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Der Medicus von Saragossa

Titel: Der Medicus von Saragossa
Autoren: Noah Gordon
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lateinische Inschrift, den toten Ritter und die goldene Rose mit dem silbernen Stiel.

5. Aufbruch
    A m Morgen packte Jona gerade seine Satteltaschen, als Maria del Mar Cano zu ihm kam. Sie trug Trauer, ein schwarzes, schweres Reisegewand. Der Schleier ihrer schwarzen Haube verhüllte die kleine Narbe auf ihrer Wange, aus der er erst vor wenigen Tagen die Fäden gezogen hatte.
    »Ich gehe nach Hause. Mein Vater schickt einen Bevollmächtigten, der sich um die Fragen von Besitz und Erbschaft kümmern wird. Wollt Ihr mit mir nach Madrid kommen, Arzt?«
    »Das ist nicht möglich, Condesa. Meine Frau wartet in Saragossa auf mich.«
    »Ach«, sagte sie bedauernd. Aber dann lächelte sie. »Dann müßt Ihr mich eines Tages besuchen, falls Ihr Euch einmal nach Luftveränderung sehnt. Mein Vater wird Euch großzügig entlohnen wollen. Daniel Tapia hätte großes Unglück über mich bringen können.«
    Er brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, daß sie glaubte, er habe den Mann getötet, weil der sie geschlagen hatte.
    »Ihr seid verwirrt über das, was hier passiert ist.«
    Sie hob ihren Schleier und beugte sich vor. »Ich bin nicht verwirrt. Ihr müßt nach Madrid kommen, denn auch ich möchte Euch großzügig entlohnen«, sagte sie, küßte ihn auf den Mund und ging davon. Er blieb traurig und wütend zurück. Ohne Zweifel würde ihr Vater – oder sonst jemand, der ihre Geschichte hörte – annehmen, daß der Medicus von Saragossa Gift benutzt hatte, um Tapia zu töten. Er wollte nicht, daß ein solches Gerücht die Runde machte.
    Maria del Mar Cano war jung und wäre auch noch im Alter eine Versuchung für jeden Mann, aber ihre Anwesenheit in Madrid würde dafür sorgen, daß er nie dorthin reisen würde.
    Nachdem er seine Sachen gepackt hatte, war er wieder besserer Stimmung. Als er zum Fenster hinausschaute, sah er die Condesa von Tembleque durchs Haupttor reiten, und mit einer gewissen Belustigung stellte er fest, daß sie auf der Reise nach Madrid gut beschützt sein würde, denn sie hatte sich einen jungen, starken Soldaten der Wache zum Begleiter erwählt.
    Im Burghof verabschiedete er sich von den beiden Priestern. Padre Sebbo hatte sein Bündel auf dem Rücken und einen sehr langen Stab in der Hand.
    »Wir haben noch über mein Entgelt zu sprechen«, sagte Jona zu Padre Guzmán.
    »Ach, das Entgelt. Es kann natürlich erst gezahlt werden, wenn der Nachlaß geregelt ist. Man wird es Euch nachsenden.«
    »Mir sind zehn silberne Kelche aus dem Besitz des Grafen aufgefallen. Die hätte ich gern als Bezahlung.«
    Der priesterliche Verwalter horchte auf, wenngleich mit entsetzter Miene. »Zehn Silberkelche sind viel mehr wert als das Entgelt für einen Mißerfolg«, erwiderte er trocken. Ihr habt ihn nicht am Leben halten können, las Jona in seinem Blick. »Nehmt vier, wenn Ihr wollt.«
    »Fray Francisco Espina sagte, ich würde reichlich entschädigt.«
    Padre Guzmán wußte aus Erfahrung, daß man sich von aufdringlichen bischöflichen Beamten nicht ins Handwerk pfuschen lassen durfte. »Dann sechs«, sagte er, ein harter Verhandler.
    »Ich nehme sie, wenn ich die anderen vier kaufen darf. Zwei sind beschädigt.«
    Der Verwalter nannte einen Preis, der unverschämt war, doch die Kelche waren für Jona viel mehr wert als Geld, und so stimmte er, wenn auch mit aufgesetztem Widerwillen, sofort zu.
    Padre Sebbo hatte dem Wortwechsel mit einem feinen Lächeln gelauscht. Jetzt verabschiedete er sich und schlenderte, mit erhobener Hand und einem letzten Segenswunsch für die Wachen, durch das Tor wie ein Mann, der die Welt zum Ziel hat.
    Als Jona eine Stunde später durch dasselbe Tor reiten wollte, wurde er aufgehalten.
    »Es tut mir leid, Señor. Wir haben den Befehl, Eure Habe zu durchsuchen«, sagte der Hauptmann der Wache zu ihm.
    Sie zogen alles aus seinen Taschen, was er so sorgfältig eingepackt hatte, doch er beherrschte sich, obwohl sein Magen sich verkrampfte.
    »Für die Kelche habe ich eine Empfangsbestätigung«, sagte er.
    Schließlich nickte der Hauptmann ihm zu, und Jona führte Hermana beiseite, um seine Sachen wieder einzupacken. Dann saß er auf und ließ das Schloß von Tembleque mit Freuden hinter sich.
    Sie trafen sich in Toledo vor dem Bischofspalast.
    »Keine Schwierigkeiten?«
    »Nein«, sagte Padre Sebastian. »Ein Fahrer, der mich kannte, nahm mich in seiner Kutsche mit. Ich bin hier eingezogen wie der Papst.«
    Sie gingen ins Gebäude, meldeten sich an und saßen dann schweigend
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