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Der Metzger sieht rot

Der Metzger sieht rot

Titel: Der Metzger sieht rot
Autoren: Thomas Raab
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ähnelnde Stimme von Ingeborg Joachim. „Jetzt kommen Sie, kommen Sie doch. Der Otto, der Otto ist nur schnell aufs WC ins Kurrestaurant gegangen. Wir überraschen ihn jetzt. Der wird sich freuen, Sie zu sehen, Herr Metzger!“
    „Ich kann beim besten Willen nicht, Frau Joachim!“
    „Nur kurz. Immerhin sind Sie samt Ihrer Werkstatt ja der Grund für dieses kleine Frühlingswunder!“
    Großes Frühlingswunder, denkt sich der Metzger, reißt forsch seinen Ärmel los, unterlegt von den Worten „Nicht böse sein!“, und stürmt in Erwartung der kurz bevorstehenden eigenen Verabredung dem Pospischill, der bereits im großen Torbogen verschwunden ist, hinterher, zwecks Mitteilung, wie dringend er ihn hier vorne, zwischen Rosenbeeten und Liebespaaren, bräuchte.
    Und wie er schließlich selbst keuchend den Durchgang hinter sich hat, ist der Kommissar schon beinah aus der Anlage hinaus.
    „Pospischill!“, entkommt es dem Metzger lauthals.
    Zu leise für einen aufgebrachten Polizisten, der ganz in seinem Element den Bürgern zu Diensten eilt.
    Erst auf dem Parkplatz hat er ihn endlich eingeholt und wird von Eduard Pospischill keine Rechtfertigung mehr einfordern.
    Durch die offene Beifahrertür eines sichtbar teuren Sportwagens blickt er in die leeren Augen einer leider viel zu guten alten Bekannten, obwohl alt ist sie nicht geworden.
    Die wird mir, nachdem sie es mir wahrscheinlich schon gezeigt hat, nun nicht auch noch zusätzlich erklären können, was sie privat mit Kwabena Owuso getrieben hat, geht es dem Metzger durch den Kopf,
    Dass aber gerade das bevorstehende Treffen dazu gedacht war, dem Metzger nicht zu erklären, sondern erstmals wirklich zu demonstrieren, was die Frau mit dem Künstlernamen Dominique Nemesis mit Kwabena Owuso tatsächlich gemacht hat, davon wird der Metzger nun genauso wenig erfahren wie von dem absolut keuschen und teuersten Schäferstündchen seines Lebens im Rosenzimmer der Villa Orchidee. Wenn das nur allen Männern vergönnt wäre, so eine Lüge mit dem bleibenden Irrglauben eigener Verfehlung und der dadurch ausgelösten zurückhaltenden Wirkung verborgener Reue – den Frauen bliebe viel erspart.
    „Habe ich diese Leiche vielleicht auch dir zu verdanken?“, meint der Pospischill scherzhaft mit hochgezogener Augenbraue, sozusagen als plumper Versöhnungsversuch, nichts ahnend, wie sehr er damit ins Schwarze trifft.
    „Mir tut das leid, unser Zerwürfnis, Willibald, wirklich. Darüber müssen wir noch ausführlich reden, jetzt geht’s halt schlecht. Bräuchtest du mich noch vorne, gell?“
    „Nein, nein, das schaff ich schon allein!“, antwortet der Metzger und wird wohl ein weiteres Geheimnis durch sein Leben tragen müssen. Es wird nicht das Letzte sein.

    Ingeborg Joachim und Otto Weinstadler ziehen wieder eingehängt ihre verträumten Runden zwischen Buchsbaumhecken und Rosenbeeten und werden trotz angestrengter Aufmerksamkeit den Metzger nicht mehr finden, denn der hat sich gleich vom hinteren Parkplatz aus auf den Weg ins Spital gemacht, so, als wäre die Hälfte seiner unkeuschen Last verschwunden, was ja auch irgendwie stimmt, und mit dieser zurückgebliebenen halben Portion seines Schamgefühls traut er sich schon wieder eher, vor seine Danjela zu treten.

    Der Spaziergang tut dem Metzger jetzt ganz gut, obwohl er ja zuvor schon zum Kurpark marschiert war, da empfand er nur jeden Schritt wie einen Bußgang. Jetzt aber fühlt sich der Willibald Adrian trotz des grauenhaften Anblicks zuvor irgendwie erleichtert. Das wird allerdings nicht lange halten.
    Denn während er so schlendert, meldet sich ein schrecklicher Gedanke.
    Wenn nun seit der Pospischill-Fallauflösung wirklich keine Wache vor Danjelas Zimmer steht, er selbst sich nur bis etwa fünf Uhr bei der, seiner Auffassung nach garantierten Verfasserin des Werkstattdrohung aufgehalten hat, und diese bis vor kurzem noch am Leben war – dann war Danjela Djurkovic eigentlich ziemlich lange unbeaufsichtigt.
    Dazu gesellt sich augenblicklich die Einsicht, dass ihm dieser Gedanke ja bereits beim Telefonat mit Eduard Pospischill und der Information über den Wachabzug hätte kommen können. Folglich hätte er sich umgehend selbst ins Spital begeben müssen, unabhängig von allen egoistischen Selbstmitleidsergüssen.
    Jetzt kann man es nicht mehr als Schlendern bezeichnen, was der Metzger auf den Asphalt legt. Nach einer langen, panisch absolvierten Laufstrecke springt der Metzger ins nächste Taxi und könnte aus der
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