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Der Pakt der Liebenden

Der Pakt der Liebenden

Titel: Der Pakt der Liebenden
Autoren: John Connolly
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einen Gefallen taten, wenn sie mit ihm spielten oder ihn zum Fernsehen einluden. Es war einfacher, wenn sie als Bande loszogen, im Sommer im Park Softball spielten oder Fußball, wenn Danny Yates, der einzige Bekannte, der sich für Cosmos begeisterte und sich von seinem Onkel, der bei der Air Force in England stationiert war, die Zeitschrift Shoot! schicken ließ, aus dem Sommerlager zurück oder noch nicht weg war. Danny war zwei Jahre älter als alle anderen, und ihm fügten sie sich meistens.
    Ich fragte mich, wo der Großteil dieser ehemaligen Freunde jetzt sein mochte (keiner war schwarz, denn Pearl River war eine blütenweiße Stadt und schwarzen Kids begegneten wir nur bei Schulspielen). Ich hatte den Kontakt zu ihnen verloren, als wir nach Maine zogen, aber einige wohnten wahrscheinlich noch immer hier. Schließlich war Pearl River – klüngelhaft, absolut fürsorglich – ein Ort, der für Generationen seiner Bewohner zu einem Zuhause wurde. Bobby Gretton hatte zwei Häuser weiter auf der anderen Straßenseite gewohnt. Seine Eltern fuhren nur Chevrolets und behielten jedes Auto höchstens zwei Jahre, bevor sie es gegen ein neueres Modell austauschten. Ich schaute nach links und sah einen braunen Chevy Uplander in der Einfahrt des Hauses stehen, in dem die Grettons immer gewohnt hatten. An der hinteren Stoßstange war ein verblichener Aufkleber für die Wahl von Obama zum Präsidenten im Jahr 2008 und daneben ein gelbes Band. Das Auto hatte Veteranennummernschilder. Das gehörte mit Sicherheit Mr. Gretton.
    Das Licht an meinem alten Schlafzimmerfenster veränderte sich, als eine Wolke am Himmel vorüberzog und den Eindruck vermittelte, als bewege sich da drin etwas, und wieder spürte ich die Anwesenheit des Jungen, der ich einst war. Dort saß er und wartete darauf, dass sein Vater zurückkehrte oder er vielleicht einen Blick auf Carrie Gottlieb werfen konnte, die auf der anderen Straßenseite wohnte. Carrie war drei Jahre älter als er und galt allgemein als das schönste Mädchen von Pearl River, auch wenn es Leute gab, die tuschelten, dass sie das auch wüsste und dadurch weniger attraktiv und sympathisch sei als andere, nicht so gut ausgestattete, aber bescheidenere junge Frauen. Dieses Gemurmel interessierte den Jungen nicht, wie es auch nicht viele andere Jungs in der Stadt interessierte. Carrie Gottliebs Distanziertheit, das Gefühl, dass sie auf Piedestalen durchs Leben ging, die nur für sie errichtet worden waren, machte sie so begehrenswert. Wäre sie bodenständiger und weniger selbstsicher gewesen, wäre sie bei weitem nicht so interessant gewesen.
    Carrie ging in die Großstadt, um Model zu werden. Ihre Mutter erzählte jedem, der lange genug stehenblieb, dass Carrie für Modeanzeigen und Fernsehschirme bestimmt sei, doch in den folgenden Monaten und Jahren tauchten keine solchen Bilder von Carrie auf, und mit der Zeit sprach ihre Mutter nicht mehr so von ihrer Tochter. Wenn sie von anderen gefragt wurde (für gewöhnlich mit einem Funkeln in den Augen, weil sie Blut witterten), wie Carrie zurechtkäme, erwiderte sie: »Bestens, einfach bestens«, aber ihr Lächeln wirkte etwas bemüht, während sie versuchte, das Gespräch auf sichereren Boden zu lenken, oder, wenn der oder die andere nachhakte, einfach weiterging. Im Laufe der Zeit hörte ich, dass Carrie nach Pearl River zurückgekommen war, einen Job als Hostess in einem hiesigen Restaurant mit Bar bekommen hatte und Geschäftsführerin wurde, als sie den Inhaber heiratete. Sie war immer noch schön, aber die Großstadt hatte ihren Tribut gefordert, und ihr Lächeln war nicht mehr so selbstsicher wie einst. Trotzdem war sie nach Pearl River zurückgekehrt und trug den Abschied von ihren Träumen mit einer gewissen Anmut, und die Leute bewunderten sie dafür und mochten sie deswegen vielleicht sogar ein bisschen mehr. Sie war eine von ihnen, und sie war daheim, und wenn sie ihre Eltern an der Franklin Avenue besuchte, sah sie der Geist des Jungen und lächelte.
    Mein Vater war im Vergleich mit manchen seiner Kollegen kein kräftiger Mann, hatte kaum die vom NYPD verlangte Mindestgröße erreicht und hatte eine schmalere Statur als sie. Für einen Jungen wie mich war er trotzdem ein imposanter Mann, vor allem, wenn er seine Uniform mit dem vierzölligen Smith & Wesson am Gürtel trug und die Knöpfe auf dem dunkelblauen Stoff glänzten.
    »Was willst du machen, wenn du groß bist?«, fragte er mich, und ich erwiderte immer: »Ein
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