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Der Prinz in meinem Maerchen - Roman

Der Prinz in meinem Maerchen - Roman

Titel: Der Prinz in meinem Maerchen - Roman
Autoren: Lucy Dillon
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wiedergutzumachen, dass ihre Mutter im Juli einen Zweijahresvertrag in den USA angenommen hatte. Ironischerweise war Sarah seitdem im Haus irgendwie präsenter als Anna selbst.
    Anna musste blinzeln, als sie plötzlich wieder den Anblick vor Augen hatte, wie Becca, Chloe und Lily sich just in dem Moment mit verzückten Freudenschreien um den Laptop gedrängt hatten, als Anna mit einer Pfanne voller Mince Pie eine neue Familientradition hatte begründen wollen. Diese Gebäckstücke waren mit Blattgold verziert, und sie hatte sich an ihnen nicht nur die Finger verbrannt; sie hatten ihr obendrein eine stressbedingte Magenverstimmung beschert. Die Mince Pies waren ihr letzter Strohhalm gewesen, an den sie sich geklammert hatte, doch sie waren von der Mehrheit der Familie verschmäht worden. Das Ganze war dann noch von einem Kommentar von Phils Mutter besiegelt worden. Gnadenlos hatte Evelyn noch eins draufgesetzt.
    »Hast du die gemacht?«, hatte sie gefragt und dabei die mit Kajal aufgemalten Augenbrauen bis zum Anschlag hochgezogen. Dies waren die ersten Worte gewesen, die sie den ganzen Vormittag über an Anna gerichtet hatte. Nachdem Anna bescheiden genickt hatte, hatte Evelyn eine Sekunde verstreichen lassen, um dann zum Vernichtungsschlag auszuholen. »Oh. In dem Fall verzichte ich lieber.«
    Alte Hexen gab es leider zuhauf .
    Pongo hüpfte an seiner neuen Weihnachtsleine herum und war ganz aufgeregt, weil er sich sonst nur ordentlich austoben konnte, wenn Michelle mit ihm joggen ging. Er schien genauso erleichtert zu sein, aus dem Haus rauszukommen, wie sie selbst. Hätte Anna Michelle nicht aus der Toilette heraus – in der sie sich versteckt hatte, während draußen der Kampf um das iPad tobte – eine SMS geschickt, so hätte Pongo diese Aufgabe wahrscheinlich selbst übernommen.
    Annas Handy brummte in ihrer Tasche, und sie musste grinsen, als sie die Antwort las. »Wein ist dekantiert, die Pralinenschachtel geöffnet, ich bin ganz Ohr. Beeilung, Beeilung! Küsschen, M.«
    Am Ende der Hauptstraße bog Anna in Richtung der viktorianischen Reihenhäuser ab, die an einem sanften Hang hinunter zur Swan’s Row und zum Ufer des Longhampton Kanals führten. Jahrelang waren diese Häuser eher schäbig und heruntergekommen gewesen, doch allmählich entwickelten sie sich zu den begehrtesten Immobilien der Stadt. Pongo schleppte Anna praktisch zu der leuchtend roten Haustür am Ende der Häuserreihe. Michelles Messingtürklopfer, ein Löwenkopf, war mit einem üppigen Kranz aus Stechpalmenzweigen und Efeu geschmückt, und Anna verspürte sogleich einen Anflug von Neid angesichts dieser Dekopracht.
    Michelle wusste, wie Weihnachten auszusehen hatte. Wie in einem Hochglanzmagazin. Wenn Anna ehrlich war, musste sie zugeben, dass sie bei ihrer eigenen Weihnachtsdeko immer nach dem Prinzip »Wie würde Michelle dies oder jenes schmücken?« vorgegangen war. Außer dem prächtigen Kranz, den Michelle höchstwahrscheinlich selbst gebunden hatte, entdeckte sie einen absolut gleichmäßig gewachsenen Weihnachtsbaum im Fenster des Erdgeschosses, der mit einer Lichterkette mit winzigen Leuchten sowie rubinroten Christbaumkugeln aus Glas geschmückt war. Annas eigener Baum war ziemlich schief, da Phil vergessen hatte, rechtzeitig einen zu kaufen, und dann fünf Minuten vor Geschäftsschluss erst beim Händler gewesen war. Dann hatte Chloe auch noch den Kofferraumdeckel auf den Baum gehauen, und da Anna nur die kleine Lily, ihre jüngste Stieftochter, dazu hatte bewegen können, beim Schmücken mitzuhelfen, hing der Großteil der Kugeln im unteren Teil des Baumes. Doch der Baum wurde geliebt, redete sich Anna ein. Und das war die Hauptsache.
    Sie klopfte und genoss die wohlige Schwere des Klopfers in ihrer Hand. Schon verflog ihr Ärger, wie immer, wenn sie bei Michelle vorbeischaute. Michelles Haus war wie jener Ort, den man sich vorstellen sollte, wenn einem der Hypnotherapeut auftrug, sich »an einen ruhigen, stillen, friedlichen Ort« zu begeben.
    Die Tür schwang auf, und ein großes Weinglas wurde Anna in die Hand gedrückt.
    »Schnell«, befahl Michelle und sah in ihrer hellen Schafsfellweste und kniehohen Stiefeln wie eine sehr geschäftige Elfe aus. »Trink das. Wie viel Zeit habe ich, um dich in einen normalen Funktionszustand zu bringen?«
    »Eine Dreiviertelstunde? Ich könnte so tun, als sei Pongo weggelaufen.«
    »Ich sehe, du hast dir schon eine Ausrede parat gelegt. Das gefällt mir.« Michelle grinste und öffnete
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