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Der Medicus von Saragossa

Titel: Der Medicus von Saragossa
Autoren: Noah Gordon
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nebeneinander auf einer Bank, bis der Mönch zurückkehrte und sagte, Padre Espina könne sie jetzt zu einem vertraulichen Gespräch empfangen.
    Jona wußte, daß es Padre Espina verwirrte, sie beide zusammen zu sehen.
    »Ich möchte Euch eine Geschichte erzählen«, sagte Padre Sebastian, als sie Platz genommen hatten.
    »Ich höre zu.«
    Der weißhaarige alte Mann erzählte von einem jungen Priester, voller Ehrgeiz und gesegnet mit familiären Beziehungen, der um eine Reliquie gebeten hatte, die ihn zum Abt eines großen Klosters machen würde. Er erzählte von Kabale und Diebstahl und Mord. Und vom Arzt von Toledo, der sein Leben auf dem Scheiterhaufen verloren hatte, weil er die Bitte eines Priesters seines erwählten Glaubens nicht hatte abschlagen wollen. »Das war Euer Vater, Padre Espina.«
    Padre Sebastian berichtete, daß er in den Jahren seiner Wanderschaft überall nach gestohlenen Reliquien gefragt habe. »Die meisten Leute zuckten nur die Achseln. Es war schwierig, etwas zu erfahren, aber ich schnappte hier und dort ein Wort auf, und alle Worte wiesen mich auf den Grafen Fernán Vasca hin. So lenkte ich meine Schritte immer wieder einmal zur Burg von Tembleque, bis die Leute dort sich an meinen Anblick gewöhnten. Und ich hielt die Augen und Ohren offen, aber erst in diesem Jahr hielt Gott es für angemessen, mich auf der Burg mit diesem Medicus hier zusammenzubringen, wofür ich ihm sehr danke.«
    Padre Espina lauschte mit gebannter Aufmerksamkeit, die sich zu Staunen wandelte, als Padre Sebastian einen Gegenstand aus seinem Bündel zog und ihn mit größter Sorgfalt auswickelte.
    Die drei Männer verstummten, als sie das Reliquiar vor sich sahen.
    Das Silber war schwarz angelaufen, das Gold aber noch rein und strahlend, und die Heiligenfiguren und die Früchte und Pflanzen der Verzierung stachen trotz ihrer Schwärze dem Betrachter ins Auge.
    »Gott hat dem Schöpfer die Hände geführt«, sagte Padre Espina.
    »Ja«, entgegnete Padre Sebastian. Er nahm den Deckel vom Ziborium, und die drei starrten die Reliquie in der Schale an. Die beiden Priester bekreuzigten sich.
    »Seht Euch satt daran«, sagte Padre Sebastian, »denn die Reliquie der Santa Ana und das Reliquiar müssen so schnell wie möglich nach Rom geschickt werden, und unsere Freunde in der päpstlichen Kurie sind berüchtigt für ihre Langsamkeit, wenn es darum geht, die Echtheit einer gestohlenen und wiedergefundenen Reliquie zu bestätigen. Es kann sein, daß wir es nicht mehr erleben.«
    »Aber es wird geschehen«, sagte Padre Espina, »und zwar dank Euch beiden. Die Legende der Toledaner Reliquie der Santa Ana ist überall bekannt, und Euch beide wird man als Helden ihrer Rettung feiern.«
    »Ihr habt mir erst kürzlich gesagt, daß ich mit Eurer Hilfe immer rechnen könne«, sagte Jona. »Jetzt muß ich Euch um diese Hilfe bitten. Mein Name darf in Zusammenhang mit dieser Angelegenheit nicht erwähnt werden.«
    Padre Espina war verwirrt über diese unerwartete Wendung, und er musterte Jona schweigend.
    »Was haltet Ihr von Señor Callicós Bitte?« fragte er Padre Sebastian.
    »Sie hat meine volle Unterstützung«, erwiderte der alte Priester. »Ich habe seine Rechtschaffenheit kennengelernt. In Zeiten, die sonderbar und schwierig sind, kann es ein Segen sein, unerkannt zu bleiben, sogar für einen Ehrenmann.«
    Schließlich nickte Espina. »Mir ist bewußt, daß auch mein Vater zu seiner Zeit eine solche Bitte hätte äußern können. Welche Gründe Ihr auch haben mögt, ich werde Euch keine Sorgen bereiten. Aber gibt es sonst noch etwas, das ich für Euch tun kann?«
    »Nein, Padre, vielen Dank.«
    Padre Espina wandte sich nun an Padre Sebastian. »Aber wenigstens Ihr als Priester müßt zur Verfügung stehen, um zu bezeugen, was in der Burg von Tembleque vorgefallen ist«, sagte er. »Kann ich Euch nicht eine Stellung verschaffen, in der Ihr nicht mit den Armen wandern und Euer täglich Brot erbetteln müßt?«
    Aber Padre Sebastian Alvarez wollte weiter Bettelmönch bleiben. »Santa Ana hat mein Leben und meine Berufung verändert und mich zu einer Priesterschaft geführt, die ich mir so nicht vorgestellt habe. Bitten möchte ich Euch, dafür zu sorgen, daß mein Name nur erwähnt wird, wo es notwendig ist, damit diese meine Priesterschaft fortbestehen kann.«
    Padre Espina nickte. »Ihr müßt einen Bericht darüber verfassen, wie diese Gegenstände wiedergefunden wurden. Bischof Enrique Sagasta kennt mich und vertraut mir, als
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