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Der Piratenlord

Titel: Der Piratenlord
Autoren: Deborah Martin
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festgelegt, dass Wolle und Flanell ungesund seien und sich daher nicht für Sträflingsuniformen eigneten. Daher trugen nun die Frauen und Kinder Baumwollsachen, die sie gegen die kalte Luft auf dem Nordatlantik überhaupt nicht schützten.
    Dagegen musste sofort etwas unternommen werden. Außer den Kleidern aus leichtem Musselin für das wärmere Klima hatte sie auch noch fünf preiswerte Wollkleider mitgenommen. Doch sie benötigte nicht so viele. Zwei waren ausreichend, auch wenn das bedeutete, dass sie täglich waschen musste. Die anderen konnten zur Herstellung von warmen Sachen für die Kinder verwendet werden. Und vielleicht konnte sie ja auch den Captain dazu bringen, einen Ofen in dem Frachtraum aufstellen zu lassen, wenigstens für die Zeit, bis sie tropische Regionen erreichten.
    Doch das hatte Zeit. Jetzt würde sie sich erst um ihre kleine Schule kümmern. Sie ließ den Pfosten los, spreizte leicht die Beine, um auf dem rollenden Schiff das Gleichgewicht zu halten, und klatschte in die Hände, um die Aufmerksamkeit der Frauen auf sich zu ziehen.
    Sobald sich alle gesetzt hatten, lächelte sie. „Guten Morgen. Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen. Viele von Ihnen kennen mich schon als eine von Mrs. Frys Damen, die Sie in Newgate besucht haben. Allen anderen möchte ich mich vorstellen. Ich bin Miss Sara Willis und Ihre Lehrerin.“
    Die Frauen begannen zu murren. Zwar hatte man ihnen gesagt, dass sie Unterricht erhalten würden, doch die Vorstellung schien manchen nicht zu gefallen. Nach einigem Getuschel trat eine Frau vor. Ihr Gesicht und die unbedeckten Hände waren von der Kälte aufgesprungen und rot. Trotzdem strahlte sie Arroganz aus, was in seltsamem Gegensatz zu ihrer Lage stand. „Viele von uns kennen schon Buchstaben und Zahlen, Miss. Wir brauchen keinen Unterricht.“
    Sara nahm ihr den unverschämten Ton nicht übel. Die Gefangenen hatten in letzter Zeit viele verwirrende Veränderungen durchgestanden und misstrauten ihr daher. Sie musste ihre Befürchtungen so schnell wie möglich zerstreuen.
    Sie lächelte die Frau an. „Sehr gut. Alle von Ihnen, die schon eine Ausbildung genossen haben, können mir gut bei den anderen helfen, die noch nicht so weit sind. Wenn Sie mich unterstützen würden, Miss . .Sie hielt inne. „Wie ist Ihr Name?“
    Ihre Freundlichkeit schien die Frau zu verblüffen. „Louisa Yarrow“, sprudelte sie hervor. Dann warf sie den Kopf zurück und sagte: „Ich weiß aber noch nicht, ob ich Ihnen helfen möchte.“
    „Das können Sie ganz allein entscheiden, Miss Yarrow. Natürlich wäre es eine Schande, wenn die Kinder auf der ganzen Reise keinen Unterricht bekommen würden. Ich hatte so gehofft, dass jemand sich mit ihnen beschäftigen würde, während ich mich um die Frauen kümmere, die ihre Ausbildung verbessern möchten.“ Sie seufzte übertrieben laut. „Doch wenn niemand helfen möchte . . .“
    „Ich will es, Miss!“ rief eine Stimme von hinten aus einer der Zellen.
    Sara bemerkte das schwarzhaarige Mädchen, dem sie jetzt aufmunternd zulächelte. „Und wie heißen Sie?“
    „Ann Morris. Aus Wales.“ Der starke walisische Akzent der Frau war nicht zu überhören. „Ich kenne die englischen Buchstaben nicht sehr gut, aber die walisischen schon.“
    „Und was soll uns das in dem Land nützen, zu dem wir unterwegs sind?“ schrie eine barsche Stimme. „Nur weil der Ort New South Wales heißt, bedeutet das noch lange nicht, dass dort Waliser leben!“
    Alle lachten laut auf, und als die kleine Ann Morris nun niedergeschlagen aussah, reizte das manche nur noch mehr zum Lachen.
    Sara klatschte so lange in die Hände, bis wieder Ruhe eingekehrt war. „Sie können mir trotzdem helfen, Ann.“ Sie überging schweigend das Murren der anderen. „Sie müssen die englischen Buchstaben nicht unbedingt kennen, um den Kindern zu helfen, während ich die Frauen unterrichte. Sie können sie zusammen mit den Kindern lernen.“
    Jede andere Frau wäre sicher beleidigt gewesen, wenn man sie mit den Kindern gleichgesetzt hätte, doch Ann Morris lächelte Sara dankbar an, ehe sie sich wieder setzte. Offensichtlich mochte sie Kinder, und Sara wollte das nutzen, um die junge Frau an das Lernen heranzuführen.
    Als Sara sich den anderen wieder zuwandte, stellte sie überrascht fest, dass sie nicht mehr ganz so feindselig dreinblickten. „Das Damenkomitee hat uns viele Stoffreste und Nähmaterialien zur Herstellung von Patchwork-Steppdecken zur Verfügung gestellt. Sie
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