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Der Schmetterlingsthron

Der Schmetterlingsthron

Titel: Der Schmetterlingsthron
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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Scharfrichter zu leisten, also wurde Uthar, der Schlachter, von Zeit zu Zeit für diese Aufgabe herangezogen.
    Jorian näherte sich dem Verhüllten, mit dem er vorher die Schwierigkeit der Aufgabe durchgesprochen hatte. »Heil, Uthar!« rief er herzlich. »Ein schöner Tag, nicht wahr? Bei Astis’ Brustwarzen, wenn man sich schon den Kopf abschlagen lassen muss, kann man sich keinen schöneren Tag dazu wünschen.«
    Uthar sank auf ein Knie nieder. »Euer … Euer Majestät – es ist ein schöner Tag, gewiss, Euer Majestät wird mir hoffentlich Schmerz oder Unbequemlichkeit verzeihen, die ich in Ausübung meiner Pflicht …«
    »Denk nicht dran, alter Knabe! Wir alle haben unsere Pflichten. Dir sei verziehen!«
    Nun wandte sich Jorian an den Obersten Richter. »Ehrenwerter Richter Grallon! Habt Ihr Eure Rede bereit! Tut mir den Gefallen und sprecht nicht zu lange. Lange Reden langweilen nur die Zuhörer.«
    Der Richter starrte ihn unsicher an, öffnete seine Schriftrolle und las mit leiser, monotoner Stimme vor. Er begann mit einer Zusammenfassung der xylarischen Geschichte. Imbal der Löwe hatte diesen Stadtstaat vor vielen Jahrhunderten errichtet und ihm auch seine einzigartige Methode der Herrscherwahl geschenkt. Nach langem Bericht über die xylarische Entwicklung kam Richter Grallon auch auf Jorians Herrschaft zu sprechen. Er pries den Mut des Königs und beschrieb den Kampf mit Dol, bei dem Jorian die Räuberbande zerschlug, die die südlichen Sümpfe des Königreiches heimgesucht hatte. »… Und so«, schloss er, »geht nun Jorians große Herrschaft seinem von den Göttern bestimmten Ende entgegen. Heute noch wird die Krone Xylars in neue Hände weiterwandern, die die Götter bestimmen. Der König wird nun von seinem heiligen Mann die letzte Tröstung empfangen.«
    Der alte Dr. Karadur hatte längst das Seil von seiner Hüfte gelöst und lose zusammengerollt auf die Plattform gelegt. Aus seinem Beutel zog er einen kleinen zusammenklappbaren Dreifuß hervor, auf den er eine Messingwanne stellte. Dann brachte er eine Tasche mit vielen Fächern zum Vorschein, aus denen er verschiedene Pülverchen holte, mit denen er die Wanne sprenkelte. Er legte die Tasche beiseite, nahm Feuerstein und Stahl zur Hand und ließ Funken in den Behälter sprühen. Ein grüner Blitz zuckte auf, gefolgt von einer Rauchwolke, die der Wind sofort zerriss. Eine kleine bunte Flamme tanzte nun in dem Teller herum und schickte ihre Rauchfinger empor. Der Hohepriester des Zevatas sah düster zu.
    Karadur setzte nun zu einem längeren unverständlichen Gebet in mulvanischer Sprache an. Schließlich richtete er sich auf und umarmte Jorian, der ihn um einiges überragte. Das Feuer in der Messingwanne flackerte auf und sandte eine Rauchwolke aus, die die Männer auf der Plattform zum Husten brachte. Sie wischten sich die Augen und sahen nicht, wie Karadur dem König ein kleines Messer in die gefesselten Hände steckte.
    Karadur flüsterte: »Wie steht es mit deinem Mut, mein Sohn?«
    »Verlässt mich mit jedem Herzschlag mehr!«
    »Keine Sorge, Junge. Kühnheit ist deine einzige Rettung.«
    Nun spielte die Kapelle eine Hymne auf Zevatas. Der Hohepriester führte die Menge beim Gesang an und schlug mit seinem Amtsstab den Takt. Schließlich neigte er den Kopf und stimmte ebenfalls ein Gebet für Jorian an, das natürlich nicht kürzer ausfiel als Karadurs Anrufung der Götter. Der Anführer des Kults um den König der Götter konnte sich doch von einem fremden Zauberer nicht in den Hintergrund drängen lassen!
    Endlich schwieg der Hohepriester. Der Oberste Richter verlas eine Proklamation, wonach entsprechend den alten Riten Jorians Herrschaft nun zu Ende war und er freiwillig seinen Kopf biete als Mittel, durch das der nächste König erwählt werden sollte. Richter Grallon schloss mit einer Handbewegung, die den Block erfasste. Jorian sollte nun seinen Kopf darauf legen.
    »Möchte Euer Majestät ein Tuch vor die Augen?« fragte er.
    »Nein«, sagte Jorian entschieden und trat auf den Block zu. »Ich möchte meinem Schicksal mit offenen Augen gegenübertreten, wie er stets auch den Gegnern Xylars gegenübergetreten ist!«
    »Einen Moment noch, Euer Ehren«, sagte Karadur in seinem nasalen mulvanischen Akzent. »Ich muss … äh … es war vereinbart, dass ich einen letzten Zauberspruch aufsagen darf, um Jorians Seele in die Nachwelt enteilen zu lassen, damit sie nicht in einer anderen Inkarnation in dieser Welt festgehalten wird.«
    »Na,
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