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Der Schuss nebenan Kommissar Morry

Der Schuss nebenan Kommissar Morry

Titel: Der Schuss nebenan Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Stuhl..."
    „Sie hatten einen Grund, mich nicht anzuhören!" beharrte Lord Bramsey hartnäckig auf seiner Meinung.
    „Nehmen wir an, das trifft zu", antwortete Haggart und nahm die verunstaltete Zigarre aus dem Mund. „Was würde das an der Situation ändern?"
    Hinter Lord Bramsey erklang ein leises Stöhnen. Der junge Mann kam zu sich.
    Schwerfällig kam er auf die Beine. „Verschwinde!" sagte Haggart. „Laß dich in den nächsten Tagen nicht mehr hier sehen!“
    Der junge Mann nickte und schlich hinaus wie ein geprügelter Hund.
    „Wo waren wir stehengeblieben?" fragte Haggart. „Ach ja, richtig: Sie vertraten die Meinung, daß ich mich vor Ihnen fürchten könnte, und ich erklärte Ihnen, daß ein Jimmy Haggart keine Angst kennt."
    „Sie waren ein guter Freund von Mr. Rodrigez, nicht wahr?"
    Haggart legte den Zigarrenstummel auf den Rand eines Aschers und faltete dann vor sich auf der Schreibtischplatte die dicken, leicht behaarten Hände. „Es gab eine Zeit, wo wir uns bekämpften — bis aufs Messer", erinnerte er sich. „Das war in unserer Jugend, als jeder versuchte, seinen Einfluß zu erweitern, und als dabei einer dem anderen ins Gehege kam. Später hielten wir es für klug, uns zu arrangieren. Ich respektierte seinen Bezirk, und er pfuschte mir niemals ins Geschäft. Aus diesem Agreement erwuchs allmählich eine gegenseitige Freundschaft; wir trafen uns gelegentlich, und aus dem Wissen um unsere Machtstellung erwuchs schließlich eine echte Zuneigung."
    „Wirklich rührend!"
    „Ihr Spott berührt mich nicht", sagte Haggart mit seltsam leerem Blick. „Wenn man im Leben eine gewisse Stellung erreicht hat, wird man einsam. Man strebt immer nach oben und blickt nie nach unten. Auf der einsamen Höhe, von der ich spreche, bewegen sich nur wenige Menschen . . . und die meisten davon sind Feinde. Kein Wunder, daß ich froh war, mich mit Rodrigez anzufreunden! Leider hat seine Frau das nette Verhältnis torpediert. Sie ist ziemlich beschränkt. In mir sieht sie einen Gangster, und ihren Arturo hielt sie für einen Unschuldsengel!" Er machte eine wegwerfende Handbewegung und fügte verächtlich hinzu: „Weiber!"
    „Sie haben also den Tod Ihres Freundes aufrichtig bedauert?"
    „Allerdings."
    „Ist es nicht so, daß Sie durch sein Ableben geschäftliche Vorteile haben? Sie können gewisse Geschäfte machen, die er nicht mehr auszuüben vermag."
    „Darüber habe ich noch nicht nachgedacht", sagte Haggart mit flacher Stimme.
    „Ich bin auch nicht wegen dieser Geschäfte hier. Ich möchte den Mörder von Charly Hoogan finden."
    „Bilden Sie sich ein, ich halte ihn in meinem Schreibtisch versteckt? Warum suchen Sie ihn ausgerechnet hier, in meinem Büro?"
    „Das werden Sie sich doch denken können."
    „Ich bin ein alter Mann; meine Auffassungsgabe ist nicht mehr das, was sie früher einmal war."
    „Dann will ich ein wenig nachhelfen. Arturo Rodrigez hat mit Ihnen ein Abkommen auf Gegenseitigkeit abgeschlossen. Sie und er waren bereit, dem Freund zu helfen, wenn er in Not geraten sollte."
    „Dazu bedurfte es keines Abkommens, so etwas ist unter Freunden üblich", unterbrach Haggart.
    „Lassen Sie mich zu Ende sprechen. Ihr Abkommen enthielt eine zusätzliche Klausel. Mr. Rodrigez und Sie übten Berufe aus, die . . . nun, die zwangsläufig die Gefahr in sich bargen, eines Tages eines unnatürlichen Todes sterben zu müssen."
    „Moment!" sagte Haggart scharf. „Sie begehen einen Fehler. Sie plappern den Unsinn nach, den einige Zeitungen schreiben, die partout darauf bestehen, daß ich zur Unterwelt gehöre. Ich bestreite nicht, daß Mr. Rodrigez und ich eine sehr bewegte Vergangenheit hatten, aber diese Zeit liegt weit zurück. Arturo und ich haben schon vor Jahren gelernt, nur noch seriöse Geschäfte zu machen."
    „So seriös, um Leute vom Schlage Ihres zornigen jungen Mannes zu beschäftigen!" spöttelte der Lord.
    Haggart zuckte die massigen Schultern. „Ich bin noch immer ein mächtiger Mann, und die Mächtigen haben Feinde."
    „Genau das meine ich. Auch Rodrigez hatte Feinde. Er hat das immer gewußt. Er war bemüht, sich gegen diese Feinde zu schützen, aber natürlich konnte er nicht die Sicherheit haben, daß ihm das immer gelingen würde. Er ertrug einfach nicht den Gedanken, daß man ihm eines Tages etwas antun würde, ohne daß er das vergelten könnte. Er besprach dieses Problem mit Ihnen, und das führte zu der Absprache, die ich vorhin erwähnte. Sie verpflichteten sich Rodrigez
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