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Der Pakt der Liebenden

Der Pakt der Liebenden

Titel: Der Pakt der Liebenden
Autoren: John Connolly
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Polizist.«
    »Und was für ein Polizist willst werden?«
    »Ein New Yorker Polizist. N! Y! P! D!«
    »Und was für ein New Yorker Polizist willst du werden?«
    »Ein guter. Der beste.«
    Worauf mir mein Vater die Haare zerzauste, das Gegenstück zu dem leichten Klaps, den er austeilte, wenn ich etwas machte, das ihm missfiel. Nie eine Ohrfeige, nie einen Schlag – es reichte, wenn er mir mit seinem harten, schwieligen Handteller einen Klaps auf den Hinterkopf gab, ein Zeichen dafür, dass ich eine Grenze überschritten hatte. Weitere Strafen folgten manchmal auf dem Fuß: Ausgangssperre, ein bis zwei Wochen Taschengeldentzug, aber der Klaps war das Zeichen, dass Gefahr drohte. Es war die letzte Warnung und die einzige Art von Gewalt, so zurückhaltend sie auch sein mochte, die ich mit meinem Vater in Verbindung brachte, bis zu dem Tag, an dem zwei Teenager starben.
    Manche meiner Freunde, die gegen eine Stadt rebellierten, in der sie von Polizisten umgeben waren, hatten Bammel vor meinem Vater. Frankie Murrow vor allem, der sich einrollte wie eine erschrockene Schnecke, sobald mein Vater in der Nähe war. Frankies Vater war Wachmann in einem Einkaufszentrum, daher hatte es vielleicht etwas mit Uniformen zu tun und den Männern, die sie trugen. Frankies Vater war ein Ekel, und vielleicht nahm Frankie einfach an, dass andere Männer, die Uniform trugen und Sachen beschützten, höchstwahrscheinlich auch Ekel waren. Frankies Vater hatte ihn einmal gefragt, ob er eine Schwuchtel wäre, als Frankie mit sieben Jahren die Hand seines Vaters ergriffen hatte, bevor sie die Straße überquerten. Mr. Murrow war ein »Riesenscheißkerl«, wie mein Vater es einmal ausgedrückt hatte. Mr. Murrow hasste Schwarze, Juden und Latinos, und er hatte für jeden von ihnen eine ganze Reihe abfälliger Bemerkungen parat. Er konnte aber auch die meisten Weißen nicht ausstehen, folglich war es nicht so, dass er Rassist war. Er hasste einfach gern.
    Mit vierzehn wurde Frankie Murrow wegen Brandstiftung in eine Besserungsanstalt gesteckt. Er hatte ihr eigenes Haus nie­dergebrannt, als sein Vater zur Arbeit war. Er hatte genau den richtigen Zeitpunkt gewählt, so dass Mr. Murrow gerade in seine Straße einbog, als die Feuerwehrwagen hinter ihm anrückten. Frankie saß auf der Mauer des gegenüberliegenden Hauses, sah zu, wie die Flammen emporschlugen, und lachte und weinte gleich­zeitig.
    Mein Vater war kein starker Trinker. Er brauchte keinen Alkohol, um lockerer zu werden. Er war der ruhigste Mann, den ich jemals kennengelernt habe, weshalb die Beziehung zwischen ihm und Jimmy Gallagher, seinem Partner und besten Freund, so schwer nachzuvollziehen war. Jimmy, der immer nahe der Spitze des städtischen Umzugs am St. Patrick’s Day marschierte, der grünes irisches und blaues Polizistenblut in sich hatte, lächelte immer und teilte beinahe spielerische Boxhiebe aus. Er war acht bis zehn Zentimeter größer als mein Vater und auch breitschultriger. Wenn Jimmy zu uns kam und beide nebeneinander standen, wirkte mein Vater immer ein bisschen verlegen, als habe er das Gefühl, im Vergleich zu seinem Freund fehle ihm irgendetwas. Jimmy küsste und umarmte meine Mutter, sobald er eintraf, der einzige Mann außer ihrem Gatten, der sich solche Vertraulichkeiten herausnehmen durfte, und danach wandte er sich an mich.
    »Da ist er ja«, sagte er immer. »Da ist der Mann.«
    Jimmy war nicht verheiratet. Er sagte, er habe nie die richtige Frau kennengelernt, habe es aber genossen, viele von den falschen kennengelernt zu haben. Es war ein alter Witz, und er erzählte ihn oft, aber meine Mutter und mein Vater lachten immer, obwohl sie wussten, dass es eine Lüge war. Frauen interessierten Jimmy Gallagher nicht, doch mir wurde das erst viele Jahre später klar. Ich fragte mich oft, wie schwer es für Jimmy gewesen sein musste, all die Jahre den Schein zu wahren und mit Frauen zu flirten, nur um dazuzugehören. Jimmy Gallagher, der aus nichts die unglaublichsten Pizzas machen konnte, der ein Festessen zubereiten konnte, an dem ein König seine helle Freude gehabt hätte (so ähnlich hatte es einmal mein Vater gegenüber meiner Mutter ausgedrückt), der aber, wenn bei ihm eine Pokerrunde stattfand oder seine Kumpel da waren, um sich ein Ballspiel anzuschauen (weil sich Jimmy als Junggeselle immer die besten und modernsten Fernseher leisten konnte), seinen Gästen nur Nachos und Bier, Kartoffelchips und Fertigkost vorsetzte oder, wenn das Wetter schön war,
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