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Der Schatten des Horus

Der Schatten des Horus

Titel: Der Schatten des Horus
Autoren: Thilo P. Lassak
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schwach. »Ja, hilf mir. Nein, so. Du musst deinen Arm um meine Schulter legen. S o … ist es gut! Medjedu, teschi anch imi’ek er neheh! «
    Augenblicklich riss Ali die Hände in die Luft und zerfleischte sich mit den Fingernägeln selbst das Gesicht. Dann hauchte er sein Leben aus.
    Birger Jacobsen hängte ihn neben das Warzenschwein an die Wand, dann humpelte er den Stollen entlang ins Freie. Mit letzter Kraft schaufelte er den Eingang zur Kammer des Wissens zu, der riesigen Halle unter dem Standbild des Seth, das andere Sphinx nannten. Zentner um Zentner Sand bewegte er, bis sich nichts mehr erahnen ließ, bis schon die ersten Kameltreiber kamen, lästig wie die Schmeißfliegen.

63. Kapitel
    Kairo, 7 . November 2007, später Nachmittag
    Von einem Kitzeln an seiner Wange wachte Sid auf. Drei milchkaffeebraune Kinder hockten auf seinem Bett, das Mädchen versuchte gerade, ihm den Stiel einer Trockenblume ins Nasenloch zu schieben. Sein verdutztes Gesicht brachte die Zwillinge zum Lachen. Das Mädchen zeigte eine große Zahnlücke.
    »Wie spät ist es?«, erkundigte sich Sid. Sein Englisch musste sich für die Kinder komisch anhören, denn sie lachten wieder. Sid schlüpfte in ein oranges Oberhemd, darüber zog er ein schwarzes T-Shirt von Arcade Fire. »Wo ist Rascal?« Mit Zeigefinger und Daumen formte er einen Ring und hielt ihn sich an den Nasenflügel. Die drei kreischten auf vor Begeisterung, das Mädchen zupfte an seinem Ärmel und führte ihn durch einen schmalen Flur in die Küche. Hier saß Rascal, neben ihr Yusuf und eine hübsche Frau mit Kopftuch, aber ohne Schleier.
    »Guten Morgen, Sid!«, sagte Yusuf schmunzelnd und zeigte auf die Uhr an der Wand. Es war bereits kurz nach fünf. Auch wenn es sich nicht so anfühlte, er hatte zwölf Stunden geschlafen. Sid massierte sich mit der Hand die Kopfhaut, zufrieden musste er feststellen, dass seine Haare bereits wieder zu sprießen begannen.
    » Salam aleikum! «, begrüßte ihn Yusufs Frau. » My name is Neva! «
    Sid wusste, was man antworten musste: » Aleikum al-salaam! « Neva gefiel ihm. Und ihre Wohnung auch. Wände und Böden waren mit dicken Teppichen verkleidet, alle mit Mustern, die man wohl arabesk nannte. Auf der Feuerstelle stand schon wieder eine dickbauchige Kanne, aus der sich erfrischender Pfefferminzduft verbreitete. Dahinter machte sich ein großer Topf breit, dessen Inhalt sicher eine zwanzigköpfige Familie sättigen konnte. Sid roch Zwiebeln, Tomaten, grüne Bohnen und Lammfleisch. Er bemerkte, dass er einen Bärenhunger hatte.
    Rascal zog ihn neben sich auf die lederbezogene Küchenbank. »Wir haben noch ein wenig über die Scherbe nachgedacht«, erzählte sie. »Sie zeigt den Mann, der das Mumienherz und Schriftrollen, wahrscheinlich aus der Kammer des Wissens, außer Landes bringt.«
    Rascal hielt für einen Moment inne, denn Yusufs älteste Tochter trug geschäftig tiefe Teller auf, die Neva mit dem Gericht namens loubiah gefüllt hatte.
    Während alle den köstlichen Eintopf löffelten, fuhr Rascal fort. »Wann kann das gewesen sein? Und wohin ist er gereist? Yusuf hatte eben die Vermutung, dass die Anordnung der Sterne über dem Boot ein Hinweis auf das Jahr der Fahrt sein könnte.«
    Yusuf legte den Löffel auf die Tischplatte. »Ob meine Vermutung richtig ist, kann uns eigentlich nur einer sagen: der Dekan der Al-Azhar-Universität!« Schnell beendeten sie die Mahlzeit. Bevor sie aufbrachen, bat Yusuf Rascal noch, sich ein knöchellanges Kleid von Neva zu leihen, Sid sollte sich eines von Yusufs Oberhemden überziehen.
    Auf dem Weg durch die engen Gassen von Alt-Kairo klärte Yusuf sie auf. Die Lehranstalt der Al-Azhar-Moschee galt spätestens seit der Zerstörung Bagdads durch die Mongolen als der intellektuelle Mittelpunkt der islamischen Welt. Bis heute stand sie nur muslimischen Studenten und Studentinnen aus aller Welt offen, das geistige und geistliche Oberhaupt der Universität war stets der sheikh , der auch den westlichen Titel eines Grand Imam führte.
    »Im Monat Ramadan 365 nach der Hidschra, also im Jahre 975 der westlichen Zeitrechnun g – sechzehn Jahre nach Fertigstellung der Mosche e – begann Oberrichter Abul Hasan Ali Ibn an-Nu’man Vorlesungen über das Buch Al-Ichtisar zu halten, ein wichtiges Werk der schiitischen Rechtsprechung. Die eigentliche theologische Hochschule wurde 988 während der Herrschaft der Fatimiden gegründet, Schwerpunkt der Lehre sollten natürlich Theologie, aber auch die
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