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Der Medicus von Saragossa

Titel: Der Medicus von Saragossa
Autoren: Noah Gordon
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nebenbei erzählt, daß sein Großvater 1919 der erste Mann aus Pinsk gewesen sei, der in seiner Schuhfabrik in Lowell, Massachusetts, eine Steppmaschine installiert hatte.«
    »Na ja, aber 1654«, entgegnete Betty. »Sogar meine Yankee-Großmutter Spencer würde das als Prahlerei bezeichnen.«
    »Das war Moms Seite der Familie, die Raphaels. Auf Pops Seite sind die ersten Vorfahren erst seit Anfang des neunzehnten Jahrhunderts in die Vereinigten Staaten gekommen, aber Nona konnte die Toledanos bis zu Eleasar Toledano zurückverfolgen, einem Wagner, der 1529 von Amsterdam nach Den Haag zog.«
    »Ach du meine Güte, Roz. Warum hast du mir eigentlich früher nie von diesen Leuten erzählt?«
    Rosalyn zuckte die Achseln. »Vermutlich weil ich keinen Grund habe, sehr oft an sie zu denken.«
    Kurz darauf kamen sie zu einem kleinen Laden mit einem einfachen Schild über der Tür – »Antiquitäten Salazar« -, und sie beschlossen hineinzugehen. »Auch wenn wir sonst nichts finden, Schatten auf jeden Fall«, sagte Betty. Doch als sie eintraten, sahen sie, daß die Antiquitäten attraktiv und interessant waren.
    »Suchen Sie etwas Spezielles?« fragte der Besitzer, der sich als Pedro Salazar vorstellte. Er war ein glatzköpfiger, älterer Mann in schwarzem Anzug, weißem Hemd und einer gemusterten roten Krawatte, die nicht so recht zum Rest paßte und ihm ein fast verwegenes Aussehen gab.
    »Ich suche ein Geschenk für meine Großmutter. Mi abuela,« sagte Rosalyn.
    »Ah, die Großmutter... Nun, wir haben viele Dinge. Wenn Sie sich umschauen wollen.«
    Die Antiquitäten waren sehr hübsch, aber das Angebot bestand fast ausschließlich aus Möbeln. Rosalyn sah nichts, das als Geschenk für ihre Nona in Frage käme, bis sie ein emailliertes Metalltablett mit einem Satz überdimensionierter silberner Kelche entdeckte. Sie waren sehr schön poliert.
    »Was meinst du?« fragte sie und nahm einen der Kelche zur Hand.
    »Ich kann mir vorstellen, daß deine Großmutter sich über antikes spanisches Silber sehr freut«, erwiderte Betty.
    Señor Salazar spürte ihr Interesse und kam zu ihnen. Als Rosalyn ihn nach dem Preis der Kelche fragte, brauchte sie einen Augenblick, um Pesetas in Dollar umzurechen und verzog dann das Gesicht. »Wow«, sagte sie.
    Señor Salazar lächelte. »Sie stammen aus dem Nachlaß eines Mannes, der ein lebenslanger Freund von mir war, bis er diesen April verstarb. Er hieß Señor Enrique Callicó, ein sehr bekannter Mann, fast der letzte einer vornehmen Saragossaner Familie. Sein Vater fiel im Bürgerkrieg, bei der Schlacht um Madrid. Jetzt gibt es nur noch seinen jüngeren Bruder Manuel, der inzwischen ein älterer Monsignore im Vatikan in Rom ist. Ich habe schon viele sehr schöne Antiquitäten aus dem Callicó-Nachlaß verkauft.«
    »Ich weiß nicht...« Rosalyn drehte einige der Kelche um. »Sind das Verfärbungen hier unten?«
    »Nein, Señorita, die Sockel bestehen aus Elektrum, einer Legierung aus Silber und Gold.«
    »Hier auf dem Boden stehen Initialen. HT. Wissen Sie etwas über den Silberschmied?«
    Doch der alte Mann schüttelte den Kopf, »Tut mir leid. Ich weiß nur, daß die Kelche sehr gut gemacht und sehr alt sind. Sie waren über viele Generationen hinweg im Besitz der Familie Callicó.«
    »Hmm. Zwei davon sind stark verbeult und zerkratzt... Und es sind offensichtlich nur zehn. Ist das denn ein kompletter Satz?«
    »Ich habe nur diese zehn Kelche. Vielleicht kann ich Ihnen ja beim Preis entgegenkommen.«
    »... Ich glaube nicht«, sagte sie schließlich. »Es ist nicht nur der Preis. Meine Großmutter ist eine ältere Frau, und ich habe sie grummeln gehört, daß Silber ständig poliert werden muß.«
    »Ja, da hat sie recht, Silber braucht Pflege«, stimmte der Besitzer ihr zu.
    »Roz, komm mal hierher«, rief Betty. »Ist das nicht ein wunderbarer kleiner Schreibtisch?«
    Der Tisch war wirklich sehr schön. »Ist das Eiche?« fragte Rosalyn.
    »Ja, Eiche.«
    »Aus welchem Teil Spaniens stammt er?«
    »Eigentlich ist er englisch, Señorita. Hergestellt im späten achtzehnten Jahrhundert, im Chippendalestil. Auch er gehört zum Callicó-Nachlaß.« Er lächelte. »Zufällig war ich mit Enrique Callicó in London, als er diesen Schreibtisch kaufte. Kurz darauf wurde er ein... magistrado, wie heißt das?«
    »Ein Richter«, erwiderte Betty.
    »Ja, er war ein angesehener und berühmter Richter. An diesem Schreibtisch hat er viele wichtige Dokumente unterzeichnet.«
    Rosalyn fragte nach dem
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