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Der Schlittenmacher

Der Schlittenmacher

Titel: Der Schlittenmacher
Autoren: Howard Norman
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aufgefallen, dass auch ein paar hübsche Frauen dabei sind.«
    »Donald, das klingt so, als würdest du selbst gern mitfahren«, warf meine Tante ein.
    Alle lachten, und ich sagte: »Ich bin bis jetzt eigentlich nur mit der Fechtmannschaft irgendwohin gekommen. Aber New York würde ich wirklich gern einmal sehen.«
    »Was du brauchst, ist ein Beruf, lieber Neffe«, meinte mein Onkel. »Constance und ich, wir haben uns darüber unterhalten. Was hältst du von Schlitten und Toboggans? Ich könnte einen Lehrling gebrauchen. Irgendwann übernimmst du vielleicht sogar das Geschäft, wenn es dann noch so gut läuft wie jetzt. Also, ich habe jede Menge Bestellungen aus drei Provinzen, außerdem aus Maine und Vermont in den Staaten – ich komme mit dem Liefern gar nicht nach.«
    »Vergiss nicht diese Familie aus Schweden, die vorbeischaute, um nach dem Weg zu fragen. Sie haben deine Arbeit richtig bewundert«, warf meine Tante ein.
    »Sie waren fast eine Stunde da«, fügte er hinzu.
    »Ja, die Leute aus diesen Ländern – Schweden, Dänemark, Norwegen und so –, die können einen guten Schlitten immer gebrauchen«, meinte meine Tante.
    »Du meine Güte, jetzt ist mir gerade etwas Peinliches eingefallen«, sagte mein Onkel. »Was ist, wenn diese Schweden mit schwedischem Geld bezahlen wollen?«
    »Ich würde das Problem vorher klären«, riet meine Tante. »Schreib ihnen doch einen Brief. Dann können wir nur hoffen, dass jetzt im Krieg ein Brief in Schweden ankommt.«
    »Klingt vernünftig, Constance«, meinte er. »Dann kann ich ihnen schreiben, dass unsere Banken hier schon wissen, wie man ein solches Geschäft am besten abwickelt.«

    Die Victoria zog die Gangway ein. »Was meint ihr – soll ich das Haus verkaufen?«, fragte ich. »Ich meine, falls ich euer großzügiges Angebot annehme.«
    »Ich würde es noch nicht verkaufen«, meinte meine Tante.
    »Eher vermieten«, fügte mein Onkel hinzu. »Mit der schönen Aussicht auf den Park sollte das nicht schwer sein. Nein, ich würde das Haus behalten, Wyatt. Und die Radios deiner Mutter genauso. Du könntest das Haus natürlich auch leerstehen lassen. Vielleicht möchtest du hin und wieder hier sein. Du bist ein junger Mann. In der Stadt ist viel mehr los als bei uns. Kinos, Pubs, Mädchen und so weiter.«
    »Dass hier mehr los ist als bei uns, das will nicht viel heißen«, warf meine Tante ein. »Unsere einzige Unterhaltung ist, den Möwen zuzusehen, wie sie sich auf den Trawlern zanken.«
    »Du wirst das schon irgendwie machen, Wyatt, du bist ein kluger Junge«, sagte mein Onkel. »Außerdem hast du ja Joes Wagen, nicht? Du kannst jederzeit nach Halifax fahren, wenn du möchtest.«
    Ich schlief erst einmal darüber, und am nächsten Morgen nahm ich die Lehre an. Tatsache war, dass ich keine Minute länger allein in dem Haus bleiben wollte. Ich beschloss, das Haus in der Robie Street 58 leerstehen zu lassen. Meine Tante und mein Onkel fuhren nach Hause. Ein paar Tage später schaute ich in meiner Highschool vorbei und füllte eine Erklärung aus, dass ich nicht vorhatte, die Schule abzuschließen. »Dann viel Glück, Wyatt«, sagte Mrs. Cornish, die stellvertretende Direktorin. »Hast du dich schon von deinen Freunden verabschiedet?«
    »Ich hab’s allen gesagt, denen ich es sagen wollte«, antwortete ich.
    »Es soll ja recht schön sein an der Bay of Fundy«, sagte sie.
»Jetzt lebe ich schon dreiundfünfzig Jahre in Neuschottland und war noch nie dort.«
    Direkt von der Schule fuhr ich mit dem Auto meines Vaters, einem schwarzen viertürigen DeSoto, der eigentlich ein paar Reparaturen gebraucht hätte, die aber noch warten konnten, nach Middle Economy. Ich rauchte eine Chesterfield nach der anderen. Heute gibt es auch den Highway 102, doch damals konnte man nur auf der Route 2 nordwärts nach Truro fahren, ins Zentrum der Provinz. Man kommt unterwegs an den Orten Beaver Bank, Home Settlement, Shubenacadie, Alton, Stewiacke, Hilden und Millbrook vorbei, und dazwischen liegen weite Wälder und Felder. In Truro legte ich einen Stopp ein und aß ein Sandwich im Canaan’s Restaurant. Außerdem ging ich in ein Geschäft und suchte eine schöne Schachtel Pralinen für meine Tante aus. Von Truro ging es weiter nach Westen auf der Route 2, zur Linken lag die weite graublaue Fläche des Minas-Beckens, während am Horizont schon Regenwolken heraufzogen. Ich kam durch die Ortschaften Central Onslow, Glenholme, Great Village, Portapique, Bass River, Upper Economy und
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