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Der Richter aus Paris - Eine fast wahre Geschichte

Der Richter aus Paris - Eine fast wahre Geschichte

Titel: Der Richter aus Paris - Eine fast wahre Geschichte
Autoren: Ulrich Wickert
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gefahren haben könnten. Eine vorsichtige Durchsuchung der Habitation von LaBrousse habe nichts ergeben. Der Plantagenbetrieb laufe unter der Obhut des Vorarbeiters wie geschmiert weiter. Das Gleiche gelte für die Plantage von Gilles Maurel.
    »In der Karibik findet jeder schnell ein Boot, oder - besonders auf kleinen Inseln - ein Privatflugzeug, mit dem man verschwinden kann«, sagte Cesaire fast ein wenig verzweifelt. »Ich schlage vor, wir gehen alle ins Bett. Morgen früh gegen elf haben wir unseren Rundruf gestartet. Vielleicht wissen wir dann
    mehr.«
    Als sich Cesaire von den Besuchern aus Paris an dem Polizeiwagen verabschiedete, der sie zum Hotel Imperial fahren sollte, nahm er Jacques für einen Moment beiseite, lachte wieder fröhlich, schlug ihm auf die Schulter und flüsterte ihm ins Ohr: »Loulou mit seinem Fotoapparat ist übrigens auch abgetaucht. Entweder gehörte er doch zu der Bande von LaBrousse, oder er ist mit Amadee unterwegs.«
    Jacques hörte das Lachen des Kreolen, bis die Autotür zugefallen war, und ärgerte sich. Und als Mahon ihn anschaute, schüttelte er nur missmutig den Kopf und knurrte bissig vor sich hin.
    Auf den Straßen waren noch viele Menschen unterwegs, sie lärmten und lachten und freuten sich ganz offensichtlich ihres Lebens. Wäre Jacques allein gewesen, hätte er sich jetzt an einen Tisch unter den Palmen gesetzt und erst mal ein Bier getrunken, zum Entspannen.
    Als Untersuchungsrichter interessierte er sich nicht mehr für LaBrousse. Ihn zu finden war Aufgabe der Polizei, ihn anzuklagen die der Staatsanwaltschaft, ihn zu verurteilen die des Geschworenengerichts. Als Untersuchungsrichter hatte Jacques seine Aufgabe erfüllt, die Tatsachen lagen auf dem Tisch.
    Jacques' offener Fall hieß Amadee.
    Wahrscheinlich glaubte selbst Kommissar Cesaire nicht, dass LaBrousse sie entführt hatte. Er hatte Jacques mit seiner Andeutung nur provozieren wollen.
    Nachdem der Laborbefund gestern Nachmittag Klarheit geschaffen und Jacques mit dem Kommissar entschieden hatte, so schnell wie möglich mit einem Sonderkommando nach Martinique zu fliegen, um LaBrousse als Mörder des Generals festzunehmen, war Martine losgeeilt, um über Pere Dumas von der karibischen Gemeinde in Paris erneut den Kontakt zu Amadee auf Martinique aufzunehmen. Per E-Mail bat Pere
    Dumas noch einmal seinen Amtsbruder, den Pater in Bässe-Pointe, er möge Amadee mitteilen, sie könne ihren Unterschlupf verlassen. Jacques sei auf dem Weg nach Fort-de-France, wo er ab Samstagabend wieder im Hotel Imperial übernachten würde. Dort möge Amadee diskret eine Nachricht hinterlassen, wie er sie erreichen könne.
    Das Hotel Imperial wirkte wie verwandelt. Das Personal am Empfang war zuvorkommend, aus der Bar erklang wohltemperierte karibische Musik und obwohl es schon bald Mitternacht war, herrschte im Restaurant noch reges Treiben.
    »Hunger?« Jacques blickte Kommissar Mahon an.
    »Nein. Vielleicht noch ein Bier?«
    »Ja, aber erst duschen.«
    Kaum hatte Jacques sich eingeseift, klopfte jemand an seine Zimmertür. Doch ehe er sich abgeduscht und in ein Handtuch gehüllt hatte, war niemand mehr da, auf dem Boden aber lag ein Briefumschlag, der offensichtlich unter der Tür durchgeschoben worden war. Er riss ihn auf und fand darin den Vordruck einer Telefongesellschaft, den er fast achtlos weggeworfen hätte. Erst als er genauer hinschaute, erkannte er den Hinweis auf eine neu eingerichtete Telefonnummer der Habitation Alize. Am liebsten hätte er sofort Amadee angerufen, ihre Stimme gehört, ihr gesagt, dass er sie sehen müsse. Hellwach überlegte er, ob er die Nummer wählen sollte. Aber er wusste ja, dass im Hotel die Gefahr bestünde, abgehört zu werden.
    Nach zwei Schlucken kühlen Bieres schaute Jacques seinen Freund Kommissar Mahon an, zögerte kurz und beschloss, offen mit ihm zu reden.
    »Jean, ich schlage vor, dass wir morgen zweigleisig arbeiten. Du verfolgst die Spur von LaBrousse. Dafür brauchst du mich
    nicht, weil ich von dieser Art Arbeit wenig verstehe. Ich würde stattdessen der anderen Merkwürdigkeit nachgehen, die sich aus dem Bericht des Polizeilabors ergibt.«
    Die Bar hatte sich langsam geleert. Der Keeper drehte die karibische Musik leise und begann, hinter der Theke aufzuräumen. Kommissar Mahon trank aus seinem Bierglas und dachte offensichtlich nach. Er nahm mit drei Fingern ein paar Erdnüsse, steckte sie in den Mund, und während er kaute, schien er eine Antwort zu formulieren.
    »Gut.
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