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Golem - Golem - Genome, Inc.

Titel: Golem - Golem - Genome, Inc.
Autoren: Matthew Delaney
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New York City, ein paar Jahre in der Zukunft. Stadthaus der Familie Livingston
    D ie Sicherheitsleute hatten abgeraten. Zumindest hatte Greeley das getan. Andererseits riet Greeley von den meisten Dingen ab, sei es nun, draußen spazieren zu gehen, am offenen Fenster zu sitzen oder ein Restaurant zu besuchen. Er hätte sogar davon abgeraten, Leitungswasser zu trinken, Transkriptoren zu benutzen, ja, vielleicht sogar zu atmen, wenn er geglaubt hätte, jemand würde sich seine Ratschläge zu Herzen nehmen. Wollte man mit Greeley klarkommen, musste man ihm zuhören und nicken. Sobald er wegschaute, konnte man immer noch tun und lassen, was man wollte.
    Und im Augenblick schaute Greeley weg, sodass Dr. Jack Smalls sich einen Augenblick Zeit nahm und den Arm um die Hüfte seiner Frau Linda legte.
    »Nicht«, ermahnte sie ihn und legte ihre Hand auf seine. »Du machst meine Flügel kaputt.«
    »Tut mir leid, mein Engel.«
    Wahrscheinlich hätte er die Flügel tatsächlich ramponiert. Linda Smalls trug zwei Paar davon, kleine Dinger aus Spitze, die von der Taille ihres Kleides bis knapp unterhalb des silbernen Heiligenscheins reichten. Also ließ Smalls seine Hand stattdessen ihren Schenkel hinuntergleiten, wobei er den Ärmel seines OP-Kittels hochschob. Greeley stand in der Tür, eine Hand aufs Ohr gedrückt, und sprach in seinen Anzugkragen.
    Die große Wanduhr schlug elf. Über den Lärm der Band hinweg war sie kaum zu hören.
    Greeley hatte davon abgeraten, Seeks zu spielen. In Smalls’ Augen war Seeks ohnehin ein dummes Spiel, eine Art Erwachsenenversion des kindlichen Versteckspielens. Seit Jahren spielten es die Reichen auf den dekadenten Partys, die Bruce Livingston in seinem Stadthaus an der 5th Avenue gab. Beim Seeks verteilten die Gäste sich viel zu weiträumig auf dem Anwesen, als dass man sie alle im Auge hätte behalten können. Und Greeley wollte immer wissen, wo jeder sich aufhielt. Hätte er in Nazi-Deutschland gelebt, wäre er vermutlich bei der Gestapo gelandet, oder im kommunistischen Russland beim KGB. Aber er hatte das Pech, im Jahre 2049 zu leben, und da waren die einzigen Lebewesen, die überwacht werden mussten, keine Menschen. So musste Greeley sich damit zufrieden geben, Sicherheitschef bei Senator Bruce Livingston zu sein.
    Smalls kannte Livingston seit Jahren – seit der Zeit in Harvard, um genau zu sein. Greeley kannte er demnach genauso lange. Während Livingston Senator geworden war – ein Amt, das er genutzt hatte, um den Wiederaufbau der Brooklyn Bridge zu finanzieren und jedes Jahr drei oder vier attraktive Praktikantinnen ins Bett zu bekommen –, hatte Smalls weiter Medizin studiert und war Molekulargenetiker geworden, dessen Spezialgebiet die rekombinante DNA-Nanotechnologie war – ein Thema, das sich hervorragend dazu eignete, auf Partys mit verständnislosen Blicken bedacht zu werden und kleine Kinder zu Tode zu langweilen.
    Die Hand noch immer auf Lindas Schenkel, beugte Smalls sich vor und flüsterte: »Dein Engelskostüm macht mich ganz scharf.«
    »Gefällt dir der Heiligenschein?«
    »Ich liebe den Heiligenschein. Sehr sexy. Es ist doch nicht falsch, wenn ich das sage?«
    Bei Gesprächen mit Männern hatte Smalls zu seinem Erstaunen herausgefunden, dass er zu den wenigen Herren mittleren Alters gehörte, die das Glück hatten, ihre Ehefrau noch immer sexuell anziehend zu finden.
    Vielleicht lag es daran, dass er den ganzen Tag in einem Labor arbeitete, und die einzigen Frauen, die er dort zu sehen bekam, waren Mathefreaks, die mehr von der Chaostheorie verstanden als von Sex. Alles nette Mädchen, aber alle gehörten zu dem Typ, der bewirkte, dass einem Keuschheit plötzlich als erstrebenswert erschien. Dies erklärte vermutlich auch, warum es noch keine Playboy-Ausgabe mit dem Titel »Girls aus dem Genlabor« gab.
    Livingston ging über die Tanzfläche nach vorne. Seine Musketieruniform bereitete ihm dabei gewisse Probleme. Immer wieder verfing sich das lange Cape an seinen Füßen, und er musste es ständig beiseiteziehen. Schritt und ziehen. Schritt und ziehen. Nur langsam kam er voran.
    »Er hätte sich ein anderes Kostüm aussuchen sollen«, bemerkte Smalls. »In dem Ding kann er ja kaum laufen.«
    »Das Cape macht ihn schlanker«, erklärte Linda, wie stets ganz diplomatisch.
    Smalls musterte Livingston, der noch immer seinen seltsamen Tanz vollführte – Schritt und ziehen –, und fragte sich, ob das stimmte. Nein, sicher nicht. Nur wenn Livingston ein
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