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Der Musikversteher

Der Musikversteher

Titel: Der Musikversteher
Autoren: Hartmut Fladt
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Märchengestalt von Märchen VIII zu ihrer musikalischen Repräsentation. Die australischen Hardrocker um Andrew Stockdale machen auch gelegentliche Ausflüge in den Psychedelic Rock; ihre Musik wird gern für Werbespots, Videospiele und als Filmmusik eingesetzt. Obwohl aus Sidney kommend und mit allen technischen Segnungen der Gegenwart ausgestattet, kultivieren sie gern die naturbelassene Crocodile-Dundee-Rolle. Aber »harte Burschen« – das kann ja auch dann, wenn das Rollenspiel zur Maskerade wird, durchaus Spaß machen.
    Ganz selbstverständlich: alle Klangverzerrer-Möglichkeitenvon E-Gitarren und E-Bass werden in fürs schön Unschöne mobilisiert. Nachdem der Geräusch-Vorhang sich geöffnet hat, bringt die Intro ab 0’15’’ im raschen ternären 4/4-Takt ein ostinato-Motiv mit einem charakteristischen Shuffle-Rhythmus in g-Dorischer Tonart (Offbeat erst zur »4« des 2. Taktes):

    Ab 0’29’’ B-Dur-Melodie, als textlose hohe Kopfstimmen-Vokalise gesungen, oktaviert mit der Leadgitarre; die Melodie wendet sich schließend nach g-Moll, mündet aber in die dissonanten Töne der 9 (a 2 ) und der 11 (c 2 ) (von 0’35’’– 0’49’’).
    Der Text beginnt ähnlich kraftmeiernd wie die Musik (»Can you see it’s full of lightning? All the futures that I see are whitening«), überträgt aber die Lichtmetaphorik dann erstaunlich feinfühlig auf die ausgebreitete Beziehungsproblematik, bevor am Schluss wieder die »große« Perspektive kommt (»I see the empires we built are falling. All we have is a human touch, ah«).
    Nachdem das Intro-Ostinato (von 2’04’’ bis 2’22’’) die Bluesharmonien durchwandert hat, folgt ab 2’23’’ ein – auch klanglich – »freundlicherer« Mittelteil in G-Dur (Mixolydisch, also mit VII. Stufe F-Dur): »I saw the light shine out today.« Ihm schließt sich ein Gitarrensolo an, bevor das Wiederaufgreifen des Anfangs die Form abrundet.
    Das ist eine kraftvolle, klare Angelegenheit, mit schönem, körperlich erlebbarem drive  – und dennoch differenziert.
David Bowie: SPACE ODDITY (1969)
    – http://www.youtube.com/watch?v=jL3LB650plw (die Zeitangaben verschieben sich bei diesem Video etwa um 6 Sekunden)
    Extrem ausgeprägt waren und sind bei David Bowie – als Merkmale seiner verschiedenen Schaffensphasen – die Neigungen zuwechselnden Personnagen. Die jeweilige Herstellung eines Kunst-Ich umfasste immer auch neue Kunst-Welten mit spezifischen musikalischen, textlichen, inhaltlichen Besonderheiten. Dazu gehörte auch die (schon rein äußerlich) jeweils aufwändige Verwandlung in die darzustellenden »Bühnen«-Persönlichkeiten.
    SPACE ODDITY von 1969 reagierte auf das Erlebnis von Stanley Kubricks 2001 – Odyssee im Weltraum . In der Rolle des »Major Tom« werden – äußerlich – Weltraum-Abenteuer bestanden (bzw. nicht bestanden), die aber immer zugleich Sinnbilder sind: für das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft, von Mensch und Natur, von Technik und dem »Zauberlehrling«-Syndrom ihrer Nicht-Beherrschbarkeit. (Nach »Major Tom« kamen bei Bowie u. a. noch die Phasen »Ziggy Stardust«, »Aladdin Sane« etc.) Etwa zehn Jahre nach SPACE ODDITY wird im Song ASHES TO ASHES »Major Tom« als Junkie bezeichnet; der Weltraum-Trip könnte also auch als Drogen-Halluzination aufgefasst werden.
    Nach einem »phrygischen« Pendel in der Intro (F maj 7 – e-Moll 7 ) im tempo moderato ist die Startszene des Beginns (Worte der Bodenkontrolle, Countdown) geprägt durch eine Beatles-Referenz: Wie zu Beginn von ELEANOR RIGBY ist die Basis das harmonische Pendel C-Dur – e-Moll. Bowies Stimme wird charakteristisch oktaviert. Zum Geräusch der »space craft lift off music« erklingt eine Tontraube, ein Cluster aus Partialtönen von C, der auch als Jazz-Akkord darstellbar ist: C 7 9 #11 13 (0’00’’– 1’17’’).
    Mit den zwei Teilen der Strophe in einem reich ausharmonisierten C-Dur (»Zwiegespräch« Bodenkontrolle – Major Tom) ab 1’18’’ setzt auch ein aufwändiges Orchester ein. Im Refrain, bei der Beschreibung des »Blauen Planeten«, werden Orchestereffekte des Impressionismus zitiert (u. a. ein Querflöten-tremolo, ab 2’07’’).
    Als Zeichen der Hilflosigkeit in der »Blechdose« der Weltraumkapsel dann ab 2’30’’ ein Gitarrenbreak (akustische Gitarre,mit hand-clapping), übergehend in ein orchestral begleitetes E-Gitarren-Solo. Die folgende Strophe macht das »Verloren im Weltall« endgültig manifest. Der
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