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Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes
Autoren: Stanislaw Lem
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später, wenn wir wieder draußen sind. Es besteht aber eine andere Schwierigkeit. So eine Ladung muß auf elektrischem Wege zur Explosion gebracht werden.“
    Ich nickte eifrig. „Wir haben doch die Batterien.“
    „Ja, wir haben die Batterien, und deshalb spare ich auch so mit dem Licht. Aber es fehlt uns ein Kabel. Hier, das ist unser ganzer Reichtum.“ Er zeigte mir ein ungefähr drei Meter langes Stück isolierten Draht. „Ich habe ihn aus dem Elektrometer herausgenommen. Aus den Skaphandern können wir keinen herausziehen; denn wir dürfen ja die Helme nicht absetzen, und deshalb …“, er stockte, „ … und deshalb muß jemand die Ladung an Ort und Stelle zünden.“
    „Deshalb hast du also nicht mit mir darüber gesprochen?“
    „Ja.“
    Plötzlich kam mir ein Gedanke. „Da hast du wohl auch gar nicht geschlafen, Pjotr?“
    „Nein.“
    „Die ganze Nacht hindurch nicht?“
    „Nein. Ich suchte nach einer anderen Möglichkeit.“
    „Und hast du eine gefunden?“
    „Nein. Wir dürfen ja die Helme nicht abnehmen“, wiederholte er. „Wir würden uns doch sofort vergiften.“
    „Vielleicht können wir mit dem Pulver aus den Revolverpatronen eine Lunte machen“, schlug ich vor.
    „Das geht nicht. Die Explosion würde entweder überhaupt nicht eintreten oder zu schwach sein. Gewiß, das Pulver brauchen wir auch noch, wir müssen es ans Ende der Drähte schütten, damit es die Detonation verursacht. Die Zündung aber muß durch Elektrizität erfolgen.“
    „Warte mal … könnte man nicht mit dem Revolver in die Ladung schießen?“
    „Auch daran habe ich gedacht. Meine Berechnungen haben jedoch ergeben, daß wir genau fünf Sprengladungen brauchen, und die müssen gleichzeitig zur Entzündung gebracht werden. Sonst bahnen wir uns keinen Weg ins Freie, sondern vergrößern nur noch den Einbruch.“
    „Ja …“, antwortete ich nach einigem Zögern. „Du hast recht. Einer von uns muß es tun … Wollen wir losen?“
    „Ich mag dies nicht dem Zufall überlassen. Es wäre erniedrigend.“
    „Was soll also geschehen?“
    Er schwieg.
    „Vielleicht gibt es doch noch einen Ausweg?“
    „Den gibt es. Erstens weiß ich als Physiker genau, unter welchen Bedingungen sich die Explosionswelle am stärksten auswirkt, und zweitens … als Leiter der Expedition …“
    „Ich verstehe. Sprich nicht zu Ende. Es kommt überhaupt nicht in Frage.“
    „Ich bin aber sicher, daß es mir gelingen würde. Freilich, ich will dir nicht befehlen, es mir zu überlassen.“
    „Dazu hast du auch kein Recht!“
    „Ich habe kein Recht dazu?“
    „Nein, aus zwei Gründen … nach dem, was ich tun wollte. Ich gehe!“
    Arsenjew zog die Streichholzschachtel aus der Tasche und reichte sie mir. „Gerade Zahl – dann gehst du, ungerade – ich.“
    Ich zählte die Hölzchen auf den Stein. Es sah wie ein Spiel aus. Ich legte ein weißes Streichholz neben das andere, meine Lippen bewegten sich: „Dreizehn, vierzehn, fünfzehn, sechzehn, siebzehn.“
    „Leer“, sagte Arsenjew.
    Ich schüttelte die Schachtel. Es fiel noch ein Streichholz heraus. Arsenjew wandte sich um und begann den Zucker mit der abgebrochenen Picke zu zerkleinern. Ich drehte aus Notizbuchblättern kleine Tüten und füllte den Zucker hinein. Keiner von uns sprach ein Wort. Vorsichtig lösten wir mit dem Messer die Kugeln aus den Hülsen und schütteten das Pulver heraus. Dann gingen wir durch den Stollen zur Einbruchstelle. Arsenjew bezeichnete fünf Risse zwischen den Gesteinstrümmern, die ich mit der Spitze der Picke erweiterte. Er selbst goß inzwischen den Sauerstoff ein. Zischend und kochend floß die schwach bläulich schimmernde Flüssigkeit in die Tüten, die anfangs weich und biegsam waren und nun spröde, brüchig, dann hart wie Stein wurden. Ohne Handschuhe hätte man sie nicht anfassen können. Selbst durch das dichte, isolierende Gewebe hindurch brannte die furchtbare Kälte wie Feuer an den Fingern. Die fertigen Ladungen verbanden wir durch den Draht miteinander und schoben sie tief in die Öffnungen hinein. Das eine Ende der Leitung schloß Arsenjew an der Batterie an, das andere legte er griffbereit auf den Boden. Nachdem wir die Sprenglöcher mit Gesteinsbrocken verkeilt und mit Tonschlamm verstopft hatten, preßte sich Arsenjew an die Wand und sagte zu mir: „So mußt du dich hinstellen. Da bist du am besten gegen die Explosionswelle geschützt. Dann berührst du mit dem Draht den Kontakt und läßt dich gleichzeitig mit dem Gesicht
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