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Der Schacht

Der Schacht

Titel: Der Schacht
Autoren: David J. Schow
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Bikini-Unterteil, das einzige Kleidungsstück, das sie trägt, platzt auf, als sie aufschlägt. Ihr schwarzes Haar breitet sich wie eine Corona um ihren Kopf aus. Sie landet mit dem Gesicht nach unten, zerschmettert. Aus fünf Stockwerken Höhe kann Cruz ihren nackten Arsch sehen.
    »Du bist wahrscheinlich blöd und fertig genug, um einfach zu springen, Chiqui. Na los. Tus doch. «
    So wie Bauhaus’ Blick ihn dazu provoziert hatte zu schießen. Und er hatte es auch getan. Vier Mal.
    Als Cruz die Augen wieder öffnete, sah er, wie Bauhaus sich zusammenkrümmte. Sein Körper versuchte, sich wie ein Mistkäfer zu einem Ball zusammenzurollen. Er zitterte, die Augen fest zusammengepresst, auch wenn dazwischen Tränen hervorquollen. Sein Mund stand sperrangelweit offen, aber kein Ton kam heraus.
    Vier Einschusslöcher bildeten einen Halbkreis direkt über seinem Kopf. Sie begannen zu bluten.
    Zitternd, die Hände unter seiner Kette zusammengeballt, öffnete Bauhaus die Augen. Cruz stand immer noch mit der Pistole vor ihm, und das war das schlimmste Schreckensbild, das er sich vorstellen konnte. Er wollte nur noch mehr weinen.
    »Bumm«, sagte Cruz, und Bauhaus zuckte, als hätte er einen Schuss in den Arsch bekommen.
    Die rot geränderten Einschusslöcher rissen weiter auf. Die blutenden Risse in der Wand vergrößerten sich und vereinigten sich miteinander. Das Geräusch, das sie dabei machten, war satt und fleischig. Das Blut troff herunter und sickerte in Bauhaus Wintermantel.
    »Du bist es nicht wert«, sagte Cruz.
    Er war kein Killer. Er trug nicht die Schuld am Tod von Chiqui oder von irgendjemand anderem.
    »Hast du mich gehört? Du bist es nicht wert, dass ich meine Zeit oder meine Munition an dich verschwende, Bauhaus.«
    Bauhaus lehnte sich zurück an die Wand. Er wurde von ihr verschluckt, als die Risse sich trafen und die Wand wegklappte. In seinen Augen war das Weiße sichtbar. Es war unwahrscheinlich, dass er Cruz’ Erklärung noch verstanden hatte, während sein Kopf in der Wand verschwand.
    »Hey! Du bist es nicht wert!« Seine Lippen waren entblößt. Seine Tapferkeit kam zu spät, wie immer. Jetzt spielte sie keine Rolle mehr.
    Bauhaus hatte ihn noch einmal betrogen. Als Cruz endlich genug Mut zusammengenommen hatte, um ihn anzuschreien, war Bauhaus schon so weit weg, das er diese Auflehnung gar nicht mehr registrierte.
    Cruz blieb noch lange genug stehen, um zu sehen, wie sich die erste Windung des im Kenilworth residierenden Parasiten um Bauhaus’ Mitte legte und ihn durch die Wand zog wie einen geangelten Fisch. Der schmierige gelblich braune Körper schlidderte und zuckte. Bauhaus starb mit offenem Mund und den Hosen voller Scheiße. Die Drogen hatten ihn wahrscheinlich schon betäubt, bevor er wirkliche Schmerzen fühlte und bevor das Monster ihn beißen konnte.
    Cruz zog sich ins Treppenhaus zurück und rannte zur nächsten Etage hinunter. Der Gedanke an Flucht beherrschte jetzt seinen ganzen Körper, war sogar wichtiger als die Überdosis Kokain, die ihn vergiftete.
    Und jetzt nach Hause, dachte er, als er die letzten Treppenstufen hinunterstürzte.
    Unten, im Ostfoyer des Kenilworth Arms, auf der Seite des Gebäudes, an der Bauhaus verstorbener Spießgeselle Marko im Schnee begraben lag, stellte Cruz fest, dass die Türen und die Fenster des Gebäudes verschwunden waren.
    Postkästen. Eine Glühbirne an einer pendelnden Schnur. Keine Fenster, kein Kamin und keine Haustür mehr.
    Es gab keinen Weg nach draußen.
     
    Nachdem die Kreatur mit Jonathans Augen sich Emilio einverleibt hatte, richtete sie sich so weit auf, wie ihre Missgestalt es erlaubte.
    Der Babyarm, der aus der Brust herausragte, griff nach Emilios Platinmesser, um es sich näher anzusehen. Der Arm zog sich zurück, und der Kopf wühlte sich mit seinen hundert Zähnen aus der Masse.
    Die Kreatur verwandelte das Rasiermesser in sein eigenes. Die Verschmelzung mit dieser Trophäe schien überflüssig. Es hatte im Großen und Ganzen diesmal mehr bekommen, als es brauchte; mehr Blut, als das Gebäude gebrauchen konnte, mehr von diesem zusätzlichen neuen Stoff, den Cruz so willig geliefert hatte.
    Emilios Stirn lag vor ihr, angeschwollen mit schwarzem Blut. Als die Kreatur die Spitze des Rasiermessers gegen den Schädel drückte, platzte das vollgesogene Fleisch durch den inneren Druck mit einem großen roten Klatschen. Die Klinge wanderte durch das Fleisch und beschloss, dort Buchstaben zu hinterlassen.
    Die engen Zähne im Gesicht
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