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Der Ripper - Roman

Der Ripper - Roman

Titel: Der Ripper - Roman
Autoren: Heyne
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an mich.«
    Und so machten wir es. Das Mondlicht war hell genug, dass Jesse die schmalen Felskämme erkennen konnte. Zumindest meistens. Sie rief »Vorsicht«, bevor Saber eine Steigung erklomm oder über eine Bodenrinne sprang.
Dann beugten wir uns vor und überstanden es mit heiler Haut. Doch manchmal kam es trotzdem überraschend.
    Auf dem Weg durch das Tal machte Saber insgesamt acht unerwartete Sprünge oder trabte ruckartig in der Dunkelheit verborgene Abhänge hinauf, und ich wurde jedes Mal gegen das Seil geschleudert und hatte es allein Jesse zu verdanken, dass ich nicht vom Pferd fiel.
    Jesse schrie nur selten auf, aber es war offensichtlich, dass sie schreckliche Schmerzen litt.
    Als wir endlich aus dem Tal herauskamen und anhielten, bevor wir uns an den Abstieg den Berg hinunter machten, hatte das Seil meinen Rücken so aufgescheuert, dass er fast so schlimm schmerzte wie die Schussverletzungen. Blut rann mir über die Haut. Und ich wusste genau, dass Jesses Brust unmöglich in einem besseren Zustand als mein Rücken sein konnte.
    Ich lehnte mich an sie. Sie beugte sich zitternd über den Sattelknauf.
    »Es tut mir so leid«, keuchte ich.
    Ich sehnte mich danach, die Arme um sie legen zu können, und dann tat ich es, obwohl mir der Schmerz fast die Sinne raubte.
    Ich ertastete warmes, klebriges Blut.
    »Oh, Jesse«, murmelte ich.
    Sie richtete sich ein Stück auf. Ihre zitternden Hände fanden die meinen und drückten sie an ihren Körper. Sie schniefte.
    So verharrten wir lange Zeit. Im Osten wurde der Horizont heller und kündete das kommende Tageslicht an.
    Schließlich schob Jesse meine Hände vorsichtig zurück.
    »Bereit?«, fragte sie.

    »Ja. Lass es langsam angehen.«
    Sie schnalzte mit der Zunge, und Saber schritt den steilen, schmalen Pfad hinunter, der vor uns in die Tiefe führte.
    Als wir den Berg hinabritten, ging die Sonne auf und verbreitete ihr rosiges Licht über die Wüste. Es war ein erhebender Anblick.
    Der Morgen war wunderschön und friedlich. So wund und steif ich auch war, fühlte ich mich dennoch gut. Ein neuer Tag war angebrochen, ein Tag an Jesses Seite. Und dann war da noch die Gewissheit, dass meine Jagd auf Whittle ihr Ende gefunden hatte.
    Jack the Ripper würde keiner Menschenseele mehr etwas zuleide tun.
    Natürlich würde ich nach unserer Genesung um Jesses Hand anhalten. Und sie würde bestimmt akzeptieren. Vielleicht würde sie bei der Zeremonie sogar ein Kleid tragen.
    Wir waren nur ein kurzes Stück vom Fuß des Berges entfernt, als Saber ein erschrockenes Wiehern ausstieß und sich auf die Hinterbeine stellte. Ich weiß bis heute nicht, was ihn so erschreckt hatte. Ich stürzte nach hinten, bis das Seil mich aufhielt. Jesse schrie auf. Obwohl der Ruck so heftig war, dass ich fürchtete, ihr Rückgrat könnte brechen, hielt sie sich im Sattel. Saber wich, auf den Hinterbeinen tänzelnd, immer weiter zurück, geriet ins Stolpern und kam an den Rand des schmalen Bergpfades. Seine Vorderbeine traten ins Leere, und mit einem schrillen Wiehern stürzte er ab.
    »Nein!«, schrie Jesse.
    Sie warf sich zur Seite und katapultierte uns beide von Sabers Rücken, zweifellos in der Hoffnung, dass wir auf dem Pfad landeten.

    Aber es reichte nicht. Wir schlugen auf dem Rand auf und rollen kopfüber den steilen Abhang hinunter. Durch die Fesseln prallten wir ständig gegeneinander. Mein Gewicht schmetterte Jesse gegen den Felsen. Ihr Hinterkopf hämmerte in mein Gesicht. Wir drehten uns um die eigene Achse.
    Und dann stürzten wir von einem Felskamm.
    Ich lag über Jesse, als wir senkrecht in die Tiefe fielen. Verzweifelt versuchte ich mich zu drehen, so dass ich als Erster aufprallen würde. Doch ich schaffte es nicht. Wir krachten auf die Erde, und Jesses Körper rettete mich vor der Hauptwucht des Aufschlags. Ich schlug mit dem Gesicht gegen ihren Hinterkopf. Dann wurde es dunkel.
    Als ich das Bewusstsein wiedererlangte, fand ich mich auf Jesses Rücken liegend wieder. Ich hob meinen dröhnenden Kopf. Ein paar von Jesses Locken hoben sich mit ihm, denn sie waren mit Blut an meiner Haut festgeklebt. Als ich mich umsah, rissen sie ab.
    Wir waren am Fuß des Berges gelandet. Saber lag in der Nähe, tot, und ein Bussard nagte an seinen Innereien.
    War Jesse auch tot?
    Ich rief mit rauer Stimme nach ihr. Sie rührte sich nicht.
    Meine Arme lagen unter ihrem Körper begraben, die eine Hand drückte flach gegen ihren Bauch, die andere befand sich ein Stück höher. Mit ihr ertastete
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