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Der Schlüssel zum Tode Kommissar Morry

Der Schlüssel zum Tode Kommissar Morry

Titel: Der Schlüssel zum Tode Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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sind ihre Wohnungsschlüssel. Am besten fährst du gleich zu ihr hin. Sie hat immer noch ihr altes Logis am Lofting Oval in Islington. Sie wohnt in dem alten Backsteinhaus hinter der Kreuzung. Na, du erinnerst dich sicher. Hast ja früher oft genug dort herumgehockt. Na, mach's gut, alter Junge. Und halt auch für mich die Daumen!“
    Ralph Condray spürte zwei Schlüssel zwischen den Händen und wußte noch immer nicht recht, wie ihm geschah. Kopfschüttelnd blickte er dem Mann nach, der mit langen Sätzen auf die Sperre zulief.
    „Hallo!“, rief er laut. „Ich heiße doch gar nicht James. Sie haben mich mit einem ändern verwechselt. Was soll ich mit diesen albernen Schlüsseln? Hallo, so hören Sie doch!“
    Er rief seine Worte in den Wind. Der andere drehte sich nicht mehr um. Er lief, als würde ihm der Boden unter den Füßen brennen. Hastig zwängte er sich durch die Sperre. Kurz nachher war er verschwunden. Ralph Condray schüttelte noch immer den Kopf und blickte ärgerlich auf die beiden Schlüssel nieder.
    Das fängt schon gut an, dachte er betreten. Der erste Mensch, den ich hier treffe, hält mich für einen Strauchdieb wie seinesgleichen. Wenn es die Cops genauso machen, brauche ich mich nicht lange nach einem Nachtquartier umzusehen. Eine vergitterte Zelle im Wandsworth Gefängnis dürfte mir dann ziemlich sicher sein.
    Er nahm wieder seinen Koffer auf und ging auf den Ausgang zu. Draußen standen die Taxifahrer plaudernd beisammen und musterten den Ankömmling abschätzend von oben bis unten. Ralph Condray schien ihnen zu imponieren. Er war groß und hochgewachsen und sehr elegant gekleidet. Der Koffer, den er trug, war aus echtem Schweinsleder. Der Hut, die Krawatte, die Handschuhe verrieten einen Herrn von gutem Geschmack und bester Herkunft.
    „Wohin, Sir?“, riefen sie dienernd. „Brauchen Sie keinen Mietwagen? Suchen Sie ein Hotel?“
    Ralph Condray klimperte zögernd mit seinen Schlüsseln. Er wandte sich an den vordersten Chauffeur.
    „Bringen Sie mich zunächst zum Lofting Oval in Islington“, sagte er kurz. „Ich habe dort etwas zu erledigen. Nachher werden wir weitersehen.“
    Während der Fahrer seinen Koffer verstaute, ließ sich Ralph Condray müde auf dem Vordersitz nieder. Er wäre glücklich gewesen, wenn er sich in einem Hotel zur Ruhe hätte legen können. Statt dessen mußte er nun diese völlig überflüssige Fahrt machen.
    Ich werde, dachte er, die Schlüssel am Lofting Oval abgeben, und damit ist die ärgerliche Geschichte endgültig erledigt. Ein zweites Mal soll mir das nicht passieren.
    Der moderne Mietwagen brauchte für die kurze Strecke nur wenige Minuten. Kurz nach elf Uhr hielt der Chauffeur am Lofting Oval. Es war eine ziemlich trübselige Gegend. Zwischen grauen Mietskasernen ragten rote Backsteinbauten auf. Dazwischen gab es dunkle Hinterhöfe und düstere Torbögen.
    „Soll ich warten?“, fragte der Chauffeur höflich.
    „No danke. Nicht nötig“, erwiderte Ralph Condray. „Es wird eine ganze Weile dauern, bis ich die Adresse gefunden habe. Was bin ich Ihnen schuldig?“
    „Acht Schilling, Sir!“
    Ralph Condray zahlte und ging dann unverzüglich auf die Kreuzung zu. Hier stand das rote Haus, von dem der Fremde gefaselt hatte. Es war ein großes, altertümliches Gebäude. Auf dem Glockenschild standen mindestens zwanzig Parteien verzeichnet. Wie sollte man da erraten können, welcher Person diese beiden Schlüssel gehörten.
    Ralph Condray wollte sich schon enttäuscht wieder ab wenden, da sprang ihm plötzlich der Name Maud Ruby in die Augen. Das mußte sie sein. Dem Glockenschild nach wohnte sie im dritten Stock. Aber es war sehr fraglich, ob sie nicht längst schon zu Bett gegangen war.
    Ralph Condray führte den einen Schlüssel ins Schloß und konnte befriedigt feststellen, daß er sperrte. Die Tür öffnete sich. Widerstrebend und unschlüssig trat er in das fremde Haus. Er suchte nach einem Schalter für die Treppenbeleuchtung, aber so etwas schien es hier nicht zu geben. So mußte er wohl oder übel die dunkle Treppe hinauftappen. Stolpernd und fluchend wanderte er nach oben.
    Im dritten Stock blieb er schnaufend stehen. Er kramte sein Feuerzeug aus der Tasche und knipste es an. Das huschende Flämmchen wanderte über die Wohnungstüren. „Maud Ruby“, stand auf einem weißen Emailleschild zu lesen.
    Ralph Condray läutete. Er rechnete mit einer langen Wartezeit. Er fürchtete sogar, daß man ihm überhaupt nicht öffnen würde. Aber in diesem
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