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Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur

Titel: Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur
Autoren: Bastei Lübbe
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gleichberechtigten Weltgemeinschaft durchaus die Frage stellen, ob als Universalkalender eine christliche Chronologie nicht längst völlig anachronistisch geworden ist. Müsste die Jahresfolge nicht ab einem weltlicheren Datum gezählt werden als von der Geburt Christi, die noch dazu seinerzeit falsch berechnet wurde? Welches ebenso universell gültige wie weltanschaulich unverfängliche Jahr der Menschheitsgeschichte aber könnte diesen Zweck erfüllen? Der vergleichsweise unbelastete Urknall kommt aus praktischen Gründen nicht infrage: Er liegt einfach zu lange zurück.
    Derzeit gibt es keinen internationalen Konsens für eine Reform des Kalenders oder die Einführung eines Weltuniversalkalenders ganz neuer Form, und das Thema ist nur noch eine Spielwiese für akademische Diskussionen, die vorzugsweise im Internet ausgetragen werden. Zuletzt gab es anlässlich des Jahrtausendwechsels Bestrebungen für eine Kalenderreform, die aber ebenso ins Leere liefen wie vorangegangene Versuche der wohl einzigen Weltorganisation, die ein solches Vorhaben schultern könnte: die Vereinten Nationen. Doch auch die UN sind auf die Reformbereitschaft ihrer Mitglieder angewiesen, und nach dem Zweiten Weltkrieg verliefen entsprechende Ansätze im Sande. In den 1920er-Jahren sah es unter der Vorläuferorganisation Völkerbund noch etwas anders aus, ein Ausschuss für eine Weltkalenderreform sammelte immerhin 130 Vorschläge. Doch aus der Umsetzung eines dieser Projekte wurde ebenso wenig etwas wie aus dem Vorhaben der World Calendar Association einer betuchten Weltbürgerin namensElisabeth Achelis, die sich für einen Weltkalender starkmachte, der auf den französischen Astronom Flammarion zurückging und aus vier gleich langen Quartalen von 91 Tagen (1 Monat zu 31, zwei weitere zu je 30 Tagen) bestehen sollte. Der überzählige 365. Tag sollte als World Day weltweiter Feiertag werden. Die schöne Idee von Weltbürgertum und Völkerverständigung mittels Kalender wurde durch den Zweiten Weltkrieg einstweilen widerlegt und geriet anschließend in Vergessenheit. Die Zweiteilung der Welt machte eine kalendarische Verständigung in größerem Maßstab ohnehin unmöglich, aber auch nach dem Ende des Ost-West-Gegensatzes ist angesichts der politischen, gesellschaftlichen, kulturellen und religiösen Unterschiede die Durchsetzung eines Weltkalenders kaum leichter geworden. Trotz aller Schwächen der derzeitigen Jahresrechnung funktioniert unsere komplexe moderne Welt auch in Zeiten der Globalisierung recht reibungslos mit einem Kalender, der zum letzten Mal vor mehr als vier Jahrhunderten reformiert wurde und alles in allem beachtliche fünf Jahrtausende auf dem Buckel hat.
    Immerhin hat es seit der Einführung des gregorianischen Kalenders zwei ehrgeizige, wenn auch nur vorübergehend wirksame Kalenderreformen gegeben. Im 20. Jahrhundert war das der Kalender der noch jungen Sowjetunion. Russland hatte erst 1918 den Sprung vom julianischen zum gregorianischen Kalender vollzogen – für Lenin gehörte das erklärtermaßen zu einem »zivilisierten« Land dazu. Schon ein gutes Jahrzehnt später, 1929, sollte der Modernisierung auch ein moderner Kalender zur Seite gestellt werden. Im Zentrum stand, wie nicht anders zu erwarten, die Arbeit, die im Sinne einer gleichmäßigen Produktion und der ehrgeizigen Aufholjagd der Sowjetunion gegenüber dem modernen Westen nicht mehr von einem unproduktiven Wochenende unterbrochen werden sollte. Daneben war beabsichtigt, die Chronologie auf die Revolution abzustellen und mit dem Jahr 1917 neu einsetzen zu lassen, undes sollten die religiösen Feiertage aus dem Kalender restlos getilgt werden. Dieser neue Kalender war trotz des Kalküls der Produktivitätssteigerung vor allem ein Macht- und Propagandainstrument. Ganz und gar sollte die Zeitrechnung eine sowjetische werden, befreit von religiösen und bürgerlichen wie auch vermeintlich kapitalistischen Altlasten – programmatisch wurde das Projekt »roter Kalender« getauft. Statt der religiösen wurden sowjetische Feste eingeführt, und die insgesamt fünf arbeitsfreien Feiertage des Jahres dienten übers Jahr – und im Kalender mit rotem Sternchen versehen – als Füllsel, um einen Jahreszyklus von 360 Tagen (72 »Wochen« zu je vier Arbeitstagen und einem Ruhetag) mit dem Sonnenjahr in Einklang zu bringen. Von diesen staatlich sanktionierten Bummeltagen abgesehen sollten die sozialistischen Fabriken niemals stillstehen, sondern alle Werktätigen
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