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Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Titel: Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde
Autoren: Leif GW Persson
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anfange und Englisch lernen darf, begreife ich nicht, was sie meint. Ich bin jedoch so schlau, zustimmend zu nicken. Ich glaube sogar, dass ich die Lippen zu einem O formte, um sie nachzuahmen. Was es auch immer für eine Rolle spielen mag, was sie meint, da ich in Näw Jorkk wohne, der größten Stadt der Welt mit den höchsten Häusern der Welt, die in Amerika liegt, wo alle Reichen wohnen, denn das hat Papa erzählt.
    Meine Eltern ziehen im Frühjahr 1940 ein. Gleichzeitig besetzen die Deutschen Dänemark und Norwegen. Fünf Jahre vor meiner Geburt. Im Herbst des Vorjahres haben sie übrigens geheiratet. Im selben Monat, in dem der große Krieg ausgebrochen ist, und trotz ihrer neuen schönen Wohnung sind Kinder etwas, was auf eine unsichere Zukunft verschoben wird.
    Gärdet ist kein typischer Arbeiterstadtteil. Die Gegend ist eher für jüngere Verwaltungsbeamte gedacht, die Karriere machen. Dass Papa und Mama dort landen, liegt daran, dass Papa in dem Haus, in das wir einziehen, als Hausmeister arbeitet. Ich bin eines von wenigen Arbeiterkindern im Viertel Näw Jorkk, was für das Zusammensein mit meinen Spielkameraden nicht die geringste Rolle spielt. Auf der anderen Straßenseite wimmelt es im Übrigen förmlich von Arbeiterkindern. Dort wohnen nämlich die Bahnarbeiter und ihre Kinder in großen roten Holzhäusern aus dem 19. Jahrhundert mit Abtritt auf dem Hof, eigenen Kartoffeläckern und Obstgärten mit Apfelbäumen und Johannisbeerbüschen.
    Von Nedre Gärdet Anfang der fünfziger Jahre, von dem Haus, in dem ich wohne, sind es zu Fuß nur drei Kilometer zum Stureplan im Herzen von Stockholm. Trotz der Nähe zum Zentrum der Hauptstadt ist es eher, als würde man auf dem Land wohnen. Norra und Södra Djurgården, Ladugårdsgärdet, Wald, Wiesen, sogar Äcker und grüne Gärten mit Häusern aus dem 19. Jahrhundert, in denen Menschen wohnen, die ihr Wasser von einer Pumpe auf dem Hof holen. Und auf der anderen Straßenseite liegen die Bahn und der Frihamnen.
    Ich wohne ganz am Rand der großen Stadt im Osten und gleichzeitig auf dem Land mit Hasen und Rotwild, Füchsen und den Schafen Seiner Majestät des Königs vor dem Haus, obwohl dieses Haus zum Viertel Näw Jorkk gehört. Und als würde das nicht reichen, wohne ich auch neben einem Abenteuerland, das also einfach auf der anderen Straßenseite liegt, mit Güterzügen und Frachtern aus fernen Ländern.
    Außerdem habe ich eine Unmenge Spielkameraden, die alle in unmittelbarer Nähe wohnen, im selben Alter sind, dieselben Interessen haben und ungefähr so heißen wie ich. Uffe natürlich, das ist mein bester Freund, aber auch Bengan, Berra, Bosse, Kalle, Kenta, Krille, Larsan, Lelle, Robban, Sören und Sune, um nur einige von ihnen zu erwähnen.
    Für einen kleinen Jungen wie mich ist das, als würde er im Gelobten Land aufwachsen, und da unser Herrgott offenbar dieses Mal nicht mit den wichtigen Details geschlampt hat, wohnen Uffe, seine Mama Valborg, die Hausfrau ist, und sein Papa Erik, der Rohre und Heizkessel verkauft, mit mir Wand an Wand in einer Wohnung, die ganz genauso aussieht wie die, in der meine Eltern und ich wohnen. »Leffe und Uffe«, und so bleibt es bis zur höheren Schule. Leffe und Uffe oder vielleicht auch Uffe und Leffe, je nachdem, wer gerade das Wort führt.
    Zu Hause in der Wohnung habe ich ein Dach über dem Kopf, Essen auf dem Tisch und ein Bett zum Schlafen, das immer frisch gemacht ist. Vor der Haustür wartet das Abenteuer in allen Formen, angefangen mit Cowboy-und-Indianer- und Räuber-und-Gendarm-Spielen, Fußball und Näw Jorkks Olympischen Spielen in Leichtathletik. Regnet es, sitzen Uffe und ich im Esszimmer und spielen mit unseren Zinnsoldaten. Oder ich lese ihm aus Donald Duck oder dem Phantom vor.
    Die einzige Wolke am Himmel meiner Kindheit ist, dass Mama oft krank ist und manchmal sagt, dass sie bald sterben wird. Aber dann darf ich Papa zu seiner Arbeit begleiten, und wenn wir nach Hause kommen, geht es Mama meist besser. Fast alle Tage, an die ich mich erinnere, sind gute Tage, genau wie sie einem Sonntagskind zustehen und wie es mir Mama versprochen hat. Und an den schlechten Tagen kann ich mit Papa zusammen sein. Wenn das nichts hilft, kann ich etwas lesen, was mich auf andere Gedanken bringt. Oder ich tue einfach so, als wäre Mama nicht krank, sondern genauso gesund wie Großmutter und als lebte ich genauso wie ein richtiges Sonntagskind im Gelobten Land.

6.

Sonntagsspaziergänge mit Papa
    Sonntagnachmittag,
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