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Der Ripper - Roman

Der Ripper - Roman

Titel: Der Ripper - Roman
Autoren: Heyne
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sehen.«
    »Du siehst … einfach großartig aus.«
    »Es ist mächtig unbequem und schränkt die Bewegungsfreiheit ein. Ich habe es nur angezogen, weil man dich angeschossen hat. Du wirst mich nicht wieder in einem solchen Fetzen erblicken, bevor du dir deine nächste Kugel einfängst.«
    Sie steckte die Fackel in eine Felsspalte, humpelte zu mir herüber und setzte sich. »Wie geht es dir?«, fragte sie.
    »Schätze, ich werde es überleben.« Ich räusperte mich. »Wenigstens hat Whittle dich nicht erwischt«, fügte ich mit bebender Stimme hinzu.

    Jesse sah mich an. »Er wird nie wieder jemanden töten, Trevor. Du und ich, wir haben dafür gesorgt.« Sie strich mir über die Wange. »Du hast ihn an der richtigen Stelle erwischt, Partner.«
    »Du warst auch nicht schlecht«, erwiderte ich. »Für ein totes Mädchen.«
    Jesse lächelte schief. »Wir sollten hier schnell abhauen«, sagte sie dann. »Das helle Mondlicht wird uns den Weg aus den Bergen weisen.«
    »Ist das Pferd noch da?«
    »Ja. Ich habe ihm Wasser gegeben. Es ist ein bisschen scheu, wegen des Gestanks und den umherschleichenden Kojoten. Aber es ist noch nicht weggelaufen. Wir sollten noch eine Kleinigkeit essen, bevor wir aufbrechen.«
    Und so aßen wir hartes Brot und Trockenfleisch, das Jesse draußen in einer Satteltasche gefunden hatte, und spülten es mit Wasser hinunter. Nach dem Essen drehte Jesse Zigaretten, und wir rauchten in Ruhe.
    »Wir sollten los«, sagte sie schließlich. Sie warf sich die Satteltaschen über eine Schulter, hängte sich die Feldflasche über die andere und kämpfte sich auf die Knie. »Kannst du laufen?«
    »Du bist diejenige mit dem durchschossenen Bein.«
    »Ich werde schon durchhalten, wenn du es auch schaffst.«
    Doch keiner meiner Arme funktionierte so wie ich wollte. Jede Bewegung löste schreckliche Schmerzen aus. Jesse musste mir beim Aufstehen helfen, da ich mich kaum bewegen konnte. Sie stellte sich vor mich, packte mich unter den Achselhöhlen und hievte mich hoch.
    Als ich in die Höhe kam, wurde mir sofort schwindelig, und ich wäre gefallen, hätte sie mich nicht festgehalten.

    Erst nach einiger Zeit konnte ich allein auf den Füßen stehen.
    »Ich brauche meine Colts«, sagte ich.
    »Willst du heute noch jemanden erschießen?«, fragte sie, humpelte jedoch sofort los, um sie vom Boden aufzuheben. Beide Male, als sie sich bückte, verzog sie das Gesicht, und ich fühlte mich schlecht, weil ich sie darum gebeten hatte. Doch ich brauchte meine Waffen.
    Jesse kam zurück; der Schmerz hatte ihr den Schweiß auf die Stirn getrieben. Sie schob die Colts in die Holster, dann trat sie ein paar Schritte zurück.
    »Wir sollten los«, sagte sie.
    Ich machte ein paar vorsichtige Gehversuche, die Jesse kritisch verfolgte, dann holte sie die Fackel, die sie schon bei ihrem früheren Abstecher nach draußen mitgenommen hatte. Sie hielt sie in die Höhe und führte uns zum Ausgang.
    Dort blieb ich stehen und warf noch einen schnellen Blick zurück auf die Ansammlung der Schrecken, die verstümmelten Leichen, die auf Stangen steckenden Skalps, Whittles Leiche, und schließlich auf die tote Sarah. Ich hasste es, sie an einem solchen Ort zurücklassen zu müssen. Doch wir konnten sie nicht mitnehmen.
    Wenn ich eins gelernt hatte, dann die Tatsache, dass die Toten keine Hilfe brauchen. Sie bedürfen unserer Trauer und wollen oftmals auch gerächt werden, aber das war es dann auch schon. Es sind die Lebenden, die zählen.
    Und so wandte ich mich ab und folgte Jesse nach draußen.

55
    Der Weg aus den Bergen
    Die Kojoten huschten lautlos davon, als wir ins Mondlicht traten. Jesse warf die Fackel beiseite. Sie landete neben einer kopflosen Leiche und warf ihr Licht auf das schreckliche Werk Whittles und der anderen Aasfresser.
    Wir humpelten weiter und erreichten das angebundene Pferd. Jesse tätschelte ihm den Hals und sprach beruhigend auf es ein.
    War das General Forrests Hengst Saber? Vermutlich.
    Plötzlich schrumpften die vielen Meilen und Monate zwischen dem Morgen in der Nähe von Coney Island und dieser Nacht irgendwo im Arizona-Territorium zu einem Nichts zusammen. Es war nicht zu verleugnen, das damals war ich gewesen. Es hätte gestern sein können, als Sarah und ich den leeren Stall betraten und feststellten, dass Saber verschwunden war.
    Alles kam mir wie gestern vor. Und während Jesse Saber die Satteltaschen überwarf, verlor ich die Beherrschung. Ich schluchzte wie ein Kind. Ich weinte um Sarah. Um McSween.
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