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Der Q-Faktor

Der Q-Faktor

Titel: Der Q-Faktor
Autoren: Suzette Haden Elgin
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nicht auf einem Planeten mit Namen Gartenwicke oder Jelängerjelieber leben! Iris ist schon schlimm genug, meint Patrick, und man kann diesen Blumenspleen auch zu weit treiben, besonders wenn er zur Tradition geworden ist; alle elf Siedlungen auf Iris sind so oder so nach Blumen benannt. Patrick findet es ekelhaft und plädiert dafür, Chrysanthemenbrück auf einen Fisch oder etwas anderes umzutaufen, und das wäre gar nicht so übel. Aber das halte ich für unwahrscheinlich, weil man sich an Namen ziemlich gewöhnt, und unsere Ansiedlung hat schon immer Chrysanthemenbrück geheißen.
    Unsere Wohnkuppeln sind herrlich, für meinen Geschmack. Ich war allerdings noch nie weiter fort als bis zur nächsten Ansiedlung und habe also nicht viele Vergleichsmöglichkeiten, aber ich habe eine Menge Bilder und Dreidims angeschaut und finde, daß Chrysanthemenbrück sich sehen lassen kann. Im Mittelpunkt ist das Aschram mit dem Altar, aber davon berichte ich später. Darum herum schlingt sich wie ein Ring unser Gemeinschaftsraum, und an die Türen sind in Augenhöhe zur dauernden Erinnerung unsere Mantras gemalt. (Das erste lautet: EGOISTISCH SEIN HEISST ANDEREN SCHADEN , UND ANDEREN ZU SCHADEN IST VERBOTEN . Das Zweite lautet: D IE SICHTBARE M ANIFESTATION DER L IEBE IST STRAHLEN . Das dritte lautet: NUR L IEBENDGÜTE IST HIER ERLAUBT . Und das vierte: E S GIBT KEINE STRENGERE D ISZIPLIN ALS F REUDE .)
    Als Anne-Charlotte ihr Baby bekam, hat sie unter dem zweiten Mantra gelegen und keinen Moment aufgehört zu lächeln, so haben sie mir erzählt. Was wird sie jetzt tun, wo sie ihr das Baby weggenommen haben? Der Vater des Babys starb noch vor der Geburt, und Anne-Charlotte versprach ihm, es zu retten, obgleich sie gewußt haben muß, daß sie es nicht schaffen würde. Als sie es holen kamen, vier Födroboter für ein kleines Mädchen von elf Monaten, versuchte Anne-Charlotte, es umzubringen. Ich hörte es, auch wenn sie mich fernhalten wollten; wie sie geschrien hat, sie würde das Baby eher töten, als es ihnen für die Hölle zu überantworten, für die sie es bestimmt hatten. Sie hob das Baby über den Kopf und wollte es gegen die Wand schmettern, aber Patrick trat schnell dazwischen und nahm ihr das Baby ab, ehe sie ihm etwas zuleide tun konnte. Er übergab es dem hochgewachsenen Mann, der die Födrobots begleitet hatte, und sie verschwanden, während in mir noch immer Anne-Charlottes Schreie nachhallten.
    Aber ich wollte ja von Chrysanthemenbrück sprechen. An acht Punkten des runden Gemeinschafts raums sind Türen, die zu den einzelnen Wohnkuppeln führen. Sie bestehen alle aus dem blaßgelben Ton von Iris, und von der Luft aus sieht unsere Ansiedlung wie eine achtblättrige Blüte aus. Patrick sagte, das sei reiner Zufall, weil es für eine Makluniten-Traube die praktischste Bauweise sei; sonst wäre es einfach zu ›niedlich‹. In sieben unserer acht Kuppeln leben Leute, und wenn eines Tages alle unsere Kinder heiraten, werden wir vielleicht außen einen zweiten Kuppelring anbauen müssen. Oder wir ziehen alle weiter, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, woanders zu wohnen.
    Sie wollten Anne-Charlottes Baby, um eine Kommunipathen-Station der Kette zu bemannen. Deshalb haben sie sie streng ins Gebet genommen. „Das Baby ist ein sehr wertvolles und hochempfindliches Besitztum“, sagten sie, als sei ein menschliches Wesen eine Ware. Patricks Frau legte die Hände über meine Ohren, als der Födroboter das sagte, aber dann mußte sie über sich lachen und nahm die Hände weg. Wie soll ich etwas dazulernen, wenn ich ausgeschlossen werde. So habe ich aber alles mitbekommen. Sie haben Anne-Charlotte des Hochverrats gegen die Menschheit angeklagt, weil es ein sehr schweres Verbrechen ist, ein Baby für sich zurückzubehalten und es nicht registrieren zu lassen, besonders da sie wußte, daß es einen hohen Q-Faktor haben würde.
    Das mit dem Q-Faktor verstehe ich nicht recht, obwohl ich Bescheid wissen sollte; aber irgendwie kann ich mich nicht so recht für Biologie und Lebenswissenschaft und den Kram interessieren. Eigentlich sollte ich besser aufpassen, und vielleicht entschließe ich mich auch bald dazu. Aber jetzt nicht, weil ich viel zu beschäftigt bin, und weil es noch genügend andere Dinge zu lernen gibt.
    Ich weiß aber wenigstens in groben Zügen, wie die se Q-Faktor-Geschichte funktioniert. Jedes Baby, das in den drei bekannten Galaxien geboren wird, muß vom nächstgelegenen Medizincomputer oder Inspektor der
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