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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz
Autoren: Rainer M. Schroeder
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ausreichendem Maß eigene Truppen aufzustellen und für Florenz in den Krieg zu schicken.
    Durch die immer stärker werdende Übermacht der Gegner wurde die Kriegslage für Florenz immer bedrohlicher und damit spitzte sich zugleich auch Lorenzos persönliche Situation dermaßen zu, dass er die Rettung der Republik sowie die Vormachtstellung seiner eigenen Person in einem höchst riskanten Befreiungsschlag suchte. Er schmiedete einen waghalsigen Plan und setzte alles auf eine Karte, sein eigenes Leben inbegriffen, indem er sich zu einer Reise nach Neapel entschloss, um sich dort in die Hände von König Ferrante zu begeben, beziehungsweise sich ihm auf Gedeih und Verderb auszuliefern.
    Nur wenige Dutzend Menschen waren zu Anfang in die tollkühne, geradezu todesmutige Reise an den Hof seines erklärten Feindes eingeweiht, zu der Lorenzo am 6. Dezember 1479 bei Anbruch des Tages und in aller Stille aufbrach. Doch von unterwegs unterrichtete er die Signoria von seinem Entschluss und begründete das hohe Risiko für sein Leben mit den Worten: »Unter den gefährlichen Umständen, in denen sich unsere Stadt befindet, war es nötiger zu handeln, als nachzudenken … Ich gedenke deshalb mit Eurer Erlaubnis, mich direkt nach Neapel zu begeben, da ich meine, dass ich die Person bin, auf die unsere Feinde vor allem zielen. So liefere ich mich in ihre Hände und bin vielleicht auch der Mann, der meinen Mitbürgern den Frieden wiederbringt.« Und er schloss seinen Brief mit den Worten »Möglicherweise wünscht der Herr, dass dieser Krieg, der ja mit dem vergossenen Blut meines Bruders und meinem eigenen begann, auch durch mich ende. Nichts wünsche ich sehnlicher, als dass mein Leben und Tod, sei es gut für mich persönlich oder schlecht, für immer zum Wohle unserer Stadt sei.«
    Dieser tollkühne Mut, sein eigenes Leben ohne jede Vorbedingung aufs Spiel zu setzen und notfalls zum Selbstopfer bereit zu sein, führte dazu, dass Lorenzos innenpolitische Stellung und seine Beliebtheit beim Volk, die durch die Kriegswirren gelitten hatten, eine erhebliche Stärkung erfuhren. Und die Signoria erteilte Lorenzo ihren Segen und den offiziellen Auftrag, in ihrem Namen Verhandlungen mit dem neapolitanischen König zu führen.
    Dass Lorenzo nicht gleich bei seiner Ankunft in Neapel ermordet oder zumindest doch in Ketten gelegt und eingekerkert wurde, sondern in kürzester Zeit den Respekt und schon bald sogar das Wohlwollen von König Ferrante gewann, verdankte dieser Vollblutpolitiker einer seltenen Kombination aus furchtlosem Mut, Kaltblütigkeit, machtpolitischem Instinkt, genialem diplomatischem Geschick sowie entwaffnendem Charme, großer Belesenheit und der Fähigkeit, sich ebenso gewandt und gewinnend auf höfischem Parkett wie unter dem einfachen Volk zu bewegen. Die Berge kostbarer Geschenke und die Truhen voller Goldstücke, mit denen er angereist war und deren Inhalt er in Neapel mit vollen Händen auch für wohltätige Zwecke ausgab, trugen sicherlich auch ihren Teil dazu bei, dass Lorenzo den König für sich und seine Ziele einnehmen konnte.
    Indessen schäumte Sixtus in Rom vor Wut, dass König Ferrante hinter seinem Rücken Verhandlungen mit dem ihm verhassten Medici führte. Mehrfach verlangte er, dass Lorenzo in Ketten zu legen und ihm auszuliefern sei. Ein Verlangen, dem der König jedoch nicht nachgab.
    Lorenzo blieb zweieinhalb Monate in Neapel. Diese lange Abwesenheit brachte in der Heimat seine bislang unangefochtene Stellung in Gefahr. Denn je länger er wegblieb, desto stärker meldeten sich in Florenz öffentlich Stimmen zu Wort, die Kritik an der Herrschaftsclique übten, die die Republik regierte und an deren Spitze Lorenzo stand.
    Diese Kritik verstummte jedoch schlagartig, als Lorenzo Mitte März 1480 wieder in der Arnostadt eintraf – und zwar im Triumphzug. Denn Lorenzo hatte mit König Ferrante einen wenn auch für Florenz recht harten Friedensvertrag ausgehandelt, dem Sixtus zähneknirschend zugestimmt hatte. So war es denn auch kein Wunder, dass man Lorenzo bei seiner Rückkehr in die Stadt einen wahren Heldenempfang bereitete. Der Krieg war vorbei, die gefährliche Krise beigelegt und selbst der Papst musste sich in seiner harten Linie gegenüber Florenz zügeln und Lorenzos Exkommunikation aufheben, nachdem die Regierung sich bereit erklärt hatte, eine Abordnung der Stadt nach Rom zu schicken und den Papst öffentlich demutsvoll und per Kniefall um Vergebung zu bitten.
    Dieser Abordnung gehörte
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