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Der Rote Sarg

Der Rote Sarg

Titel: Der Rote Sarg
Autoren: Sam Eastland
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erzählen können …«
    »Dieser ›Laufbursche‹, wie Sie ihn nennen, ist Major der Inneren Sicherheit.«
    »Selbst NKWD-Offiziere können Laufburschen sein, Inspektor, wenn deren Vorgesetzte das Land leiten. Ich hätte Ihrem Major sagen können, was ich jetzt Ihnen sage – dass es nämlich keine Sicherheitslücke gibt.«
    »Die Waffe, die Sie T-34 nennen, ist unseren Feinden bekannt«, sagte Pekkala. »Diese Tatsache können Sie nicht bestreiten.«
    »Natürlich ist sie bekannt. Man kann keine dreißig Tonnen schwere Maschine entwickeln, sie bauen, im Feld testen und dann erwarten, dass sie unsichtbar bleibt. Aber davon rede ich nicht. Das Geheimnis liegt darin, wozu sie fähig ist. Ich gebe zu, einige Mitarbeiter meiner Entwicklungsmannschaft könnten Ihnen Teile dieses Puzzles verraten, aber es gibt nur eine Person, der das gesamte Potenzial bekannt ist.« Nagorski lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. Schweiß lief ihm über das glänzende Gesicht. »Und das bin ich, Inspektor Pekkala.«
    »Etwas verstehe ich nicht«, sagte Pekkala. »Was ist so besonders an Ihrer Entwicklung? Haben wir nicht schon Panzer?«
    Nagorski stieß ein Lachen aus. »Gewiss! Da gibt es den T-26.« Er öffnete eine Hand, als würde ein Miniaturpanzer auf seiner Handfläche sitzen. »Aber er ist zu langsam.« Die Hand schloss sich zur Faust. »Dann gibt es die BT-Serie.« Die andere Hand öffnete sich. »Aber die ist zu schwach gepanzert. Genauso gut könnten Sie mich fragen, warum wir überhaupt noch Waffen bauen, wenn doch überall genügend Steine herumliegen, mit denen wir auf unsere Gegner werfen könnten.«
    »Sie klingen sehr von sich eingenommen, Genosse Nagorski.«
    »Ich bin sehr von mir eingenommen. Mehr als das!«, bellte Nagorski ihm ins Gesicht. »Ich bin von mir absolut überzeugt, und nicht nur, weil ich den T-34 erfunden habe. Sondern weil ich Panzern in der Schlacht gegenübergestanden habe. Erst wenn man erfahren hat, wie sie auf einen zukommen, und man weiß, dass man ihnen hilflos ausgeliefert ist und sie nicht aufhalten kann, dann versteht man, warum Panzer nicht nur eine Schlacht, sondern den ganzen Krieg gewinnen können.«
    »Wann haben Sie Panzern gegenübergestanden?«, fragte Pekkala.
    »Im Krieg, den wir gegen Deutschland geführt haben, und möge uns der Himmel beistehen, wenn wir einen weiteren führen müssen. Bei Ausbruch des Krieges im Sommer 1914 war ich in Lyon, dort habe ich am französischen Grand Prix teilgenommen. Rennwagen waren damals meine große Leidenschaft, mein Leben. Ich habe das Rennen gewonnen, müssen Sie wissen, das einzige Autorennen, aus dem unser Land jemals als Sieger hervorgegangen ist. Es war der glücklichste Tag in meinem Leben, und er hätte vollkommen sein können, wäre nicht mein Chefmechaniker von einem anderen Wagen, der von der Strecke abgekommen ist, erfasst worden.«
    »Er wurde getötet?«, fragte Pekkala.
    »Nein«, erwiderte Nagorski, »aber schwer verletzt. Sie sehen, der Automobilrennsport ist eine gefährliche Angelegenheit, Inspektor, auch wenn Sie nicht hinter dem Steuer sitzen.«
    »Wann haben die angefangen, sich für solche Maschinen zu interessieren?«
    Nagorski begann sich sichtlich zu entspannen. »Mein erstes Automobil bekam ich 1907 zu Gesicht. Einen Rolls-Royce Silver Ghost, den der Großherzog Michail nach Russland gebracht hat. Mein Vater und er gingen jedes Jahr zusammen auf die Jagd, nach Gänsesäger in den Pripjet-Sümpfen. Als der Großherzog einmal mit seinem Wagen vor unserem Haus anhielt, fragte ihn mein Vater, ob er nicht einen Blick auf den inneren Mechanismus werfen könnte.« Nagorski lachte. »So hat er das genannt: den inneren Mechanismus. Als wäre es so was wie eine Standuhr. Als der Großherzog die Motorhaube öffnete, veränderte sich mein Leben von einer Sekunde auf die andere. Mein Vater starrte darauf. Für ihn war das alles nur eine verwirrende Ansammlung von Metallröhren und Schrauben. Für mich aber ergab alles einen Sinn. Es war, als hätte ich alles schon mal gesehen. Besser kann ich es nicht erklären. Aber ich wusste, dass solche Motoren meine Zukunft waren. Es dauerte nicht lange, bis ich selbst einen baute. Im Lauf der nächsten zehn Jahre gewann ich mehr als zwanzig Rennen. Wäre der Krieg nicht dazwischengekommen, würde ich das immer noch machen. Aber das kann ja jeder von sich behaupten, nicht wahr, Inspektor? Wäre der Krieg nicht dazwischengekommen …«
    »Wie ist es Ihnen im Krieg ergangen?«,
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