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Der Schatz von Dongo

Der Schatz von Dongo

Titel: Der Schatz von Dongo
Autoren: A.E. Hotchner
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flehe dich an, wie ich dich jede
Nacht seit seinem Hinscheiden angefleht habe, laß unseren geliebten
Mussolini auferstehen, so daß seine Seele wieder in seinen Körper
eintreten, ihm Leben einhauchen und ihn der Welt zurückgeben kann. Nimm
mich an seiner Statt, mein Heiland, und laß Mussolini wiederauferstehen
von den Toten, um über sein Volk zu regieren, die Lämmer deiner Herde,
die ihn als deinen Stellvertreter auf Erden brauchen. O Heiland, ich
habe an Mussolinis Stelle dein Fleisch gegessen, habe mit Mussolinis
Lippen dein Blut getrunken, ich habe mit Mussolinis Stimme dein Lob
gesungen, und meine Hände, die sich zum Gebet erheben, sind Mussolinis
Hände. Herr, höre meine Stimme! Ich rufe laut zum Himmel hinauf.
Gewähre uns ein Zeichen, auf daß wir hoffen können, der tote Leib werde
wieder mit Leben erfüllt. Ein Zeichen, o Heiland, auf daß wir glauben
können …«
    Er fiel auf die Knie, und Mönche wie Schwarzhemden folgten
seinem Beispiel. Pater Piccionastro und seine Ministranten knieten
hinter dem Altar. Es herrschte absolute Stille. Eine so tiefe Stille,
daß ich das wachs-heiße Geräusch der Kerzen zu hören vermeinte.
Hoffmann lag vor dem Kruzifix und hatte seine Arme flehend
ausgestreckt. Niemand rührte sich. In dieser Stille klang das Geräusch
von Metall auf Glas vielfach verstärkt. Hoffmann zuckte zusammen, sein
Kopf fuhr herum, er sprang auf die Füße. Eine Goldmünze war von der
Decke auf den Glasdeckel des Sarges gefallen. Aus Hoffmanns Verhalten
schloß ich, daß nach den langen Jahren unablässigen, Nacht um Nacht
wiederholten Flehens um ein Zeichen dieses Flehen nun endlich zum
erstenmal erhört worden war. Der Ministrant, der dem Sarg am nächsten
stand, wollte nach der herabgefallenen Münze greifen.
    »Nein!« Leidenschaftlich geflüstert. »Du wirst es nicht wagen,
das Zeichen Gottes zu berühren!« Hoffmann stand hoch aufgerichtet, die
Arme voll leidenschaftlicher Begeisterung gen Himmel gereckt. »Das
Zeichen Gottes! Es wird also geschehen! Es wird geschehen!«
    Tränen auf seinen Wangen. An seinen Schläfen geschwollene
Adern. Verkrampfte Hände.
    Dann drehten sich seine Augäpfel nach oben, er schnappte
keuchend nach Luft und bekam einen epileptischen Anfall. Die beiden
Offiziere eilten mit offenbar langgewohnter Selbstverständlichkeit zu
ihm hin. Sie knieten sich über ihn, sicherten seine Zunge und
versorgten ihn.
    Pater Piccionastro nahm vor Hoffmann und den beiden Männern
Aufstellung. »Ich erwarte die Auferstehung der Toten. Und das Leben in
dem Reich, das da kommen wird. Amen.«
    Die Mönche: »Amen.«
    Die Schwarzhemden hoben Hoffmanns steifen, verkrampften Körper
auf und trugen ihn hinter den Altar. Die Treppe hinab verschwanden sie
aus unserem Blickfeld. Pater Piccionastro segnete den Toten und seine
Seele mit Weihwasser, die Ministranten schwangen die Weihrauchkessel,
und der Jasminduft zog um die Köpfe der Mönche.
    Ein letzter Blick auf die juwelenbesetzte Sargwand. Zögernd
wanderten meine Augen von Juwel zu Juwel, prägten sich jeden Smaragd,
Brillanten und Rubin ein, versuchten die Juwelen mit den Schmuckstücken
der Schatzliste in Verbindung zu bringen, zu entscheiden, welche davon
zu der im Orgelpodium versteckten Beute gehört hatten: Goldkette mit
Brillanten – Verkündigungsorden, die brillantenbesetzte Platte
des persischen Ordens, der deutsche Orden mit Smaragden und Rubinen.
Ich war viel zu vertieft in die Juwelen. Wende den Blick ab, Mönch!
Wende den Blick ab! Richte deine Augen zum Himmel, allwo das wahre, das
echte Gold ist!
    Die Schwarzhemden lösten ihr Formation. Eine Abteilung
begleitete die Mönche in ihr Quartier zurück, die anderen machten
rechtsum und linksum kehrt und verschwanden durch die Seitentüren.
    Ted packte meinen Ärmelzipfel, damit wir nicht getrennt werden
konnten, und reihte sich mit mir in den Zug der Mönche ein. Als wir an
den Ausgang der Krypta kamen, sah mir einer der Schwarzhemden direkt in
die Augen. Ich aber wandte den Blick ab, senkte den Kopf und begann mit
meinem stummen Schlurfen.

24
    E s war noch nicht hell, als ich in die
Einfahrt bog, doch als ich vom Wagen zur Villentür ging, wurde der
Himmel auf einmal streifig, und dann hob sich der Vorhang vor einem
rosigen Rundgemälde.
    Ich stieg die Treppe hinauf, blieb aber noch einmal stehen.
Ich hatte furchtbare Angst, daß sie nicht da sein würde. Die
bedrückende Stille im Haus ließ darauf schließen, daß sie fort war.
    Ich fühlte eine ungeheure
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