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Der Metzger sieht rot

Der Metzger sieht rot

Titel: Der Metzger sieht rot
Autoren: Thomas Raab
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Leitung ist ein Schweigen ausgebrochen, was soll der Pospischill dem auch entgegenhalten. Nach einiger Zeit ringt er sich zögernd ein paar Worte ab.
    „Und wie geht es jetzt weiter, Willibald?“
    Der Metzger weiß selbst keine Antwort. Was soll er dem Pospischill, der ihn im Grunde völlig allein gelassen hat, nun vorschlagen?
    Manchmal ist es ein Segen, wenn die Emotion spontaner reagiert als der Geist:
    „Hast du am Nachmittag Zeit?“, überholt er sich selbst, worauf der Pospischill, verwundert und auch erleichtert über den plötzlichen Schwenk, meint:
    „Gerne!“, in Erwartung einer freundschaftlichen, versöhnlichen Zusammenkunft. Manchmal ist es eben auch kein Segen, wenn die Emotion spontaner reagiert als der Geist.
    „Ich bräuchte dich als Zuschauer. Muss jemanden treffen, dem ich nicht ganz trau, und wäre dir dankbar, wenn du mich im vorderen Kurpark nur beobachtest!“
    „Das versteh ich nicht ganz!“, stammelt der Kommissar, worauf der Metzger „Musst du auch nicht!“ erwidert und nach Bekanntgabe der Zeit auflegt.
    Zumindest was die Zusammenkunft am Nachmittag betrifft, hat der Metzger nun ein sichereres Gefühl und versinkt zurück in seine Djurkovic-Betäubtheit, zu der sich ein höchst unbefriedigender Halbschlaf mit ständiger Augenaufschlagunterbrechung zwecks zeitlicher Orientierung an der großen präzisen Bodenstanduhr aus ebonisiertem Obstbaum gegenüber von seinem Sofa gesellt.
    Unbeirrbar folgt der Zeiger seinem monotonen Lauf, was sich in diesem Fall als großes Geschenk erweist, denn schon lange ist die Zeit für den Willibald Adrian nicht mehr mit einer derartigen Zähigkeit verstrichen wie während dieser Stunden.
    Dann ist es soweit, und mit gesenktem Haupt und hochgeschlagenem Jackettkragen, so als könnte ihm jeder ansehen, wo er trotz im Koma liegender Geliebter die letzte Nacht verbracht hat, macht er sich auf den Weg. Zu Fuß.

    Im Kurpark angelangt, wartet schon der Kommissar und winkt ihm von Weitem zu, was den Willibald natürlich ärgert, denn unter beobachten hat er etwas anderes verstanden. Dass das ein Polizist von selber gneißt, ist natürlich zu viel verlangt, denkt sich der Metzger und geht, anstelle auf den Pospischill zu, kopfschüttelnd von ihm weg. Jetzt müsste er es kapieren, lispelt er vor sich hin und macht sich inmitten der Vielzahl scheinbar zeitlos herumschlendernder, verliebter Pärchen auf die Suche nach seiner Verabredung.

53
    Eduard Pospischill fühlt sich richtig mies, seit ihm der Metzger so unverblümt die Wahrheit ins Gesicht geschmettert hat. Das soll er ihm aber einmal zeigen, der Willibald Adrian, wie man als unter Druck gesetzter Ermittler so mir nichts dir nichts handfeste Beweise links liegen lässt, nur weil ein verständlicherweise aufgekratzter Freund Gespenster sieht.
    So wie offenbar auch jetzt. Seit geraumer Zeit läuft der Metzger nervös kreuz und quer durch den Kurpark, setzt sich zwischendurch hin, wenn sich die seltene Gelegenheit einer freien Parkbank bietet, blickt nervös um sich und wirkt wie ein gehetztes Tier.
    Plötzlich spricht den Metzger eine Frau an. Auffällig adrett gekleidet und einen Kopf größer als er. Der Metzger verhält sich distanziert und erweckt den Anschein, als wäre ihm dieses Treffen gar nicht recht, tritt von einem Fuß auf den anderen und blickt sich weiter suchend um.
    Dann wird es für den Pospischill schwer, sich zu konzentrieren. Aus dem Hintergrund, dort, wo ein großer Bogen unterhalb des Schlosses zum hinteren, bei Weitem größeren und eigentlichen Teil des Parks führt, hört er einen lauter werdenden, aufgeregten Ruf:
    „Polizei, Polizei!“
    Er dreht sich um, sieht einen älteren, hilflos herumlaufenden Herrn und weiß, dass er den Willibald nun einmal mehr enttäuschen muss. Hier geht die Dienstverpflichtung vor.
    Zielstrebig geht er auf den verzweifelten Mann zu, um den sich eine Traube tatenlos gaffender Menschen zu versammeln beginnt, und meint: „Was ist denn los, mein Herr? Kommissar Pospischill ist mein Name.“
    „Kommen Sie schnell, kommen Sie. Ich muss Ihnen etwas Schreckliches zeigen!“
    Der Metzger kann es nicht fassen. Eduard Pospischill ist dabei, sich in Richtung des hinteren Kurparks davonzumachen. Das darf doch nicht wahr sein. Jetzt straft ihn schon der Zufall mit barbarischer Härte und dann auch noch das.
    Aufgeregt und beinah neurotisch hört er neben sich, während sie zupfend an seinem Ärmel zieht, die aufdringliche, der knarrenden Tabernakelschranktür
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