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Der Rabbi schoss am Donnerstag

Der Rabbi schoss am Donnerstag

Titel: Der Rabbi schoss am Donnerstag
Autoren: Harry Kemelman
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Bewegung wurde gegründet und ausgebaut, um der amerikanischen Herausforderung zu begegnen. Wann immer es nötig war, wurden Änderungen vorgenommen. Aber auch nur , wenn sie nötig waren.»
    Der Rabbi hielt inne; als Maltzman jedoch nichts erwiderte, fuhr er mit erhobener Stimme fort: «Sie wollen Teil des minjen sein dürfen? Warum? Der minjen ist eine Voraussetzung für das allgemeine Gebet. Er erfordert ein Minimum von zehn erwachsenen Männern. Wenn andere daran teilnehmen wollen, Männer oder Frauen, sind sie herzlich willkommen. Aber wir bringen jeden Morgen gerade eben zehn Männer zusammen, und das auch nur dank Kaplan und seiner orthodoxen Gruppe. Ganz gleich, was ich oder der Vorstand beschließen, wenn die keine zehn erwachsenen Männer sehen, erkennen sie den minjen nicht an und nehmen nicht am Gottesdienst teil.
    Und was die Ehre betrifft, zum Vorbeten ausgewählt zu werden, nun, es ist eben ganz genau das: eine Ehre. Bei jedem Gottesdienst werden nur einige Männer aufgerufen. Bedeutet das etwa, dass die anderen Gemeindemitglieder diskriminiert werden? Es handelt sich doch wirklich mehr um eine gesellschaftliche als um eine religiöse Ehrung, und es gibt Leute, die in ihrem ganzen Leben nicht zum Vorbeten aufgerufen worden sind.»
    «Und wenn die Gemeinde dafür stimmt?», fragte ihn Maltzman.
    «Ah, das ist etwas anderes. Wenn eine beträchtliche Mehrheit der Gemeinde danach verlangt, so ist das ein Zeichen dafür, dass in der Gemeinschaft eine tief greifende soziologische Veränderung stattgefunden hat und dass diese Entscheidung der Ausdruck dafür ist.»
    Unsicher blickte Maltzman vom Rabbi zu dessen Frau. «Was meinen Sie denn dazu, Mrs. Small?»
    Miriam lachte. «Ehrlich gesagt, Mr. Maltzman, es hat oft genug ganz scheußlich kalte, verschneite Wintertage gegeben, an denen David in aller Frühe aufstehen und zur Synagoge gehen musste, damit ein minjen gewährleistet war. Ich weiß noch genau, wie glücklich ich mich tiefer ins Bett gekuschelt und Gott dafür gedankt habe, dass ich keine solchen Verpflichtungen hatte.»
    Maltzman grinste. «Kann ich mir vorstellen. Na schön, Rabbi, ich werde den anderen Ihren Standpunkt darlegen.» Sein Grinsen wurde breiter. «Und den Ihren, Mrs. Small. Damit ist die Sache zwar noch nicht abgeschlossen …»
    «Ich weiß», fiel ihm der Rabbi ins Wort. «In meinem Terminkalender ist ein Treffen mit einer Abordnung der Schwesternschaft eingetragen.» Er wandte sich an Miriam. «Vielleicht möchte Mr. Maltzman jetzt eine Tasse Tee. Ich jedenfalls hätte jetzt gern eine.»
    Sofort verließ Miriam das Zimmer, und Maltzman sagte: «Wissen Sie, Rabbi, ich bin da anderer Meinung. Ich kann Ihnen in dieser Angelegenheit gar nicht zustimmen. Bei anderen Gemeinden, sogar bei Konservativen Gemeinden, nehmen Frauen aktiv am Gottesdienst teil. Die haben auch Rabbis, also muss es doch irgendwelche Argumente dafür geben, rabbinische Argumente, meine ich.»
    «Es kommt eben darauf an, auf was man das Hauptgewicht legt», gab Rabbi Small liebenswürdig zu.
    «Nun ja, für mich liegt das Hauptgewicht auf der Mitgliederzahl», entgegnete Maltzman. «Ich sehe hier in der Stadt viele von unseren Leuten, die keine Mitglieder der Synagoge sind. Und dies könnte nun gerade der Trick sein, mit dem wir sie ködern.»
    «Würden wir mehr Mitglieder dazubekommen als orthodoxe verlieren?», fragte der Rabbi.
    «Eine gute Frage», erwiderte Maltzman.
    Miriam kam mit dem Tee. Als sie Maltzman seine Tasse reichte, fragte sie ihn: «Haben Sie schon gehört, was gestern auf der Magistratssitzung vorgefallen ist? Hat man es Ihnen berichtet?»
    Er lauschte aufmerksam, als der Rabbi von Lanigans Besuch erzählte.
    «Verdammt dieser Scheißkerl, dieser gemeine, antisemitische Scheißkerl – o Verzeihung, Mrs. Small, aber …»
    «Meinen Sie Megrim, das Magistratsmitglied?», erkundigte sich Rabbi Small.
    «Nein, nein, Megrim ist schon in Ordnung. Ich meinte diesen Ellsworth Jordon.»
    «Warum sagen Sie, er sei Antisemit?», fragte der Rabbi.
    Maltzmans Miene war wütend. «Was für einen anderen Grund hätte er denn, gegen die Verkehrsampeln zu opponieren? Er ist dagegen, weil wir dafür sind. Ich will Ihnen was sagen über Jordon, Rabbi. Er besitzt Grundstücke in der ganzen Stadt, und ich bin Immobilienmakler, also habe ich einen gewissen Kontakt mit ihm. Aber kein einziges Mal habe ich einen Abschluss mit ihm machen können. Die Grundstücke laufen unter verschiedenen Firmennamen: Jordon Realty,
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