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Der Sand der Zeit

Titel: Der Sand der Zeit
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Kraft fand, sie niederzukämpfen und weiterzugehen.
    Der Weg war jetzt nicht mehr weit. Nach wenigen weiteren Schritten tat sich eine gewaltige unterirdische Grotte vor uns auf, die zu vier Fünftel mit Wasser gefüllt war; Wasser, das zweifellos aus dem Meer kam und so penetrant stank, daß es mir fast den Atem benahm. Und in diesem Wasser bewegte sich etwas.
    Dann sah ich die Gestalten.
    Ihr Anblick ließ mir das Blut in den Adern gefrieren.
    Es war ein gutes Dutzend finsterer, nackter Gestalten, die einen grotesken Tanz am felsigen Uferstreifen des unterirdischen Sees aufführten, das gräßliche Ngai ngai! Yiäh Cthulhu fhtagn! Yiäh! Cthulhu! ausstoßend und dabei unablässig in die Höhe und zur Seite hüpfend und springend, mit Bewegungen, die so unnatürlich waren wie ihr Gekreische, und ebenso abstoßend.
    Sie waren keine Menschen.
    Aber es waren auch keine Tiere, sondern Wesen, die auf furchteinflößende Weise zugleich zu beiden und zu keiner der beiden Spezies zu gehören schienen, grausige Spottge-burten von grob menschenähnlicher Gestalt, zugleich frosch-und fischähnlich, mit einer Haut wie schwarzes und grünes Leder, einer jeder Beschreibung spottenden Physiognomie und gewaltigen Händen und Füßen, zwischen deren Fingern und Zehen sich ekelig schimmernde Schwimmhäutchen spannten. Wie besessen hüpften und sprangen sie zu ihrem Gegröle am Ufer des unterirdischen Sees entlang, mal einzeln und unabhängig voneinander, mal zugleich, einem nicht erkennbaren Takt folgend.
    Zugleich angeekelt wie fasziniert von dem entsetzlichen Anblick ließ ich mich hinter einen Felszacken sinken und beobachtete das tierhafte Treiben der Ungeheuer weiter; gleichzeitig gab ich dem mir folgenden Setchatuatuan und seinen Begleitern mit stummen Gesten zu verstehen, vorsichtig zu sein.
    Der entsetzliche Tanz hielt an, wurde aber unmerklich schneller, bis die ganze Höllenbrut wie in Raserei am Ufer umherwirbelte und ihr Kreischen die Höhle ausfüllte wie das Wimmern von tausend Teufeln.
    Dann geschah etwas Grauenvolles.
    Die Bewegung im See, die ich schon einmal bemerkt hatte, wiederholte sich, viel stärker und deutlicher diesmal, und etwas Großes begann aus den schwarzen Fluten nach oben zu steigen, etwas von so abstoßenden Umrissen, daß mein Verstand sich weigerte, es klar zu erkennen. Noch einmal steigerte sich der Gesang des höllischen Gezüchtes; ihre wilden Tänze gerieten endgültig zu einem spasmischen Zucken und Toben.
    »Da!« zischte Setchatuatuan. Seine Hand wies anklagend nach vorne. »Da ist er!« Seine Augen mußten wirklich sehr viel schärfer sein als die meinen, denn ich mußte eine ganze Weile lang konzentriert auf das Seeufer starren, ehe auch ich die Silhouette einer menschlichen Gestalt entdeckte, die reglos und mit hoch erhobenen Armen am Ufer stand.
    »Erickson?« fragte ich.
    Setchatuatuan nickte. »Dieser Hund. Siehst du, was er tut? Er beschwört den Dämon! Das ist die Hilfe, die er dir ver-sprach!«
    Ich widersprach nicht. Ich sah, was Erickson tat, aber ich …
    glaubte es nicht. Ich wollte es nicht glauben. Ich hatte ihm vertraut, und der Gedanke, daß er mich so genarrt haben sollte, machte mich fast rasend.
    »Ich werde ihn töten!« sagte Setchatuatuan. »Jetzt!«
    Ich griff rasch nach seinem Arm und riß ihn zurück, aber Setchatuatuan befreite sich mit erstaunlicher Kraft. Und ganz plötzlich spürte ich etwas Kaltes, Schneidendes an meiner Kehle, die Klinge seines Obsidianmessers!
    »Tu das nie wieder, fremder Zauberer!« sagte Setchatuatuan, sehr leise, aber sehr drohend. »Versuch nie wieder, mich von irgend etwas abzuhalten! Du hattest deine Chance. Jetzt werden wir tun, was ich will.«
    Ich bog den Kopf zurück, damit er mir nicht aus Versehen die Kehle durchschnitt, und blickte wieder zu Erickson hinab. Er hatte sich nicht gerührt, sondern stand noch immer wie versteinert am Ufer des Sees, und doch spürte ich, daß sich etwas geändert hatte. Die Präsenz des Bösen wuchs.
    »Dann warte wenigstens noch einen Moment«, sagte ich.
    »Vielleicht kann ich ihn ablenken.«
    »Ablenken?« wiederholte Setchatuatuan mißtrauisch.
    »Er vertraut mir«, sagte ich hastig. »Weil er denkt, daß ich ihm noch immer glaube. Wenn ihr sie von hier oben aus angreift, können sie vielleicht fliehen.« Setchatuatuan überlegte einen Moment und senkte dann fast widerwillig das Messer.
    »Gut«, sagte er. »Dann geh. Aber wenn du uns verrätst, wirst du der erste sein, der stirbt.«
    Ich
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