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Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes
Autoren: Stanislaw Lem
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zu Boden fallen. Das ist alles.“ Eine Sekunde lang stand er noch regungslos vor mir; plötzlich aber schloß er mich in die Arme, drückte mich mit aller Kraft an sich und ließ mich dann los, als wollte er mich zurückstoßen. Ich wartete, bis seine Schritte hinter der Biegung verhallt waren. Langsam nahm ich die Batterie auf. Ein Pol war bereits angeschlossen. Ich preßte mich so flach wie möglich an die Wand des Ganges. „Achtung!“ rief ich. „Jetzt!“
    Ein winziger Funke sprang auf den Draht über. Ein glühender Hammer schlug gegen meine Brust, fegte mich vom Boden. Ich stürzte in eine aufbrüllende Feuerwolke …
Leben gegen Leben
    Helles, starkes Licht weckte mich. Dicht über mir brannte eine Jupiterlampe. Ich war auf etwas Kühles, Weiches gebettet. Als ich die Hand schützend vor die Augen halten wollte, vermochte ich sie nicht zu heben.
    „Sie müssen jetzt ganz ruhig liegen“, hörte ich jemanden sagen.
    Allmählich wurde mir etwas klarer im Kopf. Ich schielte zur Seite und sah Tarland im weißen Kittel. Er beugte sich über einen kleinen Wagen mit gläsernen Zylindern und Apparaten, auf denen sich das Licht spiegelte. Meine linke Hand lag auf einem Gummikissen, im Unterarm steckte eine Nadel. Ein Gummischlauch verband sie mit einem Glasrohr, durch das eine hellrote Flüssigkeit strömte. Ich spürte nun auch, wie etwas Warmes, Kribbelndes durch meine Adern pulste.
    Was soll das bedeuten, dachte ich verwundert, eine Transfusion? Mir wurde immer wärmer. Alles um mich herum war so sonderbar still und unwirklich. Tarland schob den Apparat beiseite, zog rasch die Nadel aus dem Arm und drückte ein Stück Gaze gegen die kleine Wunde.
    „Wer singt denn hier?“ fragte ich. Ich hörte eine hohe, sanfte Melodie und fühlte mich sehr wohl dabei. Langsam, träge krochen meine Gedanken dahin. Düstere Bilder zogen an mir vorüber: eine Wanderung durch totenstille, hellerleuchtete Hohlwege, geborstene, kristallene Wände, dunkle Gänge, Galerien … wo war das alles? In einem Gletscher? Im Himalaja? Oder war es nur ein Traum? Plötzlich tauchte in meinem Gedächtnis die letzte Spur des noch bewußt Erlebten auf: die Grotte – finstere Felstrümmer, dumpfe, tiefe Stille und zwei Drähte, über die ich mich beugte, um …
    Ich schloß die Augen. Als ich sie wieder öffnete, fiel mein Blick auf den Schirm des Fernsehgerätes an der gegenüberliegenden Wand. Auf dem schwarzen Hintergrund blinkten viele helle Pünktchen. Sterne?
    Der Gesang war also die Stimme der Motoren. Wir flogen. Zwei Leute traten in die Kabine, Rainer und Arsenjew.
    „Wie fühlst du dich?“ fragte der Astronom.
    „Gut.“
    Ich weiß nicht, wie ich darauf kam; jedenfalls war die erste Frage, die ich an die beiden richtete: „Wieso hat eigentlich die Stadt geleuchtet? War das Luzit?“
    Die Gefährten warfen sich einen Blick zu.
    „Nein, dieses Bariumsoda-Email hat nichts mit Luzit zu tun. Es leuchtet deshalb, weil es bei der Explosion einer starken Strahlung ausgesetzt war“, antwortete Rainer, offensichtlich sehr zufrieden, daß er mir einen so genauen Bescheid geben konnte.
    „Eine Explosion? Ach richtig … der Krater“, sagte ich. „Hört mal …“
    Tarland unterbrach mich. „Sie dürfen aber jetzt nicht sprechen. Wir haben so viel Zeit; da werden Sie schon noch alles erfahren.“
    Er bat die beiden Wissenschaftler, die Kabine zu verlassen. Ich hörte, wie er an der Tür etwas von Gehirnerschütterung sagte und daß ich keine Aufregungen haben dürfe.
    „Ich möchte aber wissen, wie es weitergegangen ist“, protestierte ich schwach, als er zurückkam. „Hat sich der Durchgang geöffnet?“ Tarland fühlte mir den Puls.
    „Professor Arsenjew hat Sie aus der Unterwelt wieder ans Licht gebracht, und ich – habe Sie neu erschaffen.“ Er lächelte. Ich wollte noch etwas fragen; aber auf einmal war alles vor meinen Augen verschwommen, in weiter Ferne zerflossen. Ich sah blauen Himmel über mir … Vögel sangen … und dann schlief ich ein. Nach einiger Zeit erst erfuhr ich aus Gesprächen, die der wachsame Tarland immer wieder unterbrach, wie Arsenjew mich aus dem Gang heraufgetragen hatte, wie er sich bemühte, die Risse in meinem Skaphander abzudichten, wie es ihm einen Augenblick lang schien, als läge ich in Todeszuckungen, und wie dann der durch Raketensignale herbeigerufene Kraftwagen gerade noch rechtzeitig kam, um uns zur Rakete zurückzubringen. Bewußtlos, vergiftet von der fremden Atmosphäre, mit gebrochenen
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