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Der Paradies-Trick (Kindle Single) (German Edition)

Der Paradies-Trick (Kindle Single) (German Edition)

Titel: Der Paradies-Trick (Kindle Single) (German Edition)
Autoren: Barry Eisler
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sagte mir, ich solle eine umwerfende Blondine erwarten. Damit will ich natürlich nicht sagen, dass Sie die einzige in London seien. Aber wie hoch ist die Chance, dass ein solches Geschöpf ohne Begleitung genau am vereinbarten Ort auftaucht, und zwar eine Stunde vor dem vereinbarten Termin wie ein guter Profi, und auch noch mit vorsichtig wachsamer Ausstrahlung? Sie haben zuerst in die Ecken des Raums gesehen, dann erst zur Bar. Wären Sie einfach eine Schickeriadame, wäre die Reihenfolge umgekehrt gewesen.«
    Wie die meisten Männer schien er gesprächig zu sein. Das kam ihr entgegen. Beim Reden erfuhr man nichts, nur beim Zuhören.
    »Sehe ich so aus? Wie eine Schickeriadame?«
    »Nun, hinreißend genug jedenfalls, wenn ich das sagen darf.«
    Sie war weder enthusiastisch, noch störte es sie. »Was trinken Sie?«
    »Gordon’s Gin, verwässert mit Wermut, Olivengarnitur. Möchten Sie auch einen?«
    Sie ließ sich nicht gerne drängen und hätte beinahe reflexartig abgelehnt. Aber er schien der Typ Mann zu sein, der gerne die Klingen kreuzte, und sie hatte das Gefühl, dass er aktiv nach den richtigen Knöpfen suchte, die es zu drücken galt. Also sagte sie stattdessen: »Geschüttelt, nicht gerührt?«
    Er lachte wieder leise. »Natürlich. Was wären wir Briten ohne unsere Traditionen?« Er winkte einem Kellner und deutete auf seinen Drink. »Noch einen davon, Henry – danke.«
    »Henry?«
    »Ja, und dort an der Bar haben wir Joseph und Giuseppe. Giuseppe ist nicht direkt ein Einheimischer, wie Sie vielleicht am Namen erraten haben, aber seine Qualitäten als Barkeeper sind unübertroffen.«
    Sie war entsetzt. »Man kennt Sie hier?«
    »Meine Güte, aber ja. Hier ist sozusagen mein zweites Zuhause, wenn ich in London bin. Das geht schon in Ordnung. Sie glauben alle, ich wäre ein Finanzmensch. Unsichtbar in der Masse, sozusagen.«
    Sie sah sich um. Die Klientel schien tatsächlich zu einer Hälfte aus Bankern in Anzügen zu bestehen und zur anderen aus Hipstern in hautengen Jeans. Trotzdem hätte es ja nicht geschadet, sich irgendwo zu treffen, wo man keinen von ihnen kannte. Die dilettantische Vorgehensweise missfiel ihr. Vermutlich war das Schlimmste, was einem MI6-Agenten passieren konnte, dass man ihn zur Persona non grata erklärte und aus dem Gastland auswies. Wenn Delilah einen Job vermasselte, würde es sie höchstwahrscheinlich das Leben kosten, aber erst nachdem man sie gefoltert und vergewaltigt hatte. Er konnte es sich leisten, das alles als Spiel zu betrachten. Sie nicht.
    »Warum haben wir uns nicht einfach in Ihrer Wohnung getroffen?«, fragte sie.
    Er blinzelte und lachte, aber zum ersten Mal war das Lachen nicht voller Selbstsicherheit. »Das wäre ein bisschen dreist gewesen, finden Sie nicht?«
    »Ich finde, es wäre dumm gewesen. Genauso dumm, wie sich an einem Ort zu treffen, wo man Sie kennt und sich an Sie erinnern wird.«
    Er antwortete nicht. Das war auch nicht nötig. Sie wusste genau, was er dachte, was sie immer alle dachten. So ein Miststück .
    Es war ihr gleichgültig. Sie suchte nicht seine Freundschaft. Sie wollte nicht einmal seinen Respekt. Was sie brauchte, war Entgegenkommen.
    »Ich muss wissen, dass Sie zuverlässig sind. Bis jetzt bin ich nicht beeindruckt.«
    Er legte den Kopf schief und lächelte, aber es war ein bemühtes Lächeln. »Tatsächlich? Und was, wenn ich es nicht bin?«
    »Dann teile ich meinen Leuten mit, dass ich diese Operation abbrechen muss, weil unsere Kollegen einen Amateur geschickt haben. Die werden es dann Ihren Leuten weitersagen. Was dann passiert, weiß ich nicht, aber andererseits ist es mir auch ziemlich egal. Obwohl ich den Verdacht habe, dass Ihre Vorgesetzten bereits jetzt Vorbehalte haben, was Ihre Einstellung und Einsetzbarkeit betrifft. Und falls ich recht habe, werden sie über diese neue Entwicklung nicht gerade erfreut sein.«
    Er musterte sie mit geschürzten Lippen und kalten Augen. Sobald seine Jovialität verschwunden war, wirkte er plötzlich auf ruhige Weise gefährlich. Gut.
    »Sie wissen nicht das Geringste über meine Einstellung. Oder über meine Vorgesetzten. Oder mich.«
    »Ich weiß nur, was ich sehen kann. Zeigen Sie mir etwas Besseres.«
    Der Kellner brachte ihren Martini. Geschickt platzierte er einen ledernen Untersetzer auf dem Tisch, stellte das Glas genau in die Mitte, nickte förmlich und entfernte sich wieder.
    Delilah griff nach dem Drink und dachte: Sie sind am Zug .
    Ein langer Augenblick verstrich. Er sagte:
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