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Der Schacht

Der Schacht

Titel: Der Schacht
Autoren: David J. Schow
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Kartenspiel. Aus dem Kasten mit der Nummer 307, Cruz Briefkasten, fiel ein glänzendes Objekt und folgte der wechselhaften Laune der Schwerkraft an diesem irren Ort, während es den Boden entlangschlitterte.
    Es war, wie Cruz sehen konnte, Emilios Platinrasiermesser.
    Es hätte genauso gut Emilio selbst sein können. Man muss einfach nur Blut hinzufügen, und er entfaltet sich zu voller Größe mit Rachegelüsten in den Augen, und er reißt dir das verdammte Herz heraus und schlägt es dir um die Ohren.
    Cruz Denken verfiel in einen schnellen Rücklauf, der ihn schwindlig machte. Bauhaus war hier aufgetaucht. Emilio war auch hier gewesen. Hatte er wirklich so viel Glück gehabt und das verpasst?
    War Emilio immer noch hier und auf dem Weg zur Vordertür, so wie Cruz es gewesen war, bevor die Tür beschloss, eine Auszeit zu nehmen?
    Er bewegte sich wie eine Landratte über schwankende Decksplanken, um sich das Rasiermesser zu holen. Es war das Einzige, was je in seinem Briefkasten gelegen und ihn interessiert hätte. Er bekam so etwas normalerweise nicht nach Hause geschickt.
    Als er es sich näher ansah, dachte er an das Ding mit Jonathans Augen. Er hatte gesehen, wie ein Rasiermesser direkt aus seiner Hand herauswuchs. Dies war nicht das gleiche Messer. Dies war definitiv Emilios.
    Sein Körper machte ihn darauf aufmerksam, dass er sich nicht viel länger auf den Beinen halten konnte. Er hatte so viel Koks geschnüffelt, dass er zu keuchen begonnen und seine Farbe verloren hatte, und er war sogar ohnmächtig geworden. Dass er immer noch herumlief, war nur ein Aufschub.
    Er klappte das Messer auf. Es war Blut darauf, auf der Kette, auf der Klinge, überall. Das war alles, was er sehen konnte, bevor der Strom ausging und er plötzlich in völliger Finsternis stand.
    Die Dunkelheit war abrupt und undurchdringlich. Kein Tageslicht mehr, nicht einmal mehr das ungesunde grüne Schimmern des Moders auf dem Gesicht des Dings mit Jonathans Augen.
    Wenn das Rasiermesser nicht wirklich ein letztes Geschenk von dem war, was von dem ursprünglichen Jonathan übrig geblieben war, dann würde Cruz es trotzdem als das ansehen. Die Menschheitsgeschichte würde sich so oder so einen Dreck drum scheren.
    Er tastete sich dahin, wo die Haustür gewesen war, und stieß das Messer tief in die Wand. Er hackte sich einen Rettungsweg frei und hoffte, dass die verqueren Gesetze dieses Ortes für zehn weitere Sekunden in Kraft blieben.
    In der Dunkelheit seinen Arm in den feuchten Spalt zu stecken war, als suche man etwas im Inneren eines geschlachteten Rinds. Er streckte seinen gesunden Arm so tief hinein, wie er konnte. Als er mit seiner Schulter anstieß, fühlte er am anderen Ende Kälte.
    Cruz bekam einen Halt am äußeren Ende und begann sich in das Loch zu ziehen, das er aufgeschnitten hatte. Träge Flüssigkeit lief ihm über das Gesicht. Etwas, von dem er vermutete, dass es der weiße Joghurt-Schleim war, lief ihm in den Mund. Er steckte schon bis zur Schulter drin, als der Boden sich hinter ihm bewegte und nach seinem Bein schnappte.
    Das ist verrückt, dachte er, als er sich weiter in das feuchte Gewebe hineinarbeitete. Er merkte, wie das Gebäude versuchte sich zu heilen, sich zu schließen und ihn auf immer in sich einzuschließen. Das war irre. Das war etwas, was man in Gameshows tat, wo man Geld dafür bekam.
    Das war gottverdammte dampfende Kacke, und er sog sie gerade in tiefen Zügen ein. Armer Rosie.
    Ein Schlitz aus strahlendem Weiß. So als blicke man in die Sonne. Er zog sich dem entgegen.
    Die eisige Kälte verbiss sich sofort in die Nässe auf seiner Hand. Der stechende Schmerz war fast eine Erlösung; eine Bestätigung, dass er noch lebte. Er kam durch den Spalt durch, auch wenn die Anstrengung vergleichbar war mit einem einarmigen Klimmzug aus einer Teergrube heraus. Der Schnee begrüßte ihn mit blendender Helligkeit und Schmerzen und grenzenloser Kälte.
    Er hatte keine Ahnung, wo er herausgekommen war. Alles war mit Eis und Schnee bedeckt, und der wirbelnde Schneefall beschränkte seine Sicht auf die Hand vor seinen Augen. Er sah zu, wie diese innerhalb von Sekunden eisbedeckt war.
    Als er versuchte, eine Faust zu ballen, brach das Eis. Die Schnitte von der Fahrstuhlkabine öffneten sich wieder, und Rot hob sich gegen all das Weiß ab.
    Irgendwo in einem Umkreis von fünf Häuserblocks waren die Weedwine Street, das Bottomless Cup und Jamaica, die ungeduldig mit den Füßen scharren und glauben würde, dass dieser
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