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Der Schatten des Horus

Der Schatten des Horus

Titel: Der Schatten des Horus
Autoren: Thilo P. Lassak
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beinahe explodiert vor Wut, nur langsam wuchs die Gewissheit in ihm, dass sie keine andere Wahl hatten. »Das war richtig«, sagte er schließlich.
    Über den Seitenflügel gelangten sie in die Bibliothek. Am Eingang zu den Sälen zeigte Yusuf seinen Studentenausweis und ein Schreiben des Dekans vor, dass auch die beiden Fremden eintreten durften.
    Die Ausmaße der Sammlung waren gewaltig. Fünf riesige, bis an die Decke mit Folianten, Katalogen und Büchern vollgestopfte Räume mussten sie durchqueren, bis sie in der sechsten Halle auf einen Herren um die fünfzig trafen, der ihnen zuwinkte. Sid staunte. Einen Experten für Altertümliche Astronomie hatte er sich naiverweise als so eine Art Dumbledore in einem langen roten Samtumhang vorgestellt, mit einem Fernrohr aus Messing in den Händen, die Haare wirr nach allen Seiten abstehend. Stattdessen trug Professor Fathy westliche Kleidung, einen modischen grauen Anzug, weißes Hemd, eine weinrote Krawatte und eine moderne Brille. Trotz seines schwarzen Vollbarts hätte er ohne aufzufallen auch bei einer Versicherung in Manhattan arbeiten können.
    »Schön war Fatima, die Tochter des Propheten«, begrüßte er seine Gäste in fließendem Oxford-Englisch. »So schön, dass man ihr den Beinamen al-Zahra gab, die Blühend e – und so heißen auch unsere Moschee und die Universität.« Der Professor gab ihnen nacheinander die Hand. »Kommen Sie, wir gehen in mein Arbeitszimmer. Von dort haben wir Zugang zu ein paar Werken, die nicht für die Allgemeinheit zugänglich sind.« Er wies auf eine Seitentür und schritt voran. »Am heutigen Tag lagern hier genau 99.06 2 Bücher, bestehend aus 595.66 8 Bänden, und damit meine ich keine Allerweltsliteratur, sondern ausnahmslos wertvolle Manuskripte. Die Hauptgebiete, die wir sammeln, sind heilige Bücher und Reden, Koranwissenschaften, Scholastik, Logik, Grammatik, Literatur und natürlich Geschichte, was mein Fachgebiet ist. 34.00 0 Handschriften stammen aus dem dritten Jahrhundert des Islamischen Kalenders oder sind sogar noch älter. Manche von ihnen befassen sich auch mit Astronomie.– So, da wären wir, bitte kommen Sie doch in meine bescheidene Kammer.«
    Yusuf, Sid und Rascal betraten einen kleinen Raum, der ganz mit einem weinroten Teppich ausgelegt war. An der Wand hing hinter Glas eine überdimensionale Sternenkarte, gegenüber stand ein wuchtiger Schreibtisch. Fathy bat die drei, auf einem roten Sofa, neben einem niedrigen Glastisch, Platz zu nehmen, er selbst rollte seinen Drehstuhl auf die andere Seite.
    »Es geht um einen außerordentlich interessanten Fall, hat mir unser Dekan vorgeschwärm t – was ist es denn genau?«
    Sid holte die Kapsel aus seiner Tasche und öffnete sie. Behutsam nahm er die Scherbe heraus, die er zusätzlich mit einem Stofftaschentuch von Yusufs Tochter umwickelt hatte.
    »Wir haben dieses Bruchstück hier gefunden«, begann er. Das war ja nicht einmal gelogen. »… und vermuten, dass die Sterne hier oben nicht beliebig eingesetzt, sondern ganz bewusst so gruppiert wurden. Das heißt, sie könnten uns verraten, wann und wo sich diese Szene ereignet haben könnte.«
    Zufrieden mit sich händigte er Professor Fathy ihr Fundstück aus und ließ sich auf dem Ledersofa zurückfallen. Er hatte nichts preisgegeben, was den Gelehrten misstrauisch machen könnte. Jetzt studierte er dessen Gesicht. Der Ausdruck wechselte zwischen Erstaunen, Verwirrung und Unglauben. Fathy nahm seine Brille ab und führte sie wie eine Lupe über der Scherbe vor und zurück.
    »Seltsam«, murmelte er vor sich hin. »Das Material ist antik, die Machart eindeutig 18 . Dynastie, abe r …« Er setzte sich die Brille wieder auf und sah seine Besucher an. »Aber diese Sternenkonstellation kann es über Ägypten niemals gegeben haben, da bin ich mir fast hundertprozentig sicher.« Er stand auf und lief wie ein eingesperrter Tiger im Zimmer auf und ab, am Bügel seiner Brille kauend. Endlich ging er kopfschüttelnd zu einem hohen Tresor neben der Fensterfront und tippte verdeckt eine Zahlenkombination ein. »Eigentlich dürfte ich, wenn Besuch da ist, nich t …« Er zögerte einen Moment, dann öffnete er entschieden die Tür und holte einen eckigen Kasten aus dem Safe. In dem Schuber steckte ein in vergoldetes Leder gebundener Atlas. Fathy stülpte sich ein Paar Baumwollhandschuhe über und blätterte in der Kostbarkeit herum.
    »Viele Kulturen der Welt haben sich mit den Sternen beschäftigt«, erklärte er
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