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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz
Autoren: Rainer M. Schroeder
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das du von mir erhältst!«
    »Ihr habt mein Wort!«, beteuerte Silvio eifrig. »Ich werde diesmal ganz bestimmt …«
    Sandro ließ ihn nicht ausreden. »Erspar mir wortreiche Versicherungen, wie sehr du dich diesmal anstrengen wirst, hart zu arbeiten und ein ehrbares Leben zu führen. Die Zukunft wird es schon zeigen. Und nun setz dich an den Tisch.«
    Verständnislos sah Silvio ihn an.
    »Du musst einen Brief an mich und an deine Ziehmutter schreiben. Carmela ist schon ganz krank vor Sorge um dich! Sie weiß nicht, warum du plötzlich verschwunden bist, und dabei muss es auch bleiben. Ich darf ihr kein Wort über die geheime Abmachung mit Lorenzo sagen.«
    »Natürlich, ich verstehe.« Rasch richtete Silvio den umgekippten Stuhl wieder auf, setzte sich an den Tisch und zog die Schreibschatulle zu sich heran. »Aber was soll ich ihr denn schreiben?«
    »Lass dir irgendeine halbwegs plausible Geschichte einfallen, warum du so Hals über Kopf aus Florenz verschwunden bist«, forderte Sandro ihn auf. »Schreib meinetwegen, dass du hohe Spielschulden hast und dass du aus Scham, aber auch aus Angst vor den gewalttätigen Eintreibern deines Gläubigers aus Florenz geflohen bist.«
    Silvio nickte und griff zur Feder.
    »Und dann berichte uns, dass du diesen Brief angeblich in Padua schreibst«, fuhr Sandro fort, während er zum Weinkorb ging und eine Flasche herauszog. »Dort hast du zufällig Matthew Witherford auf seiner Rückreise von Venedig getroffen und nach einem langen Gespräch mit ihm hat er dir eine Anstellung in seinem Londoner Betrieb angeboten. Du hast sein großzügiges Angebot angenommen, begleitest ihn nun zurück nach London und wirst den nächsten Brief aus deiner neuen Heimat England schreiben. Es kann auch nicht schaden, wenn du deinen Brief mit einigen reuigen Zeilen und der Bitte um Verzeihung für all den Kummer beendest, den du uns bereitet hast.«
    Schuldbewusst senkte Silvio den Kopf noch etwas tiefer über den Briefbogen, tippte die Feder in das Tintenfass und begann zu schreiben.
    Indessen öffnete Sandro die Flasche, holte zwei große Steinbecher von einem Wandbord und füllte sie mit dem schweren Rotwein, den er mitgebracht hatte. Wortlos reichte er seinem Enkelsohn einen der Becher. Silvio hielt kurz im Schreiben inne, nahm das irdene Gefäß mit einem dankbaren Blick entgegen und leerte es, ohne abzusetzen.
    Sandro tat es ihm gleich. Der schwere Wein entfachte in seinem Magen sofort ein brennendes Feuer, da er den ganzen Tag noch nicht einen einzigen Bissen zu sich genommen hatte. Aber den bitteren, galligen Geschmack in seinem Mund vermochte auch der Wein nicht zu vertreiben.
    Nachdem Silvio den Brief beendet hatte, las Sandro ihn durch und nickte knapp. Dann trug er ihm auf, aus dem Holzschuppen einen Korb voller Scheite zu holen, um Feuer im Kamin zu machen. »Mir ist kalt, und bevor wir Abschied nehmen, wollen wir noch ein letztes Mal miteinander essen.«
    Silvio machte ein verblüfftes Gesicht, war es doch ein warmer Tag gewesen, sodass es nicht kühl war im Raum. Aber er nahm den leeren Korb für Feuerholz, der neben dem Kamin stand, und begab sich damit zum Holzschuppen.
    Als er ins Bauernhaus zurückkehrte, hatte Sandro ihre Steinbecher wieder gefüllt und war gerade dabei, einen halben kalten Kapaun aus einem Leinentuch zu wickeln und ihn zu dem frischen Brot, dem Käse und den Oliven auf den Tisch zu legen.
    Nachdem endlich das Feuer im Kamin brannte, nahm Sandro die beiden Becher vom Tisch und drückte Silvio seinen in die Hand. Sein Gesicht war bleich und unbewegt, nur unter seinem linken Auge zuckte es.
    »Hast du begriffen, dass wir heute für immer voneinander Abschied nehmen müssen, Silvio?«, fragte er mit belegter Stimme. »Ist dir klar, dass das, was du getan hast, uns bis ans Ende unserer Tage voneinander trennen wird? Du wirst keinen von uns jemals wiedersehen!«
    »Ja, das weiß ich, Großvater«, murmelte Silvio mit gesenktem Blick. »Und ich wünschte, ich könnte es irgendwie wiedergutmachen.«
    »Trink, mein Junge«, sagte Sandro und seine Stimme zitterte, als er hinzufügte: »Lass uns diese Becher leeren und uns dabei wünschen, dass das, was nun vor dir liegt, dir Heil und Erlösung von aller Schuld bringen möge …«
    Silvio fand den Trinkspruch ein wenig seltsam, aber er wollte selbst nur zu gern daran glauben, dass ein neues Leben vor ihm lag und dass es ihm in England gelingen würde, sich seines Namens doch noch würdig zu erweisen. Und so setzte er den
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