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Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Titel: Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde
Autoren: Leif GW Persson
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Weste und Uhrkette, raucht Zigarren, die stinken, und schläft auf einem Klappbett, das Papa aus dem Keller geholt und ins Wohnzimmer gestellt hat. Papa sieht nicht froh aus. Großvater könnte es sich leisten, im Hotel zu wohnen statt zu Hause bei uns, wo er die ganze Wohnung mit seinen Zigarren verpestet und nur im Weg ist.
    Solange Großvater zu Besuch ist, muss Papa auch allein zur Arbeit gehen. Denn Großvater will seinen ältesten Enkel um sich haben, und bei Mama ist es so, dass sie nie krank wird, wenn Großvater bei uns ist. Möglicherweise deswegen, weil er bei uns wohnt und nicht im Hotel. Ich weiß nicht. Ich bin nur fünf Jahre alt, aber so erscheint es mir jedenfalls.
    Tagsüber darf ich Großvater auf seinen Spaziergängen begleiten, und im Unterschied zu Papa gehen wir immer Richtung Stadt, so dass er im Hasselbacken oder Sturehof zu Mittag essen kann. Großvater trinkt Bier und Schnaps zum Essen, obwohl es mitten in der Woche ist, und zum Kaffee bestellt er immer ein großes Glas Arrak. Kaffee, Arrak und eine Zigarre. Großvater seufzt vor Zufriedenheit. Ich esse Fleischbällchen und trinke dazu Milch und nehme Vanilleeis, Schokoladensauce und Schlagsahne zum Dessert. Mir geht es auch nicht schlecht.
    »Wie alt bist du jetzt?«, fragt Großvater.
    »Fünf«, antworte ich. »Fünfeinhalb«, füge ich noch hinzu, da das wichtig ist, wenn man fünf Jahre alt ist.
    Großvater schüttelt bekümmert den Kopf.
    »Es ist bald Zeit, dass du in die Schule kommst«, sagt er. »Was hat so jemand wie du dort eigentlich zu suchen? Lesen kannst du schon. Du rechnest und schreibst wie ein richtiger Mann, und die Uhr lesen kannst du auch. Was hast du also in der Schule zu suchen?«
    Großvater seufzt. Er ist nicht froh. Er macht sich Sorgen um mich, obwohl seine Zigarre brennt und er den ersten Schluck Arrak getrunken hat.
    »Die Schule macht keinen Spaß. Als ich in die Schule gegangen bin, habe ich jeden Tag Prügel von meinem Lehrer bekommen. Er war kein guter Mensch. Ich habe also immer ein zusammengefaltetes Tischtuch in die Hose gesteckt, bevor ich in die Schule gegangen bin. Aber da ist er natürlich draufgekommen. Dann wurde es noch schlimmer. Das waren keine spaßigen zwei Jahre, das kann ich dir sagen.« Großvater seufzt erneut und nickt.
    »Zwei Jahre?«, frage ich. »Mama sagt, dass man sechs Jahre in die Schule geht.«
    »Ja«, sagt Großvater. »So schlimm ist es wohl heutzutage. Aber zu meiner Zeit waren es zwei Jahre, und das war ein Glück, denn sonst weiß ich nicht, wie es geendet hätte. Da hätte ich lieber auf Långholmen eingesessen.«
    Großvater seufzt ein weiteres Mal. Er leert sein Arrakglas. Nickt mir zu. Fischt seine goldene Uhr aus seiner Westentasche.
    »Höchste Zeit, nach Hause zu gehen und ein Mittagsschläfchen zu halten«, meint er.
    Dann nimmt Großvater seine riesige Brieftasche aus der Innentasche. Sie ist aus braunem Leder und wird von einem Lederband zusammengehalten, das an einen normalen Gürtel erinnert. Man kann sie auseinanderziehen und zusammenschieben wie eine Ziehharmonika. Sie hat fünf Fächer für alle Geldscheine von Fünfkronenscheinen bis hin zu richtigen Tausendern. Das hat er mir gezeigt. Großvater ist reich wie ein Bergtroll, sagt Papa, obwohl er als normaler Tischler in dem kleinen Hüttenort, in dem er geboren wurde, angefangen hat. Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass seine Brieftasche genauso dick ist wie er selbst.
    Nachdem Großvater wieder abgereist ist, frage ich Papa, ob das, was Großvater über die Schule erzählt hat, stimme. Dass alle Kinder jeden Tag Prügel kriegen.
    »Großvater ist ein alter Knacker«, sagt Papa. »Er erzählt eine Menge Unsinn.«
    Ich weiß nicht, wem ich glauben soll. Am Tag seiner Abreise schenkt mir Großvater einen Zehnkronenschein, ein Vermögen, das tut er immer. Mama nimmt ihn mir sofort ab, um ihn auf mein Sparbuch einzuzahlen. Aber sobald Großvater und ich alleine sind, zieht er sein großes Portemonnaie aus der Hosentasche und gibt mir eine funkelnde Zweikronenmünze. Großvater blinzelt mir zu und legt den Finger an die Lippen.
    »Das bleibt unter uns«, sagt Großvater. »Denk daran, Leif. in Sachen Geld kannst du dich nie auf Frauenzimmer verlassen, und Margit ist keinen Deut besser als Vilma.«
    Vilma ist meine Großmutter. Sie ist zwanzig Jahre jünger als Großvater, ein unbegreiflicher Altersunterschied für jemanden, der nur fünf Jahre alt ist. Großvater und Großmutter ließen sich bereits
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