. Sollte mich nicht wundern, wenn -sie noch schläft."
    „Ist sie spät nach Hause gekommen?" fragte Bramsey.
    „Um drei Uhr."
    Bramsey bedankte sich und stieg in das erste Stockwerk hinauf. Dort klopfte er an die Tür des Zimmers elf. Ein ziemlich mürrisches „Herein!" ertönte.
    Lord Bramsey öffnete die Tür und trat über die Schwelle.
    Die Zimmerbewohnerin saß in einem türkisfarbenen Morgenmantel auf einem Hocker vor dem Spiegel. Auf ihrem Gesicht lag eine dicke Schicht Creme. Das Mädchen sah ein wenig betroffen aus, als sie ihn sah. Lord Bramsey drückte die Tür hinter sich ins Schloß. Das Mädchen setzte sich so, daß sie ihm in die Augen blicken konnte.
    „Lord Bramsey ist mein Name", stellte er sich vor.
    „Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?" fragte sie. Aber dann legte sie plötzlich, wie erschreckt, einen Finger auf die Lippen. „Jetzt erinnere ich mich. Ich habe Ihr Foto in der Zeitung gesehen!" Sie warf einen Blick in den Spiegel, offenbar unglücklich darüber, daß ein so prominenter Besucher sie in diesem wenig vorteilhaften Aufzug antraf. In fieberhafter Eile tupfte sie sich mit ein paar Kleenextüchern die Creme ab. Dann erhob sie sich und sagte verwirrt: „Sie müssen entschuldigen, daß ich noch bei der Toilette bin. Wollen Sie nicht Platz nehmen, bitte?"
    „Vielen Dank, sehr freundlich", sagte Bramsey ernst und wartete geduldig, bis das Mädchen sich wieder gesetzt hatte. Erst dann ließ' er sich auf einem Stuhl nieder.
    „Was . . . was wünschen Sie von mir?"
    „Ich komme wegen Terry."
    „Wegen . . . Mr. Price?"
    „Ganz recht. Sie sind doch mit ihm befreundet?"
    Chloe lächelte
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