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Der Paradies-Trick (Kindle Single) (German Edition)

Der Paradies-Trick (Kindle Single) (German Edition)

Titel: Der Paradies-Trick (Kindle Single) (German Edition)
Autoren: Barry Eisler
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betonte ihre Augenpartie mit ein wenig Make-up und legte als letzten Schliff ein Paar goldene Cartier-Ohrringe an. Es handelte sich um ein geschäftliches Treffen, und sie wollte nicht allzu verführerisch sein, ließ die Haare aber offen, um auch nicht zu streng zu wirken. Sie betrachtete sich im Spiegel und war zufrieden. Dezent und professionell, souverän und elegant. Sachlich, nicht männermordend.
    Sie investierte ein wenig Zeit, um die, wie sie zugeben musste, reizvolle Umgebung zu erkunden –Straßenzüge mit restaurierten Häusern, manche im viktorianischen Stil, in eigenartigen Pastelltönen zwischen Gelb, Blau und Pink gestrichen. Dazu die Antiquitätengeschäfte, Vintagekleiderläden und Obstgeschäfte in der Portobello Road. Eine bunte Mischung aus Touristen, die ihre Stadtpläne studierten, schwer mit Tüten beladenen Einkaufsbummlern und ein paar Einheimischen, die ihre Babys im Kinderwagen spazieren fuhren. Sie konnte die Wohnung auf mehreren verschiedenen Routen ansteuern und verlassen, was sicher ein Grund dafür war, dass ihre Leute sie besorgt hatten. Jegliche effektive gegnerische Beschattung musste sich auf ihre Straße konzentrieren, und weil das eine reine Wohngegend ohne Cafés oder Parks war, wo ein Team unauffällig warten konnte, waren Probleme relativ leicht auszumachen. Sie identifizierte ein paar Strecken, auf denen sie Verfolger aus der Reserve locken konnte, und während sie sich weiter umsah, benutzte sie sie gleich, um sicherzustellen, dass sie nicht beschattet wurde.
    Sie legte einen Zwischenstopp in einem protzigen Apple Store ein und sah sich das Connaught auf einem der ausgestellten Computer an. Sie war noch nie dort gewesen. Das war ein Vorteil: Sie wusste, dass man sich wegen ihres guten Aussehens leicht an sie erinnerte, und wollte ungern einem schwatzhaften Angestellten erklären müssen, was sie diesmal nach London geführt hatte. Wenig begeistert stellte sie fest, dass das Hotel in der Nähe der amerikanischen Botschaft lag, aber sie vermutete, die Preise in der Bar des Connaught würden das Budget eines durchschnittlichen Regierungsbeamten übersteigen; außerdem kannte sie niemanden von der Botschaft. Als sie fertig war, löschte sie ihre Spuren auf dem Browser und ging wieder.
    Sie war verärgert über die Art, wie man sie in diese Operation hineingezogen hatte, und fühlte sich versucht, ihrer Verstimmung und Unabhängigkeit Ausdruck zu verleihen, indem sie zu spät zu dem Treffen kam. Aber das wäre ziemlich kindisch und gleichzeitig taktisch dumm gewesen. Besser, sie kam zu früh, um die Lage zu peilen. Sie drehte eine letzte, aggressive Gegenaufklärungsrunde, um sicherzugehen, dass sie nicht verfolgt wurde, dann bestieg sie in der Nähe des U-Bahnhofs Holland Park ein Taxi. Es gab in London derart viele Überwachungskameras, dass öffentliche Verkehrsmittel keinen echten taktischen Vorteil gegenüber einem Taxi brachten. Sie ließ sich am Berkeley Square absetzen. Kein Grund, jemandem ihr wahres Ziel zu verraten.
    Es lag immer noch ein wenig frühsommerliches Licht am Himmel, das die Ziegel- und Steinfassaden von Mayfair rosa aufglühen ließ. In den Schaufenstern der Antiquitätenhändler, Immobilienmakler und Galeristen spiegelte sich die untergehende Sonne und gleichzeitig das Licht der stillen Straßenlaternen. Ein paar Passanten kamen ihr entgegen, vor allem elegant gekleidete Paare, die vermutlich auf dem Weg zum Essen in einem der schicken Restaurants in der Gegend waren oder von dorther kamen. Der Hall ihrer Schritte wurde beim Näherkommen auf den Steinplatten des Gehwegs lauter und verklang dann hinter ihr. Bei gutem Wetter war London eine schöne Stadt. Eigentlich eine Schande, dass sie hier nicht mehr davon hatten, aber sie machten wohl das Beste daraus, solange es anhielt.
    Vor einem erleuchteten elliptischen Granitbrunnen, aus dem sich zwei üppig belaubte alte Bäume erhoben, hielt sie inne und suchte die Umgebung ab. Sie konnte problemlos die eindrucksvolle georgianische Fassade des Hotels sehen, dessen Eingang von zwei livrierten Portiers flankiert wurde. Sie bemerkte nichts Ungewöhnliches, aber da dies ein verabredetes Treffen war, gab es natürlich auch keinen Grund, außen einen Observierungsposten zu platzieren. Sie rechnete nicht mit Schwierigkeiten – doch eigentlich wusste sie überhaupt nicht, was sie zu erwarten hatte.
    Einer der Portiers hielt ihr grüßend die Tür auf, als sie das Hotel betrat, und der Blick seines Kollegen senkte
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