Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schneekönig

Der Schneekönig

Titel: Der Schneekönig
Autoren: Astrid Martini
Vom Netzwerk:
Schneekönigin inmitten ihres Reiches am Himmel zu sehen war, war nur noch strahlend blauer Himmel zu sehen, durchzogen von ein paar Zuckerwatte-Wolken, die nur wenig Ähnlichkeit mit der verschwundenen Schneelandschaft hatten.
    Erst jetzt bemerkte Amelie die Anspannung, die ihren Körper durchfuhr. Vorsichtig blickte sie sich um und war sich nicht sicher, ob sie soeben einer Sinnestäuschung erlegen war.
    Ihr Blick fixierte den Horizont, irrte suchend umher, konnte jedoch keine verräterischen Spuren mehr entdecken.
    In einem mit Pelz gefütterten Umhang und wundervollen Lederstiefeln schwebte die Frau an Simon vorbei in die Werkstatt. Sie trug einen alten Spiegel und reichte ihm diesen mit dem bezauberndsten Lächeln, das er je gesehen hatte, und bat ihn, den wurmstichigen Holzrahmen zu erneuern.
    Simon, in Birkenfels geboren und aufgewachsen, war Tischler. Wie gebannt hing sein Blick an den vollen, verführerisch glänzenden Lippen der Fremden.
    Diese schien sein Interesse zu spüren, denn sie warf ihm einen bedeutungsvollen Blick zu, trat mit einem atemberaubenden Hüftschwung auf ihn zu.
    Simon, sonst stets Herr der Lage und das Interesse schöner Mädchen gewöhnt, spürte wie seine Knie weich wurden. Ein Blick dieser Frau genügte, um ihn zu verzaubern. Etwas Derartiges hatte er nie zuvor erlebt. Als sie so nah vor ihm stand, dass kaum noch eine Hand zwischen sie passte, schloss er für einen Moment die Augen. Ihr blumiger Duft und ihre Nähe betörten ihn.
    Eine weiche Hand legte sich auf seine Wange, dann hörte er sie flüstern: „Du bist so voller Leben. Warm, lebendig. Wärst du bereit, diese Wärme mit mir zu teilen?“
    Simon schluckte, nickte ... sprachlos. Alles um ihn herum schien anders, so neu, aber war doch gleich geblieben. Etwas hatte sich verändert. Er hatte sich verändert!
    Vorsichtig strich ihr Finger an der Kontur seiner Lippe entlang. Sie umrundete ihn mit einer Hand auf seiner Schulter und ließ ihn nicht aus den Augen. Einem Stromschlag gleich spürte Simon, wie etwas, das von ihr ausging, durch seinen Körper zu zucken begann. Ein seltsames Kribbeln kroch durch seine Adern.
    Der Glanz, der von ihren Augen ausging, tauchte den Raum in ein Licht, das er nie zuvor gesehen hatte. Begierig wie ein Verdurstender trank er von diesem Licht und glitt hinüber in eine sinnliche Trance.
    „Glaubst du an die Liebe auf den ersten Blick?“ Ihre Stimme riss ihn aus dem Schwebezustand, in dem er sich befunden hatte. „Ja ... nein ... vielleicht ... ich denke schon.“ Atemlose Worte, die aus ihm hervorsprudelten.
    Ihre Blicke streichelten ihn. Vorsichtig strich sie ihm eine Haarsträhne, die jungenhaft in sein Antlitz fiel, aus dem Gesicht und flüsterte: „Sei bereit ... für mich.“
    Er zog sie zu sich heran, hielt sie fest, wollte sie nie wieder loslassen, ergötzte sich an der Süße dieses Moments, bekam nicht genug von ihrer Nähe.
    Etwas schien nach seinem Herz zu greifen, ließ es noch rasanter schlagen, als es ohnehin schon schlug.
    „Bist du bereit?“
    „Ja, ich bin bereit.“
    „So nimm es an, das Geschenk des Schicksals. Lass den Mann, der du bist, zurück und tauche ein in meine verzauberte Welt. Sei der Gefährte, der mich und mein Herz erwärmt. Lass dich einhüllen von dem Zauber des Augenblicks. Sei mein Mann für die Ewigkeit.“
    Ein kalter Schauer rann ihm über den Rücken. Dieser Moment würde alles – sein Leben, sein Denken, sein Fühlen – vollkommen verändern.
    Wollte er das?
    Ja, er wollte!
    Er schaute zu Boden, ihr Blick blendete, schien ihm bis auf den Grund seiner Seele zu schauen. Als er den Kopf wieder hob, wusste er, wie das Paradies sich anfühlen musste. Zu spüren, wie die eigene Energie aus seinem Körper wich, bekümmerte ihn nicht. Das herrlichste Geschöpf der Welt lag in seinen Armen, füllte ihn auf mit neuer Energie, und nur das zählte. Er schloss sie noch fester in die Arme und rief. „Ich will derjenige sein, der dich bis in alle Ewigkeit wärmt.“
    „Bist du sicher?“
    „Ich bin sicher!“
    „Dann tanz mit mir!“
    Eine süße Melodie erfüllte den Raum. Simon spürte eine unsichtbare Macht, die ihm die noch vorhandenen Sinne raubte. Verzückt schloss er die Augen, führte die schöne Fremde, die sein Herz erobert hatte, galant über die alten Holzdielen. „Lege ab dein Gefühl für dein bisheriges Leben. Lege ab all die Lasten und Freuden, und lege ab den Wunsch, das, was dich bisher erfüllte, zu erhalten. Du bist für mich bestimmt.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher