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Der Schneekönig

Der Schneekönig

Titel: Der Schneekönig
Autoren: Astrid Martini
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Nur für mich.“ Zärtlich strich sie ihm über die Wange, legte ihren Kopf in den Nacken, lächelte einladend.“ Nur sehr wenigen Menschen ist eine Verbindung wie die unsrige vergönnt. Erweise dich würdig dem Geschenk des Schicksals.“
    „Ich werde dieses Geschenk würdigen, denn es verbindet mich mit dir.“ Simon lachte glücklich, wirbelte sie tänzerisch im Kreis und rief: „Es ist, als würde ich die Welt völlig neu entdecken.“
    „Das freut mich. Willkommen mein Gefährte der Ewigkeit. Ich hoffe, uns wird nie wieder etwas trennen!“
    „Nichts wünsche ich mir mehr.“ Zur Besiegelung seiner Worte setzte er dazu an, sie zu küssen – leidenschaftlich zu küssen. Doch sie entwand sich seiner Liebkosung, legte ihm den Zeigefinger auf die Unterlippe, schüttelte lächelnd den Kopf und setzte sich auf eine Holzbank, die ganz in der Nähe stand.
    Die schimmernde Morgensonne fiel durch das Fenster, tauchte ihr Antlitz in ein goldenes Licht. Sie hatte die Beine übereinandergeschlagen, wippte verführerisch mit dem rechten Fuß und deutete ihm an, sich neben sie zu setzen. Er nahm an ihrer Seite Platz, saugte ihren Duft fast gierig ein. Sie roch wunderbar.
    Mit ihrer Hand zog sie eine sanfte Linie über ihre Schultern, ihren Hals, ihre Wange, legte sich die Fingerspitzen schließlich auf ihren sinnlichen Mund. „Bald, schon sehr bald wirst du vom Tau meiner Lippen kosten dürfen. Du wirst sie so oft liebkosen und küssen können, wie du willst. Mich ganz und gar besitzen. Doch zunächst einmal muss ich fort – nicht lange, nur für eine Weile. Wirst du auf meine Rückkehr warten?“
    „Ich warte!“
    Nachdenklich schlug Amelie den Weg zum Dorf ein, überquerte einen halb überwucherten Bachlauf und lief eiligen Schrittes die Böschung hinab, bis die Wiesen und Weiden hinter ihr zurückblieben und die ersten Häuser zum Greifen nahe schienen. Sie überquerte verwinkelte Gassen in Richtung Marktplatz und erkannte auf den ersten Blick, dass etwas nicht stimmte. Irgendetwas war anders als sonst, auch wenn sie es nicht erfassen und beschreiben konnte.
    Inmitten des Marktplatzes stand eine hohe Birke, daneben befand sich der uralte Dorfbrunnen. Eine Handvoll Frauen saß auf der Brunnenmauer, doch statt sich wie sonst einem angenehmen Plauderstündchen hinzugeben, steckten sie hektisch ihre Köpfe zusammen und tuschelten aufgeregt. Und die Leute, die sich sonst um diese Stunde des Vormittags bei der Arbeit in der Schmiede, den Werkstätten, der Weberei, Näherei und der Molkerei befanden, hatten sich nun in Gruppen vor der Dorfkirche versammelt, aufgeregt gestikulierend und unheilvoll raunend.
    Der Bürgermeister von Birkenfels, ein stämmig gebauter Mann, teuer gekleidet, mit goldenem Geschmeide, das auffallend und im Überfluss um seinen Hals lag, stand inmitten des hektischen Treibens. Als er Amelie erblickte, hob er die mit zahllosen Ringen bestückte Hand, kam aufgeregt auf sie zu.
    Von allen Seiten trafen sie finstere Blicke, nichts Ungewohntes für sie, denn sie war nicht besonders beliebt. Amelie galt als eigensinnig, dickköpfig und kratzbürstig.
    Man duldete sie im Ort, in dem sie seit Jahren den Haushalt für sich und ihren Bruder Simon führte, seit ihre Eltern bei einem Unfall ums Leben gekommen waren. Bis auf ihren Bruder hatte sie keine weiteren Verwandten. Dieser hatte sich als Tischler selbständig gemacht und war, im Gegensatz zu ihr, allseits beliebt und gern gesehen. Besonders die Mädchen des Dorfes waren ihm fast schon unterwürfig zugetan, erlagen seinem Charme reihenweise und lasen ihm seine Wünsche von den Augen ab.
    Amelie konnte ihn inmitten der Menschenmenge nicht entdecken, obwohl er sich sonst stets unter das Volk mischte, wenn der Marktplatz bevölkert war und es etwas gab, das die Beschaulichkeit des Ortes aus dem Dornröschenschlaf riss.
    Das große Doppeltor seiner Tischlerei stand offen, erlaubte den Blick ins Innere. Holz, Werkbänke, Hobel und eine Taube, die gemächlich durch die auf dem Boden liegenden Holzspäne stolzierte Amelie runzelte irritiert die Stirn. Normalerweise ließ ihr Bruder seine Werkstatt nicht aus den Augen oder verriegelte zumindest das Tor.
    Ihr Blick wanderte nach links zur Backstube, in der die Bäckersfrau und ihr Mann mit Teigrolle, Mehl, Eiern und Formen für Gebäck hantierten. Der Duft von frisch gebackenem Brot und Teigwaren durchzog die Luft. Doch davon hatte sich Simon anscheinend nicht locken lassen, denn auch dort war keine Spur von ihm
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