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Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)

Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)

Titel: Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)
Autoren: Rebecca Michéle
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dass das wirklich einmal lebende Menschen waren, die geatmet, gelacht und geliebt haben ...«
Erfreut stimmte ich zu, und wenige Minuten später verließen wir das Haus. Von dem Mann war nichts mehr zu sehen, und für den Rest des Tages vergaß ich den seltsamen Fremden.
     
    Ich saß im Hinterzimmer und arbeitete konzentriert, obwohl es beinahe unerträglich heiß war. Seit Tagen brannte die Sonne von einem wolkenlosen Himmel, und die Gerüche der Stadt verwandelten sich in einen furchtbaren Gestank. Jeder, der es sich leisten konnte, war aufs Land gefahren, um dort den Sommer zu verbringen. Nur gut, dass wir bereits an der Herbstkollektion arbeiteten. Durch die Hitze waren meine Finger schweißnass, und ich hätte unmöglich helle, luftige Sommerhüte besticken und benähen können. Mindestens jede halbe Stunde wuschen Kitty und ich uns die Hände, dennoch schwitzten wir bereits nach wenigen Minuten wieder. Madam Mellyn hatte Kitty für einige Besorgungen nach Covent Garden gesandt. Kitty war voller Freude, dem stickigen Laden für einige Stunden entfliehen zu können, gegangen.
Da die meisten Damen des Kundenkreises aus der Stadt aufs Land gefahren waren, war im Salon nicht viel zu tun. Obwohl die Mittagsstunde bereits überschritten war, hatte heute noch keine Kundin den Laden betreten. Madam Mellyn saß in einer Ecke, blätterte in Modezeitschriften und fächelte sich von Zeit zu Zeit Luft zu.
»Vielleicht gibt es heute ein Gewitter«, murmelte sie gerade in dem Moment, als die Türglocke anschlug. Schnell fuhr sie sich glättend über ihr Haar, strich sich über den Rock und trat dann mit einem verbindlichen Lächeln auf dem Gesicht in den Verkaufsraum.
»Guten Tag, Mrs. Mellyn«, konnte ich zu meiner Verwunderung eine männliche Stimme vernehmen. Es kam höchst selten vor, dass ein Herr den Salon betrat, und wenn, dann höchstens in Begleitung seiner Frau, doch ich vernahm keine weitere weibliche Stimme.
»Womit kann ich Ihnen dienen?«, fragte Madam. Deutlich hörte ich ihrem Tonfall an, dass sie über die einfache Anrede »Mrs.« indigniert war. »Suchen Sie etwas für Ihre Frau?«
»Ich bin nicht verheiratet.«
»Ach? Dann vielleicht für Ihre Frau Mutter oder Schwester?«
Madam Mellyns Stimme ließ keinen Zweifel daran, dass der Kunde offenbar nicht ihrer sonstigen Klientel entsprach. Ich legte den Hut beiseite und erhob mich leise. Neugierig spähte ich durch den Spalt im Vorhang in den Verkaufsraum, um gleich darauf wie von einer Nadel gestochen zurückzuweichen. Im Laden stand der Mann, der mich seit Tagen verfolgte! Es bestand kein Zweifel! Wieder war er in dunkles Braun gekleidet, trug trotz der Hitze einen Schal und einen Hut, der seinen Kopf noch grotesker aussehen ließ. Mein Herz pochte aufgeregt. Was wollte der Fremde von mir? Seine nächsten Worte trugen nicht gerade zu meiner Beruhigung bei, denn er sagte:
»Arbeitet bei Ihnen eine Miss Lucille MacHardy? Vom Arbeitshaus bei St. Mary-le-Bow wurde mir diese Adresse genannt.«
»MacHardy? Es tut mir Leid, aber das Mädchen, das ich großzügigerweise in mein Haus aufgenommen habe, heißt zwar Lucille, aber Hardy mit Nachnamen.« Ich spähte wieder durch den Spalt und sah, wie ihre Miene eine abweisende Haltung angenommen hatte. »Was wollen Sie von ihr?«
Der Mann lächelte, was sein rundes Gesicht gleich etwas freundlicher erscheinen ließ.
»Das, Mrs. Mellyn, würde ich ihr gern selber sagen. Ist Miss MacHardy zu sprechen?«
Madam Mellyn runzelte die Stirn.
»Es ist nicht üblich, dass meine Mädchen hier Männer empfangen«, antwortete sie scharf. »Sie werden mir schon sagen müssen, worum es sich handelt. Schließlich bin ich für das Wohl und Heil der mir anvertrauten Personen verantwortlich!«
Pah, dachte ich, spiel dich nur nicht so auf! Bei deinem Lebenswandel bist du genau die Richtige dafür. Entschlossen schob ich den Vorhang zur Seite und trat in den Laden. Ich wollte nun tatsächlich wissen, warum der Mann mich verfolgte.
»Ich bin Lucille Hardy «, sagte ich mit fester Stimme, die meine innerliche Aufregung nicht verriet. »Den Namen MacHardy habe ich noch nie gehört.«
Zu meinem Erstaunen verbeugte sich der Mann vor mir, dann streckte er mir seine Hand entgegen. Zögernd ergriff ich sie. Sein Händedruck war warm und fest. Aus der Nähe betrachtet, war er gar nicht so hässlich, obwohl sein Hals tatsächlich sehr kurz geraten war. Ich schätzte ihn auf ungefähr fünfzig Jahre, seine Kleidung war zwar einfach und altmodisch
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