Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Rabbi schoss am Donnerstag

Der Rabbi schoss am Donnerstag

Titel: Der Rabbi schoss am Donnerstag
Autoren: Harry Kemelman
Vom Netzwerk:
Antisemit. Der einzige Unterschied ist, dass der mit Frau und Kindern seine Familie auch noch damit ansteckt. Aber jetzt geht es um die Verkehrsampeln.»
    «Vielleicht könnte ich diesen Jordon mal aufsuchen», schlug der Rabbi vor.
    «Nein! Jordon, den übernehme ich, und das ist ein Befehl!»
    Bei diesem Kommandoton errötete der Rabbi, und Miriam schlug vor mitfühlender Verlegenheit die Augen nieder. Maltzman, der das bemerkte, versuchte sofort einzulenken. «Ich meine nur, um mit einem Mann wie Jordon fertigzuwerden, muss man ein Mann sein wie ich. Das heißt, da es sich um eine politische Angelegenheit handelt, braucht man politische Erfahrung dazu. Außerdem bin ich Vorsitzender der Synagoge, und darum ist das mein Baby.»
    Als Maltzman fort war, sagte Miriam: «Ich glaube, David, der mag dich nicht.»
    «Meinst du? Meinst du wirklich, er kann mich nicht leiden?»
    Sie nickte.
    «Aber er war doch ganz freundlich.» Er errötete wieder und lächelte. «Das heißt, bis zum Schluss, als er mir diesen Befehl geben wollte. Aber das war wohl nur so eine Redensart von ihm. Ich glaube kaum, dass er es ernst gemeint hat.»
    «O ja, respektvoll war er – so, wie alle Army-Offiziere respektvoll waren, wenn sie mit den Feldkaplanen sprachen. Er hält sich für einen richtig männlichen Mann. Du bist Gelehrter, davon versteht er nichts, und deshalb ist er dir gegenüber misstrauisch – und feindselig.»
    «Nun ja, das ist nichts Ungewöhnliches – diese Feindseligkeit, meine ich», entgegnete er philosophisch. «Die bin ich von den früheren Vorsitzenden gewöhnt und auch von anderen Gemeindemitgliedern. Ärzten, Anwälten, erfolgreichen Geschäftsleuten. Wahrscheinlich fragen die sich, warum ein Mann überhaupt Rabbi wird. ‹Ist das ein Job für einen jüdischen Jungen?›» Er lachte. «Und vielleicht haben sie Recht damit.»
    «Er könnte dir Schwierigkeiten machen», stellte sie fest.
    «Natürlich kann er das. Das haben andere Vorsitzende auch schon getan. Vom ersten Jahr an. Aber das ist jetzt zwölf Jahre her, und ich bin immer noch hier.»
    «Aber diesmal ist es anders, David.»
    «Warum anders?»
    «Weil es jetzt neue Regeln gibt. Der Vorstand besteht nur noch aus fünfzehn Mitgliedern. Das ist wie ein Verwaltungsrat. Acht Stimmen genügen, um dich auszuschalten, und das geht einfach so.» Sie schnippte mit den Fingern. «Weil du nur einen Einjahresvertrag hast.»
    «Aber so habe ich es selbst gewollt», antwortete er stur. «Ich möchte auf keinen Fall länger bleiben, als ich erwünscht bin.»
    «Ich weiß, und ich verstehe dich, aber das macht das Vorausplanen ziemlich schwer.»

3
    Tief in seinen Lehnsessel hineingerutscht, das eine lange Bein in den weißen Jeans über das andere geschlagen, einen abgelatschten Turnschuh lässig auf dem großen Zeh seines knochigen Fußes balancierend, las Ellsworth Jordon voller Genugtuung noch einmal den Bericht der Lokalzeitung über die Magistratssitzung.
    «Aber werde ich es durchsetzen können?», fragte er in das leere Zimmer hinein. «Oder werden sie bei der nächsten Sitzung darüber abstimmen? Vielleicht kriege ich Al Megrim dazu, dass er die Stellung hält. Wenn ich ihn das nächste Mal im Club erwische, werde ich mit ihm sprechen. Aber das ist schließlich nur eine Stimme.» Er warf die Zeitung zu Boden und stützte die Fingerkuppen der beiden Hände gegeneinander. «Überlegen wir mal: Da ist Sturgis, der stimmt gegen nahezu alles, was die Stadt Geld kostet. Genauso, wie Blair und Mitchener dafür stimmen werden», setzte er verärgert hinzu. Er stand auf und begann auf und ab zu gehen. «Bleibt also Cunningham. Der könnte den Ausschlag geben.» Er nahm vor einem Wandspiegel Aufstellung. «Der ist das Zünglein an der Waage. Das ist dir doch klar, oder? Na also.» Zufrieden darüber, dass er sein Spiegelbild überzeugt hatte, nahm er seine Wanderung wieder auf. «Was wissen wir über Cunningham? Er hat sich zur Ruhe gesetzt, aber gelegentlich bekommt er noch mal einen Auftrag als Agent für die Steerite Boat Company von Long Island. Und der Präsident dieser Firma war im letzten Sommer hier und ganz wild darauf, mein Grundstück auf dem Point zu kaufen.» Wieder blieb er vor dem Spiegel stehen und musterte sein Abbild durchdringend. «Wie wär’s, wenn ich nach New York fahren, ganz zufällig bei ihm vorbeischauen und beiläufig erwähnen würde, ich wäre vielleicht bereit, ihm das Grundstück zu verkaufen, wenn ich mich nicht so sehr über seinen Mr.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher