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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz
Autoren: Rainer M. Schroeder
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sich für ihn als einzig logische Schlussfolgerung daraus ergab.
    Sandro sah ihn mit einem schmerzlichen Ausdruck auf seinem Gesicht an. »Ja, auch genügend neue Kleider für dich und reichlich Proviant für die lange Reise, die du vor dir hast«, stieß er hervor. Er bemerkte nicht, dass er in ohnmächtigem Zorn und Schmerz die Fäuste ballte. »Und das, obwohl du als Verräter an den Medici und damit auch als Verräter am Haus Fontana es eigentlich verdient gehabt hättest, zusammen mit diesem ehrlosen Seidenhändler Sabatelli im Folterkeller Qualen zu erleiden und danach öffentlich hingerichtet zu werden!«
    »Dann wisst Ihr alles?«, fragte Silvio.
    Sandro nickte knapp. »Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass mein eigen Fleisch und Blut zu einer so schändlichen Tat fähig ist! Nichts ist abscheulicher als Verrat! Ebenso gut hättest du mir einen Dolch in die Brust stoßen können!«
    »Aber ich habe doch nicht gewusst …«, setzte Silvio an.
    »Versuch nicht, dich herauszureden! Sei wenigstens jetzt Manns genug, um zu deiner Schande zu stehen!«, schnitt Sandro ihm das Wort ab. »Wenn du auch vielleicht nichts von der Verschwörung der Pazzi gewusst hast, so wirst du doch zumindest geahnt haben, dass dir ein Pazzi-Freund und Feind der Medici, wie Filippo Sabatelli einer war, keine zwanzig Florin für ein harmloses Plauderstündchen zahlt! Und von deinen anderen Schandtaten, die du gegen Meister Emilio begangen hast, und von deinen Betrügereien mit Saccente will ich erst gar nicht reden!«
    Silvio senkte beschämt den Blick. »Ich habe wohl alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann«, flüsterte er und biss sich auf die Lippen.
    »Das hast du. Leider«, erwiderte Sandro leise und seiner Stimme war anzuhören, wie sehr es ihn schmerzte, diese Worte aussprechen zu müssen.
    »Bestimmt hasst Ihr mich jetzt und werdet mir nie verzeihen, was ich getan habe«, murmelte Silvio voller Verachtung für das, was er getan hatte. »Vielleicht wünscht Ihr längst, ich wäre nie geboren worden. Und ich könnte es Euch nicht einmal verdenken.«
    Lange gab Sandro keine Antwort, sondern sah Silvio nur an. Plötzlich machte er zwei schnelle Schritten zu ihm hin und schloss ihn mit aller Kraft in seine Arme.
    »Wie sollte ich dir denn nicht verzeihen?«, stieß er gequält hervor. »Du bist doch mein eigen Fleisch und Blut! Habe ich dich nicht wie meinen Sohn erzogen?«
    Schluchzend und wie ein verängstigtes kleines Kind klammerte sich Silvio an ihn. Er weinte so heftig, dass er am ganzen Körper zitterte.
    Sandro bis sich auf die Lippen, damit nicht auch ihm die Tränen in die Augen schossen. Er hielt Silvio einfach nur fest.
    Irgendwann löste er sich wieder von ihm, packte ihn mit hartem Griff an den Armen und forderte ihn energisch auf: »Genug, Silvio! Das muss reichen! Reiß dich zusammen! Wir dürfen nicht noch mehr kostbare Zeit vergeuden. Es gibt noch einiges zu erledigen, bevor du dich auf die Reise machen musst!«
    »Lorenzo lässt mich tatsächlich frei?«, stieß Silvio schniefend hervor und wischte sich über das tränenfeuchte Gesicht. Neuer Lebensmut leuchtete in seinen Augen auf.
    Sandro verzog das Gesicht zu einer bitteren Miene. »Er weiß, was das Haus Medici mir schuldet. Und ich weiß, was ich ihm schulde. Aber er lässt dich nicht frei. Deine Strafe lautet auf lebenslange Verbannung, Silvio. Du wirst nie wieder Florenz betreten, du wirst deinen Fuß nicht einmal mehr auf italienischen Boden setzen.«
    Ein schwaches Lächeln huschte über Silvios Gesicht. »Aber wo soll ich denn hin?«
    »Du wirst nach England gehen. Enrico und Luciano Valori werden dich nach Genua begleiten und dafür sorgen, dass du dort das nächste Schiff nach England nimmst. In London lebt ein alter Geschäftsfreund von mir, der dich in seinem Betrieb aufnehmen und dir dabei helfen wird, auf eigenen Beinen zu stehen. Sein Name ist Matthew Witherford«, sagte Sandro, während er nach dem Kleiderbeutel griff, die Kordel aufzog und zwischen den Kleidungsstücken eine längliche Holzschachtel hervorzog. Darin befanden sich ein Tintenfass, Schreibfedern, Papier, Siegellack und ein Gefäß mit Streusand. »Damit du nicht auf Almosen angewiesen sein wirst, gebe ich dir ausreichend Reisegeld und einen Wechselbrief über vierzig Florin mit, deren Gegenwert in englischer Währung dir Matthew Witherford in London auszahlen wird. Geh sorgsam mit dem Geld um, Silvio! Denn ich schwöre dir, dass es das letzte Geld sein wird,
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