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Der Pakt - Rügen Thriller

Der Pakt - Rügen Thriller

Titel: Der Pakt - Rügen Thriller
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
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es dir beim Essen. Aber vorher muss ich noch einen Flug buchen. Kann ich deinen Laptop benutzen?«

10
    Tino Rücker hatte die Frau schon von Weitem gesehen. Um diese Zeit war der Strand noch wie verwaist, so dass jede Menschenseele sofort auffiel.
    Heute Morgen herrschten besonders eisige Temperaturen. Außerdem schneite es schon wieder. Der Himmel war milchig weiß, wie ein riesiger Teller Grießbrei. Möwen flatterten laut schreiend herum, sichtlich froh, dass die Ostseeküste nun ihnen gehörte und nicht den Hunderttausenden Touristen, die sie im Sommer bevölkerten.
    Mit langsamen Schritten, die Hände in den Taschen eines übergroßen Overalls, spazierte die Frau an gefrorenen Wellen vorbei, offenbar tief in Gedanken versunken. Um ihren Hals war ein grober Wollschal geschlungen. Verhüllt wie sie war, konnte Rücker kaum mehr von ihr erkennen als Nase und Augen. Auf dem Kopf trug sie eine dicke schwarze Mütze, an der nasse Flocken klebten. Er fragte sich, welche Farbe ihre Haare hatten.
    Als sie sich gegenüberstanden, lächelte sie ihn an. »Hallo! Ziemlich verrückt, bei so einem Wetter hinauszugehen, oder?«
    Rücker schätzte sie auf Ende zwanzig, Anfang dreißig. Also etwa zehn Jahre jünger als er. Ihre Wangen waren von der Kälte auf bezaubernde Weise gerötet.
    »Nicht unbedingt«, entgegnete er. »Ich arbeite in der Landwirtschaft. Da hat man ständig draußen zu tun. Mir macht der Frost nichts aus.«
    »Du bist aber nicht von hier, oder?« Die Frau schien nichts gegen ein kurzes Schwätzchen zu haben. Dass sie ihn einfach so mit Du ansprach, gefiel Rücker.
    »Nein, nur auf Urlaub.« Er zeigte mit dem Daumen hinter sich, auf einen pompösen Bau in Nähe der Binzer Seebrücke, der seine Umgebung selbstbewusst übertrumpfte. »Ich wohne im Windwood.«
    Sie riss ihre Augen auf, die braun waren, was Rücker viel besser gefiel als das ausgewaschene Blau seiner Exfrau. »Da hat es am Montag doch …«
    »Einen Mord gegeben, ja.« Er schubberte seine Bartstoppeln. »Irgend so ein russischer Richter. Ich habe es aber auch nur im Fernsehen und durch die Zeitung erfahren. Im Hotel selbst war überhaupt nichts zu merken.«
    In der Tat hatte die Direktion des Windwood die Ermittler gedrängt, so diskret wie möglich vorzugehen. Das Hotel gehöre zu den wichtigsten Arbeitgebern des Ortes und zahle horrende Steuern. Im Gegenzug könne man ja wohl ein wenig Rücksichtnahme erwarten. Die Polizisten hatten also die Befragung des Personals in eigens hierfür hergerichteten Räumen durchgeführt. Eine Vernehmung sämtlicher Gäste hatte der Hoteldirektor durch einen Anruf bei Oberstaatsanwalt Mast zu verhindern gewusst. Schließlich war Richter Kirijenko erst am Tag seines Todes angereist. Nach einem Glas Champagner in der Lobby hatte er umgehend seine Suite aufgesucht, ohne mit einem einzigen anderen Gast a uch nur ein Wort zu sprechen. Warum also für unnötige Unruhe s orgen? Die Polizei hatte sich vorläufig darauf beschränkt, Gespräche mit den Bewohnern der Nachbarsuiten zu führen.
    »Hast du gar nicht darüber nachgedacht abzureisen?«, fragte die junge Frau, während sie auf der Stelle trat, um sich warm zu halten. »Ich meine, irgendwie ist es ja ein merkwürdiges Gefühl, wenn man weiß, dass ein anderer Gast …«
    »Ja, schon«, brummte Rücker. Er hatte die Arme über der Brust verschränkt und blickte hinüber auf die breite, grasbewachsene Düne, die zwischen dem Strand und der Straße verlief. Die dünnen Halme waren mit weißen Kristallen überzogen. »Aber ich hatte mich so auf den Urlaub gefreut. Und ich kannte den Mann gar nicht. Das alles ist … weit weg. Wie die Toten im Irak. Oder ein Flugzeugabsturz im Kongo. Schlimm, aber es geht mich eigent lich nichts an.«
    »Verstehe«, sagte die Frau, klang aber nicht überzeugt. Sie blickte hinunter auf ihre grauen Männerstiefel, die an ihr seltsam klobig aussahen. Genau wie der Overall waren sie ihr viel zu groß. »Wie lange bist du denn schon in Binz?«
    »Seit Montag.«
    »Ganz allein?«
    Er lächelte, weil ihm die Frage gefiel. »Ja.«
    »Und was machst du so den ganzen Tag?«
    Rücker zuckte die Schultern. »Eigentlich genieße ich es, mal nichts zu tun. Nichts tun zu müssen, meine ich. Ich laufe am Strand herum oder bummle ein bisschen über die Hauptstraße, trinke irgendwo einen Kaffee.«
    »Hast du schon mal das Jagdschloss Granitz besucht?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ein herrlicher Backsteinbau mitten im Wald. Vom Turm hast du eine
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