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Der Meister und Margarita

Titel: Der Meister und Margarita
Autoren: Michail Bulgakow
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und in die "Fernen der Zukunft", der Erweiterung "der nach Jahren gemessenen biographischen Form in eine gesellschaftlich-historische Kulturform, die nach Jahrhunderten gemessen wird", vollzieht in "Meister und Margarita" das künstlerische Denken Bulgakows, des Autors, der hinter seine Gestalten zurücktritt.
    Diese neue Form der künstlerischen Erforschung dessen, "was die Welt im Innersten zusammenhält", entwuchs der besonderen Problematik der Zeit und Bulgakows.
    Neue Menschheitsdichtungen entstehen auf der Grundlage einer synthetischen künstlerischen Bewältigung von Epochen, die das weitere Fortschreiten der Menschheitsgeschichte entscheidend bestimmt haben. So ist Goethes "Faust", wie Turgenjew bereits 1845 feststellte, der "vollständigste (literarische) Ausdruck der Epoche, die das Mittelalter von der Neuzeit trennt", und des Zeitalters der Großen Französischen Revolu- tion, ,jener Epoche, in der die Gesellschaft bis zur Negation ihrer selbst ging, in der sich jeder Bürger in einen Menschen verwandelte, in der schließlich der Kampf zwischen der alten und der neuen Zeit entbrannte und die Menschen außer dem menschlichen Verstand und der Natur nichts als unerschütterlich anerkannten. Die Franzosen haben diese Lehre von der Eigengesetzlichkeit des menschlichen Verstandes in der Wirklichkeit realisiert, die Deutschen in Theorie, Philosophie und Dichtung." In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, daß Goethe sein neues Weltgedicht erst vollendete, als die Geschichte bereits den Abschluß dieser revolutionären Übergangsepoche vorgezeichnet hatte. Das ist für die Formung einer künstlerischen Epochensynthese von entscheidender Bedeutung. Lenin hat dies einmal klar ausgesprochen. Als Gorki nach der Revolution von 1905 solch ein synthetisches Werk über das Rußland des bürgerlichen Zeitalters plante, sagte er dem Schriftsteller: "Ein ausgezeichnetes Thema ... Ich glaube, Sie werden damit zurechtkommen, aber ich sehe nicht, womit Sie es abschließen werden. Die Wirklichkeit bietet keinen Abschluß ... Das muß nach der Revolution geschrieben werden." Und tatsächlich entstand Gorkis neue Menschheitsdichtung über Beginn und Ende des bürgerlichen Zeitalters in Rußland, "Klim Samgin", erst nach der Revolution. Bulgakows Faustwerk zielte dagegen auf eine Verallgemeinerung seiner künstlerischen Erforschung des nachrevolutionären Rußlands zu einer neuen Menschheitsdichtung. Diese Aufgabenstellung erforderte die künstlerische Bewältigung enormer objektiver und subjektiver Hindernisse. Die Wirklichkeit bot noch keinen Abschluß. Die Sowjetunion befand sich erst, wie es Ehrenburg damals formulierte, in der Periode des "Zweiten Tages" der sozialistischen "Schöpfungsgeschichte", als die "Feste zwischen den Wassern" entstand, auf der das künftige Gebäude errichtet wurde. Und in dieser Periode mußte auf Grund der besonderen nationalgeschichtlichen Entwicklung Rußlands und unter den Bedingungen des sozialistischen Aufbaus in einem Lande, der kapitalistischen Umkreisung und ständigen Interventionsdrohung am Vorabend des zweiten Weltkrieges "alles auf einmal" geleistet werden: nachholen der kapitalistischen Entwicklung und "ursprüngliche Akkumulation" des Sozialismus, Vollendung dessen, was die Jakobiner in der antifeudalen, bürgerlichen Emanzipation schafften, und zugleich Bewerkstelligung des Übergangs zur neuen gesellschaftlichen, ideologischen und moralischen Qualität des Sozialismus. Es galt also, den damals weder nationalgeschichtlich noch weltgeschichtlich gegebenen "Abschluß" auf der Grundlage einer Analyse von Gegenwart und Vergangenheit durch künstlerisches Zuendedenken zu finden. Und dafür war Bulgakow ideologisch wenig vorbereitet. Als ein "letzter Bürger" — im Sinne Thomas Manns — hatte er in seinen großen Frühwerken über Revolution und Bürgerkrieg — die Wirklichkeit hatte dafür bereits den Abschluß geboten — den weltgeschichtlichen "Epilog" des bürgerlichen Zeitalters als "Prolog" der Revolutionsepoche zu gestalten vermocht. Er anerkannte die Größe der Revolution, verstand aber nicht ihren besonderen nationalgeschichtlichen, nachrevolutionären Weg. Um so erstaunlicher und bedeutungsvoller ist die künstlerische Leistung Bulgakows in "Meister und Margarita": Ohne über den Kompaß des Marxismus zu verfügen, gelangte Bulgakow in wesentlichen Ansätzen zu Ergebnissen, die den von Lenin vorgezeichneten verwandt sind.
    Die objektiven Schwierigkeiten, die seinem Werk
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