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Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Titel: Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde
Autoren: Leif GW Persson
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1.

Sonntagskind mit Glückshaube
    Das hier ist die Geschichte eines gesellschaftlichen Aufstiegs, meines gesellschaftlichen Aufstiegs. Dieser Aufstieg hat mein ganzes Leben entscheidend geprägt. In großen und kleinen Dingen, bis hin zu Bagatellen.
    Ich heiße Leif Gustav Willy Persson. Ich wurde am 12. März 1945 in der Allgemeinen Entbindungsanstalt in Stockholm mit für das Alter normalem Gewicht und normaler Größe geboren, dreieinhalb Kilo, 53 Zentimeter, fünf Finger an jeder Hand, fünf Zehen an jedem Fuß. Ich wurde für vollkommen gesund erklärt, ich sei bereit, dem Leben zu begegnen.
    Am Tag meiner Geburt überschreiten zwei amerikanische Panzerdivisionen den Rhein. Gemeinsam mit den Engländern haben sie einen zwanzig Kilometer breiten Brückenkopf auf der Ostseite des Flusses etabliert. Gleichzeitig dringt die Rote Armee in die Vorstädte Berlins ein. In Europa kann man nun damit beginnen, die Tage bis zum Ende eines Krieges zu zählen, der fast sechs Jahre gedauert und einen ganzen Kontinent verheert hat. Der deutsche Adler ist flügellahm zu Boden gestürzt, die USA , England und ihr russischer Verbündeter teilen routinemäßig und jeder von seiner Seite die abschließenden Stockhiebe aus, und zwischen diesen Gegebenheiten und dem Zeitpunkt meiner eigenen Geburt besteht ein einfacher Zusammenhang.
    Als ich im März 1945 zur Welt komme, haben meine Eltern fast zehn Jahre lang kinderlos zusammengelebt, aber jetzt, als der Krieg beinahe vorüber ist, werden in Schweden mehr Kinder geboren als je zuvor. Es ist nicht so, dass man sich übermütig einen Vorschuss auf den Frieden genehmigt, von dem alle wissen, dass er bald eine Tatsache sein wird. Im Gegenteil, selbst die Anzahl Neugeborener ist ein Ausdruck dafür, wie die anstellige Arbeiterklasse ihr Leben und nicht zuletzt auch ihren Nachwuchs plant. So war schließlich damals das allgemeine Bewusstsein bei den Politikern Per Albin Hansson und Tage Erlander, bei dem Theoretiker Gustav Möller und dem Ehepaar Myrdal bis hinunter zu denen, die sie gewählt haben wie beispielsweise meine Eltern Margit und Gustav.
    Als ich sieben Jahre später eine Schwester bekomme, erfüllt sich das sozialdemokratische Bevölkerungsideal. Arbeiterfamilie mit zwei Kindern, sowohl einem Sohn als auch einer Tochter, Mama Margit und Papa Gustav, großer Bruder Leif und Schwesterchen Maud.
    Als ich alt genug bin, um zuzuhören und zu verstehen, erzählt mir meine Mutter sofort, dass ich ein Glückskind war. Ich wurde nicht nur an einem Sonntag geboren, sondern auch mit einer Glückshaube. Ich war kein Junge aus der Oberschicht, der mit einem silbernen Löffel im Mund zur Welt gekommen war, sondern etwas viel Besseres, ich war ein Sonntagskind mit einer Glückshaube.
    Den volkstümlichen Vorstellungen gemäß, die das Leben meiner Mutter und vieler Menschen ihres Hintergrundes und ihrer Generation bestimmten, stellte es ein großes Glück dar, an einem Sonntag zur Welt zu kommen. Das war fast so etwas wie eine Garantie für ein sorgenfreies Leben, ein Leben, das aus einer Aneinanderreihung arbeitsfreier Sonntage bestand. Außerdem ein Leben voller Erfolge, wie es allen Knaben gebührt, die sich mit einem Kopf gekrönt mit einer Amnionhaube aus dem Mutterleib zwängen.
    Sobald ich alt genug bin, um lesen zu können, und obwohl ich noch nicht zur Schule gehe – es ist also nicht ganz klar, wie das zugegangen ist –, entschließe ich mich, mehr über die Gnade in Erfahrung zu bringen, die mir zuteilgeworden ist. Zu Hause gibt es keine Bücher, die meine Neugierde stillen könnten, aber da Mama die Wohnung der Witwe eines Konsuls im Nachbarhaus putzt, kann ich es mit Hilfe des »Svensk Uppslagsbok« aus dem Bücherregal in ihrem Wohnzimmer herausfinden.
    Offenbar stimmt, was meine Mutter mir erzählt hat – wie seltsam es auch in meinen Ohren geklungen haben mag –, dass mein Kopf bei meiner Geburt mit einer Amnionhaut überzogen gewesen sei. Diese habe wie eine Haube auf meinem Schädel gesessen, was etwas sehr Ungewöhnliches sei. In früheren Zeiten wurden diese Glückshauben getrocknet und aufgehoben, was nicht verwunderlich war, da sie ihren Trägern die bemerkenswertesten Fähigkeiten verliehen. Man konnte eine Feuersbrunst löschen, indem man einfach um den Ort des Brandes herumging, man bekam das zweite Gesicht, konnte magische Riten durchführen und durch einfaches Handauflegen Blut stillen und Kranke und Verletzte heilen. Am wichtigsten war jedoch, dass der, der
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