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Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)

Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)

Titel: Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)
Autoren: Rebecca Michéle
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diesem Tag zuzuschreiben, dass ich den Mann am Tor von Vauxhall bemerkte. Normalerweise wäre er mir nicht aufgefallen, doch aufgrund des eben Erlebten meinte ich, jeder Passant würde sich nach mir umdrehen und mich neugierig anstarren. Dieser Mann tat es ohne Zweifel! Zudem fiel auch er mir ins Auge, was nicht an seiner dunkelbraunen, einfachen Kleidung, sondern an der Art lag, wie er den Kopf trug. Sein Hals schien beinahe nicht vorhanden zu sein, es sah so aus, als säße sein breiter Schädel direkt zwischen den Schultern. Als sich unsere Blicke kreuzten, senkte er schnell den Kopf.
Eine Missgeburt hat eine andere getroffen, dachte ich mit einem Anflug von Sarkasmus. Als ich jedoch im Salon angekommen war, hatte ich die kurze Begegnung bereits wieder vergessen.
Erst am kommenden Sonntag wurde ich wieder an den Mann erinnert. Als ich zur Kirche ging, meinte ich für einen Moment, ihn auf der gegenüberliegenden Straßenseite gesehen zu haben. Doch als ich näher hinschaute, war er verschwunden. Während des Gottesdienstes konnte ich mich nicht auf die Worte des Pfarrers konzentrieren, immer wieder schweiften meine Gedanken ab. Ich stellte Überlegungen über meine Zukunft an. Es konnte und durfte nicht mein Ziel sein, den Rest meines Lebens in Madam Mellyns Hutsalon zu verbringen. Aber welche anderen Möglichkeiten boten sich mir? Vielleicht sollte ich versuchen, eine Arbeit in einer der Fabriken im East End zu bekommen? Die Arbeit war zwar schwer, aber gut bezahlt. An diesem Tag verspürte ich wie nie zuvor ein ziehendes Gefühl von Sehnsucht nach einer Familie, nach Menschen, zu denen ich gehörte, von denen ich geliebt und geachtet wurde. Doch das würde mir wohl Zeit meines Lebens verwehrt bleiben. Meine Überraschung stand mir deutlich ins Gesicht geschrieben, als ich beim Verlassen des Kirchenschiffes den geheimnisvollen Fremden mit dem dicken Kopf in der letzten Bank sitzen sah. War es Zufall, dass er den gleichen Gottesdienst besucht hatte? So schnell ich konnte, lenkte ich meine Schritte nach Hause. Ich wusste, dass Kitty heute keinen »Freund« eingeladen hatte. Auf der Straße wandte ich mich mehrmals um. Folgte der Mann mir? Tatsächlich meinte ich, zwei, drei Mal seinen dunklen Mantel in der Menschenmenge zu sehen.
Außer Atem erreichte ich das Zimmer.
»Ich werde verfolgt«, platzte ich vor der überraschten Kitty heraus und schloss die Tür hinter mir ab.
Kitty sprang auf.
»Wie meinst du das?«
Ich deutete mit der Hand nach draußen.
»Ein Mann beobachtet und verfolgt mich! Ich sah ihn letzten Sonntag zum ersten Mal. Heute habe ich ihn in der Kirche gesehen, dann ist er mir hierher gefolgt!«
»Oh!« Kitty drängte sich an mir vorbei und spähte aus dem Fenster. Da gab es außer dem Bürgersteig mit hastig vorbeieilenden Füßen nicht viel zu sehen. »Ist er hübsch?«, fragte sie gespannt.
Wider Willen musste ich lächeln. So war Kitty eben – unbekümmert und unbeschwert.
»Nein, ganz im Gegenteil! Außerdem ist er bestimmt schon fünfzig oder noch älter.« Ich griff nach ihrer Hand. »Kitty, ich bin kein ängstlicher Mensch, aber ich bin überzeugt, dass er mich wirklich verfolgt hat!«
Kitty grinste breit.
»Wahrscheinlich hast du sein Interesse geweckt. Warum auch nicht? Vielleicht ist er ja schrecklich reich, dann muss er nicht unbedingt mehr in der Blüte seines Lebens stehen.«
»Du bist unmöglich!«, hielt ich ihr entgegen. »Wie soll das nur eines Tages mit dir enden?«
Ihre Augen blitzten vor Übermut.
»Nun, ich werde einen reichen Mann heiraten. Vielleicht sogar einen Lord oder Earl! Dann werde ich in einem herrschaftlichen Haus jeden Nachmittag eine Teegesellschaft geben, wozu ich nur die ersten Damen des Landes bitten werde. Wir werden dann kleine zierliche Tassen mit elegant abgespreiztem kleinem Finger zum Mund führen und uns denselbigen über die Londoner Gesellschaft zerreißen. Selbstverständlich wirst du auch eingeladen werden.«
Gerührt schloss ich Kitty in die Arme. Auch wenn die Vorstellungen des Mädchens fern jeglicher Realität, ihr Verhalten mehr als naiv, manchmal sogar ordinär war, irgendwie hatte sie etwas an sich, weswegen ich sie gern hatte. Vielleicht, weil sie der erste Mensch auf der Welt war, der mich nicht spüren ließ, dass mein Hinken mich zum Menschen zweiter Klasse stempelte.
»Wenn du willst, begleite ich dich ins Museum«, wechselte Kitty plötzlich das Thema. »Die alten Mumien würde ich mir gerne noch einmal ansehen. Wenn ich mir vorstelle,
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