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Der Schlüssel zum Tode Kommissar Morry

Der Schlüssel zum Tode Kommissar Morry

Titel: Der Schlüssel zum Tode Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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heute Nacht hierbleiben“, sagte Maud Ruby mit dunkler Stimme. „Du darfst mich nicht wegschicken, James. Ich habe dir soviel zu sagen. Aber das kann ich nur tun, wenn es völlig dunkel um uns ist. Verstehst du mich?“
    Sie wartete beklommen auf eine Antwort. Ungeduldig harrte sie seinen Worten entgegen. Aber das Läuten der Flurglocke kam ihr zuvor. Es riß sie brutal aus ihren Träumen.
    „Wer ist das?“, fragte sie unruhig. „Hast du eine Ahnung, James? Glaubst du, daß die Polizei . . . ?“ Sie erhob sich rasch, ging hinaus in den Korridor und öffnete die Wohnungstür. Draußen stand niemand. Das Treppenhaus gähnte ihr finster und leer entgegen. Also mußte jemand unten geläutet haben. Maud Ruby ging rasch wieder ins Wohnzimmer, öffnete ein Fenster und beugte sich weit hinaus.
    „Hallo?“, rief sie auf die Straße hinunter. „Wer ist da?“
    „Post!“, klang es kurz von unten herauf. „Ein Telegramm für Miß Ruby.“
    „Soll ich nicht lieber gehen?“, fragte Ralph Condray zuvorkommend.
    „Nein, laß nur. Ich gehe selbst.“
    Sie war nicht mehr zurückzuhalten. Sie lief hastig die Treppe hinunter. Wer könnte mir wohl ein Telegramm schicken, fragte sie sich im stillen. Ich habe doch niemand auf der Welt. Keine Verwandte, keine Freunde, keinen Menschen, der mir nahesteht.
    Sie ging auf einmal langsamer. Jede einzelne Stufe wurde wie ein Abgrund unter ihren Füßen. Heiß stieg der Argwohn in ihr auf. Eine schreckliche Ahnung lähmte ihr Denken. Als sie den Hausflur erreichte, spürte sie plötzlich einen kühlen Luftzug im heißen Gesicht. Die Tür mußte offen stehen. Grau drang das Dämmerlicht von der Straße herein.
    „Hallo?“, rief Maud Ruby beklommen. „Ist da jemand?“
    Sie hörte das leise Rascheln eines Mantels. Sie spürte einen heißen Atem in ihrer Nähe. Sie hörte ein hartes Klicken. Gleichzeitig flammte der dünne Strahl einer Handlaterne auf. Der Lichtkegel richtete sich mitten in ihr erstarrtes Gesicht.
    Also doch, dachte Maud Ruby entgeistert. Ich ahnte es ja. Ich bin wieder einmal völlig blind in die Falle gelaufen.
    Sie wollte sich umdrehen, wollte hastig die Treppe emporstürmen, wollte Ralph Condray zu Hilfe rufen. Aber nichts von alledem konnte sie wirklich tun. Sie war wie gelähmt. Ihre Stimme versagte den Dienst. Sie war unfähig, sich zu bewegen.
    In panischer Furcht wartete sie auf das Ende. Sie fühlte sich wie ein unschuldiges Opfer, das zur Richtstätte geführt wird. Fassungslos vor Entsetzen wartete sie auf den Schuß, der alle Träume und Hoffnungen für immer vernichten würde.
    Es kam jedoch nicht so weit. Ein rettender Engel stand ihr wieder einmal zur Seite. Während sie noch voller Verzweiflung auf den Eintritt einer schrecklichen Katastrophe wartete, wurde schon der Schlußakt des großen Dramas eingeleitet.
    Der Hausflur lag plötzlich in gleißendem Lichtschein. In der geöffneten Tür stand Kommissar Morry. Hinter ihm tauchten vier, fünf uniformierte Beamte auf. Maud Ruby starrte verständnislos auf die bewegte Szene. Auf ihre Brust war noch immer eine Pistole gerichtet. Und die Frau, die diese tödliche Waffe in den Händen hielt, war . . . Ruth Bonfield, die Wirtin der Blauen Taverne.
     
    21
     
    Maud Ruby war eben dabei, Ralph Condray in stammelnden Worten die unfaßliche Neuigkeit zu berichten, da tauchte auch schon Kommissar Morry im Zimmer auf. Er ließ sich müde lächelnd in den nächsten Sessel fallen. Unter seinen Augen lagen dunkle Schatten. Schnuppernd sog er den köstlichen Teeduft ein.
    „Ich würde eine Tasse nicht ablehnen“, sagte er zu Maud Ruby.
    „Unser Handwerk strapaziert die Nerven. Man ist immer ganz fertig, wenn man einen Fall abgeschlossen hat.“
    „Stimmt es denn, was mir Maud eben erzählte, Kommissar?“, fragte Ralph Condray ungläubig. „Es ist doch nicht möglich, daß Ruth Bonfield, die ich vom ersten Tag an achtete und verehrte, in Wirklichkeit eine abgefeimte Mörderin . . .“
    „Leider ist es so“, sagte Kommissar Morry ernst. „Man täuscht sich eben oft in den Menschen. Ich wäre auch nie auf Ruth Bonfield gekommen, wenn ich ihr nicht kürzlich in einem Torbögen am Mardon Place gegenübergestanden hätte. Ich erkannte sie zwar nicht genau, aber ich sah immerhin, daß es eine Frau war, die mich mit ihrer Waffe bedrohte. Von diesem Tag an erriet ich ihre Spur. Ich ließ sie nicht mehr aus den Augen. Ich sammelte einen Beweis nach dem anderen gegen sie.“
    „Aber welches Motiv kann sie denn
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