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Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur

Titel: Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur
Autoren: Bastei Lübbe
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den Sonntag nicht mehr von den Wochentagen würde unterscheiden können. Um dies zu verhindern, erfand ich folgendes Auskunftsmittel: Ich schnitt mit meinem Messer auf eine große Tafel, die ich kreuzförmig an einen Pfahl befestigte, den ich da, wo ich gelandet war, in die Erde getrieben hatte, die Worte ein:
    Hier bin ich am 30. September 1659 gelandet.
    An den Seiten dieses viereckigen Pfahls machte ich täglich mit dem Messer einen Einschnitt, an jedem siebenten Tage einen doppelt so langen als an den übrigen und wiederum am ersten Tage jedes Monats eine doppelt so große Einkerbung, als diejenigen für die Sonntage waren. Auf diese Weise führte ich meinen Kalender, meine Wochen-, Monats- und Jahresrechnung.«
    Als der unfreiwillige Einsiedler Crusoe auf seiner Insel dann doch einen anderen Menschen ausfindig macht, tauft er ihn Freitag – nach dem Tag, an dem er ihn aus den Fängen von Kannibalen rettete, mithin nach einem Symbol der Zivilisation, die er so schmerzlich vermisst und die er dem Naturburschen unbedingt angedeihen lassen will.
    Ähnlich wissen wir aus vielen Beschreibungen von Gefangenen, dass diese fiktive Erzählung vielfältige Entsprechungen in der Realität hat, denn völlig auf sich zurückgeworfene Menschen suchen oft Halt mittels einer primitiven Zeitrechnung. Ein Beispiel dafür stammt aus der schillernden Lebensgeschichte des russischen KGB-Agenten Jurij Nosenko, der 1964 zum US-Geheimdienst CIA überlaufen wollte, aber zunächst für drei Jahre in strenge Isolationshaft genommen wurde, weil man seinen Angaben nicht traute. In einer permanent erleuchteten Zelle, bei schwachem Tee und fadem Porridge durfte Nosenko nicht einmal das Kleingedruckte auf seiner Zahnpastatube lesen, und auch einen primitiven, heimlich selbst angefertigten Kalender nahm man ihm weg. Er hatte ihn aus Fäden gebastelt, die er aus seiner Kleidung gezogen hatte, aber nicht einmal daran sollte er sich festhalten dürfen.

    Unsere moderne Form der Kalenderzählung und Zeitrechnung, ja sogar unsere allgemeine Zeitwahrnehmung betrachten wir zumindest für die gegenwärtige Epoche geradezu als universell. Was das Zeitgefühl betrifft, reicht aber schon der Urlaub auf einer Südseeinsel, der Einspänner in einem Wiener Kaffeehaus oder der Besuchbei Großmutter, um einen entschleunigten Umgang mit der Zeit zu erleben. Unterschiedliche Kulturen gehen verschieden mit Zeit um, auch wenn sie denselben Kalender verwenden, und innerhalb von Kulturen wiederum kann Zeit enorm verschieden wahrgenommen und praktiziert werden. Und dass es nicht nur »unseren« christlichen Kalender gibt, auch wenn er nahezu weltweiter Standard geworden ist, merken wir zumindest gelegentlich: wenn das chinesische Neujahrsfest erst Wochen nach Beginn des christlichen Kalenderjahres gefeiert wird beispielsweise oder wenn eine Marilyn-Monroe-Reliquie die Jahreszahl 5716 trägt, weil es sich um die Urkunde ihres Übertritts zum jüdischen Glauben handelt, oder vor einigen Jahren, als Fernsehsendungen und Zeitungsartikel zum Jahreswechsel 1999/2000 sich bemüßigt sahen, darauf hinzuweisen, dass beileibe nicht überall auf der Welt zu diesem Zeitpunkt der Übergang in ein neues Millennium begangen werde – das streng genommen ohnehin erst im Jahr 2001 begann.
Kalenderreformen – mal vorübergehend, mal vergeblich
    So groß – und bisweilen erdrückend – die Präsenz und die weltweite Dominanz unseres westlichen, des nach seinem letzten Reformator benannten gregorianischen Kalenders für uns auch sind, hat es seit seiner Einführung Ende des 16. Jahrhunderts dennoch immer wieder Bestrebungen gegeben, ihn abzuschaffen und durch einen anderen, vorgeblich besseren Kalender zu ersetzen. Zuletzt wurden vor allem rationale Gründe dafür geltend gemacht: Weil weder ein Monat noch das Jahr als Ganzes aus einer geraden Anzahl an Wochen bestehen, ergeben sich in unserer hochgradig ökonomisierten und computerisierten Globalgesellschaft ärgerliche Folgen: Die Monatsanfänge gehen nicht notwendigerweise mit einer gleichzeitig beginnenden Woche zusammen, und der1. Januar kann auf jeden Wochentag fallen. Wäre das Kalendersystem mathematisch geordneter, könnten Bilanzen und Fahrpläne leichter erstellt werden, außerdem fiele ein bestimmtes Datum alljährlich auf den gleichen Wochentag – und niemand müsste mehr angestrengt überlegen, wie viele Tage ein bestimmter Monat eigentlich hat. Und schließlich darf man für das gern beschworene Ideal einer
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