Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Parasit: Kurzgeschichte

Der Parasit: Kurzgeschichte

Titel: Der Parasit: Kurzgeschichte
Autoren: Karin Slaughter
Vom Netzwerk:
bei Dixie besorgt?«
    »Ich war der beste Verkäufer …«
    »Nach mir!«, brüllte ich. »Ohne mich hättest du nicht mal hinfahren können. Du hättest den Bus nehmen müssen! Du wärest …«
    »Frei!«, schrie er. »Ich wäre frei, verdammt!« Speichelfetzen flogen aus seinem Mund. »Ich hätte dich in dem Feuer sterben lassen sollen.«
    Mir fiel vor Entsetzen die Kinnlade herunter.
    »Ich hätte dich sterben lassen können, Wayne. Rauchvergiftung. Du warst schon fast blau angelaufen, als ich dich wachgerüttelt habe. Ang überlebte Chang um drei Stunden. Sie hätten dich von mir abschneiden können wie eine Warze.
Ich
habe das Herz.
Ich
habe den Darm. Du bist bloß ein Kolostomiebeutel mit einer miesen Einstellung.«
    Ich bewegte wortlos die Lippen, wusste nicht, was ich darauf antworten sollte.
    »Das musste mal gesagt werden.« Er schleifte mich den Korridor entlang. Mühsam schleppte ich meinen Fuß über den Boden. Seine Worte hallten mir in den Ohren. Er ging die Treppe hinauf, am leeren Duschraum vorbei. Schließlich fand ich meine Stimme wieder.
    »Du scheinheiliges Stück Scheiße.«
    Er fuhr so heftig herum, dass ich gegen die Wand prallte. Mein Kopf flog zurück und schlug gegen die Betonziegelmauer. Aus irgendeinem Grund brachte das das Fass zum Überlaufen. Mein Faustschlag traf ihn voll auf die Nase. Für mich fühlte sich das an, als explodiere mein Gesicht. Wir gerieten beide ins Straucheln und streckten die Arme aus, damit wir nicht hinfielen. Ich schmeckte Blut, obwohl es aus Kirks Nase rann.
    »Ich habe sie nicht umgebracht! Das war mein Bruder!« Ich kreischte die berühmten Worte, die Kirk geschrien hatte, nachdem Detective Johnson ihn zu Boden gerungen hatte. »Weißt du das noch, Kirk? Erinnerst du dich daran, dass du dem Cop gesagt hast, ich hätte sie umgebracht?«
    »Das war Taktik!«
    »Damit ich in den Knast gehe und nicht du.«
    Seine ausholende Geste schloss den gesamten Zellenblock mit ein. »Hat ja prima funktioniert, oder?«
    »Die Siamesenkarte konntest du diesmal nicht spielen, was?«
    »Ich sollte dir den …«
    »Los, mach schon!«, schrie ich. »All die Jahre hast du immer so getan, als würdest du mich schützen. Aber es ging dabei nur um dich, Kirk. Du hast dich selbst geschützt. Du kümmerst dich immer nur um dich selbst, denn du bist ein arroganter, egozentrischer, nutzloser …« Ich suchte nach dem Wort. Erst fiel es mir nicht ein. Dann war es plötzlich da. »Parasit!
Du
bist der Parasit.
Du
hast mich all die Jahre ausgesaugt. Du glaubst, du wärst inzwischen verheiratet und hättest Kinder? In Wirklichkeit hättest du zwei Jobs, um den Unterhalt fürdeine Kinder zahlen zu können und müsstest auf richterliche Anordnung an einem Anti-Aggressionstraining teilnehmen! Und das wäre noch der beste aller vorstellbaren Fälle!«
    »Hey.« Riesenzwerg war wieder da. »Was treibt ihr denn hier?«
    »Halt die Klappe, Zwerg«, knurrte Kirk. »Das geht nur mich und meinen Bruder …«
    Riesenzwergs Faust krachte in Kirks Gesicht. Meine Augäpfel kippten nach hinten. Mein Knie gab nach. Eine Welle von Übelkeit schlug über mir zusammen.
    »Hier drüben«, sagte Riesenzwerg. Ich bemerkte, dass er nicht allein war. Er hatte zwei Kerle mitgebracht. Richtig große Kerle. Wütend aussehende Kerle. Sie schleiften uns zu den Duschen. Ich versuchte, mich zu wehren, aber mein Kopf stand in Flammen. Kirk war bewusstlos. Wir konnten beide nicht stehen.
    Riesenzwerg gab Kirk eine Ohrfeige. »Bist du noch da, Alter?«
    Die Angst packte mich. Etwas Bitteres, Zähes füllte meinen Mund. Es war derselbe Geschmack wie in dem Moment, als an dem Abend der erste Abba-Song gelaufen war.
    »Bist du noch da, du durchgeknallte Missgeburt?« Riesenzwerg sah mich an. Ich zwang mich, die Augen offen zu halten. Eigentlich wollte ich nicken, doch mir kippte nur das Kinn auf die Brust. »Hey.« Riesenzwerg beugte sich zu mir und schaute mich an. »Schön wach bleiben jetzt. Mir zuliebe.«
    Dann wandte er sich wieder Kirk zu. Er schlug ihn noch einmal ins Gesicht. Fest. Als das nichts half, drehte einer der Männer einen Wasserhahn auf. Riesenzwerg wölbte die Hand unter dem Hahn und dirigierte den Wasserstrahl in Kirks Gesicht.
    »Was zum …« Kirk kam schlagartig wieder zu sich. Er wusste sofort, was los war. Wir befanden uns im Duschraum. Mit drei Kerlen. Vor uns stand Riesenzwerg.
    »Wisst ihr, wer ich bin?«, fragte er. Er rollte den Bund seiner Hose herunter und mir war sofort klar, dass sein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher